Ketsch. In der Veranstaltungsreihe „Heute Abend bei Michelfelders“ stand Kurfürst Carl Theodor am Vorabend seines 225. Todestages im Mittelpunkt eines historischen Rückblicks „von der Bahre bis zur Wiege“. Gastgeberin Gabriele Hönig begrüßte dazu bei Buch und Manufakturwaren in der Hockenheimer Straße den Kunsthistoriker Wolfgang Schröck-Schmidt. Der mit Bildern unterlegte etwas andere Vortrag begann mit dem Tod Carl Theodors 1799 und endete mit seiner Geburt 1724. Über 50 Jahre lenkte der Herrscher die Geschicke der Pfalz, davon allein über 20 Jahre von Bayern aus.
Die Skulptur „Glücksschwein von Schwetzingen“ auf dem südlichen Schlossplatz von Schwetzingen zeigt Carl Theodor und seine Mätresse freizügig bekleidet auf einem stattlichen Schwein reitend. Schröck-Schmidt ist mit der Darstellung Carl Theodors durch Bildhauer Peter Lenk nicht gerade glücklich. Ein Gemälde, das heute im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg hängt, zeigt ihn stattdessen in kurfürstlichem Ornat mit der Collane des Hubertusordens und dem Marschallstab.
Der Förderer der Kunst und Wissenschaft verstribt 1799 in München
Als der Förderer der Kunst und der Wissenschaft am 16. Februar 1799 in seiner Münchner Residenz stirbt, bleibt er in Mannheim und in Schwetzingen in bester Erinnerung, bei den Bayern ist er dagegen nie beliebt. Bereits 1794 stirbt Kurfürstin Elisabeth Auguste an der Ruhr und Carl Theodor heiratet einige Monate später Maria Leopoldine von Österreich-Este. Doch die 18-jährige Kurfürstin verweigert sich ihrem mehr als 50 Jahre älteren Mann.
Carl Theodor ist in einem einfachen Sarg in der Gruft der Theatinerkirche in München bestattet, sein Herz befindet sich nach Wittelsbacher Tradition in der Gnadenkapelle von Altötting. Das schlechte Verhältnis des Kurfürsten zu seinen Untertanen zeigt sich lange im schief stehenden Sarg des Kurfürsten in der Münchner Gruft. Elisabeth Augusta dagegen liegt in einem prunkvollen Sarg in der Jesuitenkirche St. Michael.In Bayern wird Carl Theodor wegen seiner Tauschpläne nahezu gehasst. Der österreichische Kaiser macht ihm das Angebot, Bayern gegen die österreichischen Niederlande, das heutige Belgien und Luxemburg, einzutauschen. Schröck-Schmidt schilderte den Kurfürsten als an Natur und Astronomie interessiert. Er lässt eine Sternenwarte bauen und holt Christian Mayer als Hofastronom. Er spricht fünf Sprachen, ist interessiert und gebildet, stärkt Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft. Er fördert das Theater und die Musik, mit der „Mannheimer Schule“ entsteht eine der berühmtesten Hofkapellen seiner Zeit.
Ein Exkurs führte in den Schlossgarten der Sommerresidenz in Schwetzingen. Zum Tempel der Waldbotanik, zum Minerva-Tempel, zum Badhaus und zur Moschee. Die Orangerie ist als frühes Versuchsgut eingerichtet, in dem Pflanzungen ausprobiert werden. Das Lebensgefühl der Romantik wird in den 1780er Jahren im Englischen Landschaftsgarten thematisiert. Im Nationaltheater in Mannheim wird am 13. Januar 1782 „Die Räuber“ von Friedrich Schiller uraufgeführt. 1777 weilt Gotthold Ephraim Lessing in Mannheim. Er soll die Leitung der Universität Heidelberg übernehmen, wird aber abgelehnt, weil er Protestant ist. Ende 1777 stirbt der bayerische Kurfürst Maximilian III. Joseph an den Pocken. Carl Theodor erfährt es in der Silvesterandacht in der Mannheimer Schlosskirche. Im Schwetzinger Rokokotheater soll er gesagt haben: „Die schönen Tage sind nun vorbei.“ Noch in der Nacht fährt er mit der Kutsche nach München, um das bayerische Erbe anzutreten. Der Hof wird verlegt.
