Schwetzingen / Mannheim / München. Carl Theodor kam am 10. Dezember 1724 in Schloss Drogenbusch bei Brüssel als Pfalzgraf von Sulzbach und Marquis von Bergen op Zoom auf die Welt. Er wurde 1733 mit seiner Cousine Elisabeth Auguste verlobt und rückte nach dem Tod des Vaters, Herzog Johann Christian von Pfalz-Sulzbach, im gleichen Jahr zum Erben der Kurpfalz auf.
Der regierende Kurfürst Carl Philipp ließ Carl Theodor im Jahr 1734 nach Mannheim bringen, wo er eine sorgfältige Erziehung durch Privatlehrer erhielt. Nach dem Tod des alten Kurfürsten Carl Philipp in der Silvesternacht 1742 gegen 20 Uhr abends wurde Carl Theodor zum Kurfürsten von der Pfalz. Die Silvesternacht war sowieso eine Schicksalsnacht für Carl Theodor. An Silvester 1777 saß der kurpfälzische Hof im Jahresabschlussgottesdienst in der Mannheimer Hofkirche, als die Nachricht von einem berittenen Boten überbracht wurde, dass am 30. Dezember der bayerische Kurfürst Maximilian III. Joseph an den Pocken verstarb. Carl Theodor verließ sofort den Gottesdienst und soll zu seinem Vertrauten und Kinderfreund Graf Vieregg gesagt haben „nun sind meine guten Tage vorüber“.
Carl Theodor und sein Leben zwischen Kurpfalz und Bayern: Tausch mit Österreich im Blick
Durch alte Wittelsbacher Familienverträge gebunden, musste er nach einem letzten Sommeraufenthalt in Schwetzingen 1778 die Residenz der Vereinigten pfalz-bayerischen Lande nach München verlegen. In der Kurpfalz wegen seiner Freizügigkeit sehr beliebt, wurde er in Bayern wegen seiner Tauschpläne nahezu gehasst. Der Kaiser in Wien machte Carl Theodor nämlich ein verlockendes Angebot, Bayern gegen die österreichischen Niederlande, das heutige Belgien und Luxemburg einzutauschen.
Zudem versprach man, ihn zusammen mit seinen Besitzungen in Jülich und Berg und dem Marquisat Bergen op Zoom aus seinem mütterlichen Erbe noch zum König von Burgund zu erheben. Dies schmeichelte dem pfalz-bayerischen Kurfürsten natürlich sehr, da er ja seine unbeschwerte Kindheit in Brüssel bei seiner geliebten Urgroßmutter verbracht hatte. Aus den Tauschplänen wurde nichts, auch wenn sowas nach den Wittelsbacher Hausverträgen durchaus gestattet gewesen wäre.
Nach dem Tod seiner ungeliebten Ehefrau und Cousine Elisabeth Auguste am 17. August 1794, die getrennt von ihm in der Kurpfalz lebte, hatte Carl Theodor schon einen Monat später Verhandlungen über eine Wiedervermählung aufgenommen. Die Wahl fiel auf Marie Leopoldine von Habsburg-Modena, einer Enkeltochter von Kaiserin Maria Theresia. Als Carl Theodor im Februar 1795 zur Hochzeit in Innsbruck aufbrach, gab er dem Hof ein Rätsel auf: „Ich hab‘s hinten, meine Frau hat‘s vorne.“ Keiner wusste die einfache Lösung. Es war die eins: Carl Theodor war 71 und seine Braut erst 19 Jahre alt. Die Ehe des alternden Kurfürsten verlief sehr unglücklich für beide Parteien und Marie Leopoldine rächte sich fürchterlich an den Personen, die sie für ihr Unglück verantwortlich machte.
