Hockenheim. Auf Weisung der Erzdiözese Freiburg soll aus den katholischen Seelsorgeeinheiten Brühl-Ketsch, Schwetzingen und Hockenheim bis 2026 eine neue Kirchengemeinde entstehen. Diese großangelegte Umstrukturierung sorgt bei allen Beteiligten für reichlich Diskussions- und Arbeitsstoff. Um die Kirchenmitglieder aktiv in die geplante Neugestaltung einzubeziehen, luden die Gemeinden zum lebendigen Austausch ins Hockenheimer Sankt-Christophorus-Zentrum ein.
Bei angenehmer Atmosphäre war hier Zeit und Raum, gemeinsam Ideen und Wünsche, die die neue Kirchenentwicklung betreffen, auszudiskutieren. Insbesondere die Fragen nach einem Namen und Verwaltungssitz der neuen Gemeinde konnten an zahlreichen Infoständen und interaktiven Stationen gestellt und besprochen werden.
Ideenvielfalt macht Mut
Angesichts der Ideenvielfalt innerhalb der Kirchengemeinde zeigte sich die Öffentlichkeitsarbeiterin des Dekanats Wiesloch, Stefanie Joosten, im Hinblick auf eine gemeinsame Zukunft durchaus optimistisch: „Wir haben durch die Vereinigung der Kirchengemeinden die Chance, auch alternative Gottesdienstformen zu etablieren. Gerade junge Menschen können wir so besser ansprechen. Besonders durch einen entsprechenden Social-Media-Auftritt und vermehrte Online-Präsenz können wir das schaffen.“
Des Weiteren ist auch die Erhaltung der Bandbreite der kirchlichen und geistlich-kulturellen Arbeit auf lokaler Ebene ein großes Thema. „Gerade hier sehe ich großes Potenzial. Jede Seelsorgeeinheit hat ihre speziellen Schwerpunkte und kann diese bei einer Zusammenlegung der Gemeinden besser einbringen“, meint Joost. Dass die kommenden Jahre auch große Herausforderungen bergen, sei jedoch ebenfalls offensichtlich. „Drei Jahre sind für ein solches Vorhaben natürlich extrem sportlich. Anstrengend wird die Zeit auf jeden Fall, aber ich bin sicher, dass sich die einzelnen Gemeinden im neuen Gefüge noch besser einbringen können als zuvor“, meint Stefanie Simons aus dem Vorstand des Hockenheimer Pfarrgemeinderates.
Der Reilinger Bürgermeister Stefan Weisbrod weist zudem auf eine weitere Dimension der Umstrukturierung hin: „Da sich in Reilingen neben der katholischen Kirche auch die evangelische im starken Umbruch befindet, erkenne ich auch große politische Herausforderungen, die auf uns zukommen. Wir sind in Reilingen zudem stark auf katholisch getragene Kulturarbeit sowie Kindergärten angewiesen, diese müssen in jedem Fall erhalten bleiben.“
Erste wichtige Schritte in Richtung Zukunft wurden bereits gegangen. So konnte an einer Station ein Name für die neue Kirchengemeinde vorgeschlagen werden. Die populärsten Ideen waren: „Kurpfalz“, „Kurpfälzer Rheinbogen“ und „Sankt Christophorus“. An einer anderen Station war es den Besuchern beispielsweise möglich, Wünsche und Anregungen für neue thematische Arbeitsgruppen anzubringen.
Bei einer anschließenden Gesprächsrunde, die vom Chefredakteur der Hockenheimer Tageszeitung Jürgen Gruler moderiert wurde, unterhielten sich Dekan Uwe Lüttinger, der Landtagsabgeordnete Andreas Sturm (CDU), die evangelische Dekanin Annemarie Steinebrunner und Dekanatsreferent Raphael Brantzen über kommende Herausforderungen. Dabei wurden die folgenden, elementaren Fragestellungen besprochen: Wie kann Kirche nach wie vor im Ort erlebbar sein? Wie können neue Formate im Gottesdienst funktionieren? Wie kann mehr ökumenische Arbeit realisiert werden?
Dekan Uwe Lüttinger hob zunächst hervor, wie wichtig eine funktionierende Symbiose zwischen Kirche und Gemeinde ist: „Es gilt weiterhin aktiv auf die Nöte und Sorgen der Menschen zu schauen.“ Dafür seien Hilfsprojekte wie Nachbarschaftshilfen oder die Zusammenarbeit mit der Caritas unverzichtbar. Diese Arbeit wird jedoch aufgrund der steigenden Zahl an Kirchenaustritten immer schwerer. Es mangelt den Kirchen an freiwilligen und ehrenamtlichen Helfern.
Neue Formate schaffen
Deshalb müssen neue, attraktive Formate geschaffen werden, wie die evangelische Dekanin Annemarie Steinbrunner anmerkt: „Bei uns reduzieren sich Gebäude und Personal. Wir müssen uns in Zukunft daher anders aufstellen. Wir müssen in unseren Gemeinden noch genauer hinschauen: Wo sind die Probleme? Was kann man besser machen?“ Mehr ökumenische Kirchenarbeit könnte ein lohnenswertes Ziel werden.
Besonders gemeinsame Jugendarbeit ist dafür ein vieldiskutierter Ansatz. Jedoch sollte laut Andreas Sturm (CDU) dadurch keine komplette Angleichung der Konfessionen stattfinden: „Ich bin dagegen, dass wir nun sagen: Wir brauchen eine Kirche für alle! Unterschiedliche Menschen haben, auch bei der Religionsausübung, unterschiedliche Bedürfnisse und das muss berücksichtigt werden.“
Ein neuer Entwicklungsschritt könnte zudem der Ausbau von digitaler Präsenz sein. Uwe Lüttinger erinnert sich dabei an die Coronazeit: „Während der Pandemie habe ich begonnen Videos bei Facebook, Instagram und Co. zu posten. Auch Gottesdienste haben wir in einem Livestream übertragen. Dieser digitale Auftritt kann durchaus Brücken zum analogen Kirchenerlebnis bauen.“
Raphael Brantzen ist ebenfalls in Aufbruchsstimmung: „Wir müssen endlich mehr ausprobieren und nicht in lange Konzeptionsverfahren gehen“. Dekan Lüttinger erntete mit einem entschlossenen Plädoyer gegen Ende des Gesprächs Applaus: „Wir müssen neue Wege gehen und kreative Alternativen zu Messe oder Liturgie finden. Wir haben dabei oft die Sorge: Ist das theologisch sauber und korrekt? Diese Bedenken sind falsch, denn der Geist Gottes wirkt in so viel mehr, als wir uns vorstellen können.“
Mit dem Tag der Begegnung wurde ein wichtiger Grundstein für die Kirchenentwicklung der kommenden drei Jahre gelegt. Dass die Gemeinden so eng in die Umstrukturierung miteinbezogen werden, ist elementar für das Gelingen des Projektes. Denn nur so kann künftig ein nachhaltiger Zusammenhalt entstehen.
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