Ketsch. Wenn das eigene Wohnzimmer zu klein ist, um viele Gäste zu empfangen, nimmt man in Ketsch das Central Kino, sorgt dort für Wohnzimmer-Atmosphäre mit Familie, Freunden, Gästen, Musik satt und unplugged. Die beiden Ketscher Anna und Matthias Wurm, bekannt als „Notes from the Living Room“, hatten eingeladen zum Zuhören, Mitsingen und zu einer zweistündigen Auszeit vom Alltag.
Eingekuschelt in die roten Kinositze erlebten Bekannte und auch Newcomer exzellent interpretierte Coversongs mit Wohlfühlcharakter, aber auch kritische, sich mit dem Leben, mit den Eindrücken aus Nachrichten und deren Wirkung befassende eigene Lieder. Immer im Fokus die kraftvolle, melancholische, dabei motivierende und mitnehmende Stimme der ausgebildeten Sängerin und Lehrerin Anna, begleitet von der perfekten Gitarrenführung von Matthias, der die Instrumente wechselte, ihnen Stimmungen entlockte, deren Spektrum von untermalend, fordernd und nicht zuletzt als Solo mehr als überzeugte – der Applaus der begeisterten Besucher unterstrich diesen Eindruck und trug die beiden Vollblutmusiker zu weiteren Kostproben ihres Könnens.
"Notes from the Living Room" mit seltenem Auftritt in Ketsch
Anna Wurm erzählte, dass sie just am Vormittag von einem Ausflug mit Schülern zurückgekommen sei, auf der Bühne wurde danach für sie die angenehme Spannung des Auftritts dann auch zeitgleich Entspannung, wie das bei Dingen, die man gerne tut, eben ist. Dieses Gefühl transportieren die zwei, deren öffentliche Auftritte im Jahreskalender eher rar sind, sehr gut: „Hauptsächlich werden wir privat gebucht“, erklärte „Matze“, dass etwa 25 Auftritte im Jahr drin sind. Umso mehr hat es Ketsch, das Kino und alle Freunde gefreut, dass das aktuelle Konzert angeboten wurde.
Mit einem munteren Mix aus Liveperformance und Videos – derer gibt es einige vom rührigen Duo – nahmen die Ketscher mit auf eine Reise durch ihr Leben, Erlebtes, das am Freitag mit „Road Song“ startete, gleich auf die Reise durch Städte, Wüsten und an Küsten mitnahm – einfach schön. Ein wenig plauderte „Matze“ zwischen den Liedern, begrüßte Freunde, aber auch alle, die zum ersten Mal dabei waren, stimmte die Gitarre, bevor seine Finger zum Lauf ansetzten, den Saiten Töne und Klänge entrissen, die in Ohr und Herz drangen.
Musik von Ketscher Musiker-Duo von Familie inspiriert
Erstaunlich ist, was entstehen kann, wenn man Notizen aus dem Wohnzimmer, also, was im Familienkreis und mit Blick darüber hinaus erlebt wird, in treffenden Worten formuliert, mit Melodien unterlegt zu Ohrwürmern macht. Etwa der Song „Skyrocket“, zu dem der Impuls von Tochter Amelie gesetzt wurde, die eine Rakete gebastelt hatte. Mit der abheben, gelingt beim Zuhören wohl ebenso wie der Familie selbst, die beachtliche Erfolge auf Streamingdiensten zu verzeichnen hat. Mal ganz pur – ohne Band, aber mit Unterstützung von Sohn Gabriel am Cajon, zwei seiner Schulfreunde an Perkussionsinstrumenten und final Andreas Rößler, der Anna beim Klassiker „More than Words“ von Extreme (1990) harmonisch unterstützte, erreichte das Duo seine Zuhörer voll und ganz.
Auch mit zwei eher düsteren Videos, die einmal einen Jugendlichen beim Zappen im TV zeigen, der Zerstörung, Müllberge, Katastrophen, Kriege, Flüchtende sieht und sich vom Leben einfach wegdreht, sich ausklinkt aus einer Welt der Zerstörung. Eine Emotion, die sicher sehr viele Menschen teilen. Ein anderer Aspekt unserer Zeit ist die Einsamkeit, vor allem im Alter. Eindrucksvoll dargestellt anhand zweier Senioren, die in ihrer Vergangenheit leben, schwarz-weiße Fotos anschauen, verloren und leer im Alltag existieren. Das macht nachdenklich.
„Matze“ Wurm sagte: „Und weil wir heute im Kino sind, gibt es Filmmusik von uns.“ Ein Raunen ging durch die Reihen, gefeiert wurden unter anderem die einschlägig bekannten Lieder aus dem Tarantino-Kultfilm „Kill Bill“ von „Bang Bang“ bis „Don’t let me be misunderstood.“ Und da war noch die Sache mit dem Kazoo, das wie ein roter Faden in der überwiegenden Zahl der Lieder eine stimmgebende Rolle spielte. Interessant. Ein leichtes „Yeah“ aus dem Publikum markierte die ersten Takte zu „I will survive“ von Gloria Gaynor und auch „We were enough“, die Ode an die Zweisamkeit aus eigener Feder von Anna und Matze, die einmal mehr unter Beweis stellten, dass akustische Musik eine sehr reizvolle Unterhaltung sein kann, wenn sie gut gemacht ist und die Protagonisten es schaffen Emotionen zu transportieren. Daumen hoch und Vorfreude auf ein Wiedersehen und -hören bei der Kunstpromenade in Schwetzingen am 29. November, wo die beiden beim Optiker spielen werden.
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