Rache an den Gesandten – Chronist aus München berichtet über Carl Theodor
So berichtet der Chronist aus München: „Die neue und zudem blutjunge Kurfürstin hat jetzt eine neue Art erfunden, sich lustig zu machen. Sie lässt Katzen, Mäuse, Fledermäuse und Ratten kochen und an die Tafel setzen, um die Gäste damit zum Besten zu haben. Der kaiserliche Gesandte, Graf Seilern, aß ein Stück von einer Katz und wusste sie zu verdauen, nachdem man es ihm entdeckt hatte. Der mainzische Domherr von Hofeneck aber bekam über einer Fledermaus ein so heftiges Erbrechen, dass man für sein Leben besorgt war. Er reiste aber nach seiner Herstellung augenblicklich von München ab. der Kurfürst sieht stillschweigend zu.“
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Carl Theodor ist diese Ehe auch nur aus dynastischen Gründen eingegangen. Er wollte unbedingt einen Sohn von Marie Leopoldine, um die ungeliebte Verwandtschaft von Elisabeth Auguste auszuschalten. Der österreichische Botschafter Graf Seilern, dem beim Essen so übel mitgespielt wurde, berichtete nach Wien: „Es geht im Ehebett nicht ganz gut.“ Der präsumtive Erbe des kinderlosen Carl Theodors war somit der Neffe seiner ersten Frau: Maximilian Josef aus dem Hause Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld-Bischweiler-Rappoltstein. Dieser verständigte sich bei seinem Antrittsbesuch mit der neuen Tante und konnte sie für seine Pläne gewinnen. Dabei ging es darum, den Wittelsbachern Bayern zu erhalten und es nicht an Österreich abzutreten.
Das Leben des Carl Theodor: Politische Unsicherheit und das Ende einer Ära
Marie Leopoldine und Max Josef scheinen sich sogar ausgesprochen gut verstanden haben, denn König Ludwig von Bayern vermerkte in seinem Tagebuch, dass sein Vater Max Josef „die verwitwete Kurfürstin beschlafen habe.“ Mit Sorge sah man in Europa dem Ableben Carl Theodors entgegen, ob sich Österreich nicht doch noch Bayern einverleibe? Selbst der französische Außenminister Talleyrand schrieb an seinen Gesandten in München: „Vor 12 Jahren sagte man in Europa, es gäbe jetzt keinen Krieg mehr auf dem Kontinent bis zum Tode des Kurfürsten von Bayern – dieser Tod eröffnet die Tür für ganz neue Kombinationen.“
In dieser kritischen außenpolitischen Situation wurde Carl Theodor am 12. Februar 1799 gegen 21 Uhr vom Schlag getroffen. Es spielte gerade Karten mit seinem Generaladjutanten Freiherr von Hertling und dem Oberjägermeister Reichsgraf von Waldkirch, als er bewusstlos zusammenbrach. Seine rechte Seite war gelähmt und auch ein viermaliger Aderlass brachte keine Besserung mehr.
Die letzten Tage des Carl Theodor: Ein Zeitgenosse berichtet
Der Zeitgenosse Lorenz Westenrieder berichtet von den letzten Lebenstagen Carl Theodors: „Den 16. Hornung, welches ein Samstag war, wurde Vormittag der Churfürst für merklich besser ausgegeben, aber um halb zwei Uhr befiel ihn ein wiederholter Schlag und er geriet in die sogenannten letzten Züge. Die Thore wurden sogleich wieder geschlossen. Die Ordonnanzen eilten durch die Gassen und alle Einwohner kamen in Bewegung. Alle Fenster wurden geöffnet – und es war eine allgemeine laute Frage, ob es bald vorüber seyn würde.
Ich ging nach Hof und erwartete den Ausgang im Herkulessaal, durch welchen bereits alle Minister, Generäle, Geheime Räthe nach den inneren Zimmern eilten … Trat jemand aus den inneren Zimmern, so wurde er sogleich umrungen und mit Fragen bestürmt. Es war ein seltsames und grässliches Schauspiel. Im Residenzhof standen die Pferde der bayerischen Kourirs gesattelt und vor dem Thor der Residenz saßen viele Ordonnanzen zu Pferd. Die Spannung, Unruhe und Erwartung machte jedem die Zeit länger, als sie war … Endlich ein Viertel und sechs Minuten nach drey Uhr verschied Carl Theodor. Sogleich öffneten sich die großen Flügeltüren, und die Kourirs und mit ihnen eine Menge anderer Leute stürzten im vollen Lauf heraus. Niemand sprach etwas, aber man sah was es war … Man läutete bei den Theatinern und die ganze Stadt fing endlich an, frei zu atmen.
Denn jedermann beklagte sich diese Tage, dass man vor innerer Unruhe und vor Furcht und Kummer, dass es wieder besser gehen könnte, nicht essen, nicht schlafen und nichts denken könne. Beim Hintritt Max Joseph, den 30. Dezember 1777, zerfloss die ganze Stadt und die Nation in Tränen. Heute frohlockte alles und jeder wünschte dem anderen Glück.“
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