Intrigen und Machtspiele wie bei Game of Thrones in Schwetzingen
Carl Theodor kommt nie wieder nach Mannheim und Schwetzingen zurück. Es ist vorbei mit den Jagden in der Kurpfälzer Hardt. 1776 schafft er per Edikt die Folter in der Kurpfalz ab. Er hat sechs uneheliche Nachkommen, vier Kinder stammen aus der Verbindung mit Maria Josepha Seyffert, der späteren Gräfin von Heydeck, seiner großen Liebe. Es gibt Intrigen und Machtspiele am Hof. 1772 ist die Grundsteinlegung für die Mannheimer Sternwarte.
Schröck-Schmidt berichtete dem gespannt lauschenden Publikum von einem bis heute unaufgeklärten Doppelmord. Im Juni 1764, am helllichten Tag, greift Leibarzt Franz Bechtler den Kammerdiener von Kurfürst Carl Theodor an. Mit einem Messer ersticht er Dominik Pierron, anschließend richtet er den Dolch gegen sich selbst und begeht Selbstmord.
Wenn die Zirkelsäle im Schwetzinger Schloss zur "Partymeile" werden
In der Sommerresidenz gibt es aber auch zuhauf Vergnügungen. Feste werden in Schwetzingen gefeiert, wie sie fallen. Nahezu jeden Abend werden die Zirkelsäle in den 1750er Jahren zur „Partymeile“, meinte der Referent. Von Mai bis Oktober ist ständiger Festspielbetrieb. Schröck-Schmidt zitierte aus der Mannheimer Zeitung vom „Schluß unserer Carnevalslustbarkeiten“. In der Quadratestadt wird eine staatliche Seiden- und Brokatmanufaktur durch Carl Theodor begründet. 1764 sorgt der Kurfürst für den Ausbau der Landstraßen nach Frankenthal, Germersheim, Alzey, Mannheim und Heidelberg.
Am 6. Juni 1761 beobachtet er den Durchgang der Venus vor der Sonne, wahrscheinlich vom nördlichen Zirkelsaal aus. Im Juni 1758 schreibt Carl Theodor an Voltaire. Er erwarte ihn „mit der größten Ungeduld“. Im Mai 1753 stimmt der Kurfürst dem Gartenplan des Hofgärtners Johann Ludwig Petri zu. 1752 wird in Schwetzingen das Rokokotheater eröffnet. 1750 wächst in Heidelberg der Jesuitenkirchenbau mit der von Rabaliatti geplanten Fassade. Die Jesuitenkirche in Mannheim wird 1748 erstellt. Carl Theodor wird 1742 mit seiner Cousine Elisabeth Auguste vermählt und an Silvester im gleichen Jahr im Alter von nur 18 Jahren Kurfürst. Mit zehn Jahren kommt er zu seinem Onkel Kurfürst Carl Philipp zur Erziehung durch Jesuiten nach Mannheim, führte Schröck-Schmidt in seinem Vortrag zur Wiege des Kurfürsten zurück: Carl Theodor wird am 11. Dezember 1724 als Pfalzgraf von Sulzbach und Marquis von Bergen op Zoom im Schloss seiner Urgroßmutter in Drogenbosch bei Brüssel geboren. Kurfürst Carl Theodor ist für den Kunsthistoriker Wolfgang Schröck-Schmidt „ein Herrscher, der den Zeitgeist des 18. Jahrhunderts prägte und damit in vielem die Basis für unseren heutigen regionalen Erfolg schuf“.
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