Ketsch. Gerhard Schröder geht in sein drittes Jahr als Bundeskanzler, Xavier Naidoo und Sabrina Setlur erobern die deutschen Charts und holen zahlreiche Musikauszeichnungen und die befürchtete Apokalypse zum Jahrtausendwechsel ist ausgeblieben - das Jahr 2000 ist nun schon seit einem Vierteljahrhundert Geschichte. Bei einem Blick in die Enderlegemeinde zum Start der „Nuller-Jahre“ wird klar: Schon damals bildete die Rheinhalle einen zentralen kulturellen Punkt in Ketsch.
Den Beweis liefert ein Blick in die Vergangenheit: Vor 25 Jahren, in der zweiten Woche des neuen Jahrtausends, war die Rheinhalle an einem Abend fast bis auf den letzten Platz besetzt und die Ketscher durften sich über die Zoten von Oberparodist Andreas Müller und seinen Kollegen der „SWR-Gagtory“ freuen.
„Verleihung der goldenen Wildwurst“ in der Rheinhalle
Nachdem das Comedy-Tour-Format damals zwar schon 1997 offiziell eingestellt wurde, reisten die Protagonisten weiter durch das Land und machten mit ihrem Programm „Verleihung der goldenen Wildwurst“ in der Enderlegemeinde Halt.
Auch unsere Zeitung berichtete in ihrer Ausgabe vom Mittwoch, 12. Januar 2000 über die Lachsalven der Comedy-Truppe, deren Inhalte in der heutigen Zeit wohl als sehr grenzwertig einzustufen sind So wurden „Diktatoren wie Stalin, Hitler oder Saddam Hussein“ auf „die Leinwand auf der Bühne als große Unterhaltungskünstler“ projiziert und der anatolische Taxifahrer „Ützwurst“ begab sich mit den Worten „Und wir jetzt fahre Memphis“ auf die Suche nach Elvis Pressley - typische Parodiethemen dieser Zeit, die heute eher einen „Shitstorm“ auslösen würden.
Doch der Spaß für das Publikum kam dennoch nicht zu kurz: „Zielsicher platzierte Pointen trafen das Zwerchfell der Zuschauer, jede noch so dämliche Zote kam an“ heißt es im SZ-Artikel „Zotiger Querschnitt einer ziemlich verderbten Gesellschaft“.
Die Comedy-Truppe ließ damals nichts aus: So interviewte Alfred Biolek den Kriegsverbrecher Slobodan Milosevic und nervte diesen mit seinen Fragen und Ösi-Gouvernator Arnold Schwarzenegger riss die Veranstaltung in einer „One-Man-Show“ mit den Worten „Jo, subbä, Böbbies“ an sich.
Gelobt wurde auch die stilvolle Bühnenaufmachung: Eine große, hell illuminierte Freitreppe erinnerte an „längst vergessen geglaubte Fernsehzeiten“ - mit Verweis auf die Sendung „Musik ist Trumpf“ und dem „in traumwandlerischer Sicherheit schwankenden Harald Juhnke“.
„SWR-Gagtory“ in Ketsch: Parodien von Kohl, Schröder und Trittin
Dass die Rheinhalle fast komplett ausverkauft war, lag womöglich auch daran, dass die Touren von „SWR-Gagtory“ bereits in den 1990er-Jahren äußerst beliebt waren - bis 1997 beispielsweise mit der noch heute bekannten TV-Protagonistin Anke Engelke. Etwas kritischere Worte erhielt „Gagtory“-Darsteller Andreas Müller, denn dieser schien an diesem Abend mit seiner „überdominanten Bühnenpräsenz die anderen Mitspieler ungewollt zu erdrücken“.
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Weiterhin wurden auch Politiker wie Helmut Kohl, Kanzler Gerhard Schröder oder der damalige Umweltminister Jürgen Trittin gekonnt parodiert und „durch den Kakao“ gezogen. Einzig die durchwachsene Klangqualität in der Rheinhalle schien an diesem Abend voller Zoten und Bissigkeit nicht für Lacher zu sorgen und erhielt das Zeugnis „nicht zufriedenstellend“. Ob sich die Audiokulisse in der Rheinhalle seit diesem Vierteljahrhundert tatsächlich positiv verändert hat? Das sollte dann doch jeder für sich entscheiden, am besten schon an diesem Sonntag, 12. Januar, ab 11 Uhr beim Neujahrsempfang.
Dieser wurde von der Gemeinde übrigens vor 25 Jahren auch schon abgehalten: Damals ebenfalls in der Rheinhalle und mit Bürgermeister Hans Wirnshofer, der die Ketscher nicht nur im neuen Jahrtausend, sondern auch im Jubiläumsjahr zum 850-jährigen Bestehen der Enderlegemeinde begrüßte.
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