Ketsch. Ungewohnt trubelig geht es derzeit auf dem Gelände des großen Logistikzentrums im Gewerbegebiet Süd zu: Handwerker montieren Hochregale und Förderbänder, Techniker lernen komplexe Logistiksysteme samt selbstfahrender Roboter ein und Mitarbeiter in gelben Warnwesten optimieren die umfangreiche Haustechnik. Die LGI Logistics Group International aus Herrenberg bei Stuttgart hat die rund 35 000 Quadratmeter große Halle in der Vorpommernstraße inzwischen komplett übernommen, nachdem Mercedes-Benz als Zwischenmieter ausgezogen ist.
Für zehn Jahre hatte LGI das hochmoderne Logistikzentrum – das ursprünglich von der ehemaligen 21sportsgroup initiiert worden war – Anfang vergangenen Jahres angemietet (wir berichteten mehrfach). Der weltweit tätige Spezialist für sogenannte Kontraktlogistik will dabei seinen neuen Standort in Ketsch langfristig ausbauen und nach eigenen Angaben zu einem „Zentrum für serviceorientierte und wertschöpfende Logistiklösungen“ in der Rhein-Neckar-Region etablieren – und bislang scheint das Projekt sogar noch besser zu laufen, als von der Verantwortlichen erwartet.
„Wir fühlen uns willkommen“
„Wir sind sehr zufrieden mit unserer Entscheidung, nach Ketsch zu kommen: Die zentrale Lage in der Region ist optimal für unsere hochwertigen Bereiche Medizintechnik und Elektronik“, so Martina Weihing, verantwortlich für den Geschäftsbereich „Electronics & Health Care“ bei LGI, bei einem Vor-Ort-Termin mit unserer Zeitung. „Auch die Zusammenarbeit mit der Gemeinde sowie mit den örtlichen Handwerkern und Betrieben könnte nicht besser sein. Wir fühlen uns hier sehr willkommen und freuen uns, den Standort langfristig und nachhaltig entwickeln zu können.“
Der eigentliche Betrieb soll bis Ende März, Anfang April hochgefahren werden. Rund 250 Mitarbeiter werden dann in der Enderlegemeinde tätig sein. Ein Teil der Belegschaft wird aus dem LGI-Standort in Waghäusel kommen, der Rest sind komplett neue Arbeitsplätze. „Diese Aufteilung hängt damit zusammen, dass wir in Ketsch unter anderem für unseren langjährigen und strategischen Großkunden Agilent Technologies tätig sein werden, den wir bislang in Waghäusel betreut haben“, erklärt Martina Weihing die organisatorischen Zusammenhänge.
„Ein Fundament an Mitarbeitern mit dem notwendigen spezifischen Wissen aus Waghäusel wird künftig in Ketsch für diesen Kunden tätig sein. Mit dem neuen Standort schaffen wir gemeinsam die Voraussetzungen für Wachstum und hervorragende Möglichkeiten, den Marktführer logistisch zu begleiten und die Dienstleistung technologisch und qualitativ auf ein ganz neues Niveau zu heben“, so Weihing.
Gleichzeitig suche LGI für Ketsch noch Mitarbeiter – und zwar in den unterschiedlichsten Bereichen. „Unser Kunde Agilent Technologies ist ein gutes Beispiel, welche Bandbreite unser hochspezialisiertes Logistikgeschäft bietet: Das US-amerikanische Unternehmen entwickelt ganz spezielle analytische Messgeräte. Ein Beispiel aus der Praxis sind Geräte, mit denen die Wasserqualität an Flüssen wie dem Rhein gemessen wird. Diese Produkte sowie die für ihre Anwendung benötigten Verbrauchsmaterialien und Ersatzteile werden künftig bei uns unter den besonderen Anforderungen des Medizinsektors gelagert, transportiert und repariert. Entsprechend errichten wir in unserer Halle gerade spezielle Räume wie zum Beispiel einen Kühlbereich, in dem wir Waren bis minus 80 Grad lagern können“, sagt Maximilian Diefenthäler, der den Ketscher Standort leitet. Doch das weitläufige Logistikzentrum wird kein reines Lager sein, sondern ein zentraler Servicestandort von LGI. So sollen hier auch Gerätetests, Wartungen und Reparaturen unter speziellen räumlichen Bedingungen stattfinden. Im großen, würfelförmigen Büroanbau auf der Rückseite der Halle wird LGI außerdem zahlreiche Bürotätigkeiten abwickeln, von der Kundenkommunikation bis hin zur Logistikplanung.
Große Bandbreite an Jobs
Entsprechend groß ist die Bandbreite der Jobs, die LGI in Ketsch noch zu besetzen hat: Neben klassischen Lagertätigkeiten und Sachbearbeitern über technische Ausbildungsberufe und multilinguale Speditionskaufleute bis hin zu akademischen Berufen. Selbst Start-ups und junge Ideengeber sind bei LGI stets willkommen, betonen die Firmenvertreter. Langfristig könnte in der Enderlegemeinde ein spezielles Zentrum für sie entstehen.
„Das noch ziemlich junge Logistikzentrum erfüllt wirklich alle Bedingungen, die wir für unser anspruchsvolles Geschäft und unsere vielfältigen Bereiche benötigen – das hat die Entscheidung für Ketsch natürlich maßgeblich beeinflusst“, betont Hermann Holsten, „Head of Projects Real Estate“ und damit zuständig für die Liegenschaften von LGI.
Neben Agilent Technologies hat der Logistikspezialist bereits zwei weitere Kunden für das Zentrum im Gewerbegebiet Süd finden können: Der eine aus dem Bereich Elektronik, der andere aus der Medizintechnik. „Wir haben mit den drei Kunden bereits den größten Teil der 35 000 Quadratmeter großen Halle belegt und sind mehr als zufrieden, wie schnell und reibungslos das geklappt hat“, freut sich Standortleiter Maximilian Diefenthäler. Toll sei auch die Zusammenarbeit mit anderen Firmen aus dem Gewerbegebiet Süd und der Umgebung verlaufen: Lokale Handwerker nahezu aller Bereiche würden auch in Zukunft noch regelmäßig gebraucht, um das große Logistikzentrum am Laufen zu halten. „Wir sind sehr an engen Netzwerken mit lokalen Betrieben interessiert, um schnell und unkompliziert handeln zu können. Denn genau das erwarten in unserem Geschäft auch unsere Kunden von uns“, erklärt Maximilian Diefenthäler.
Und so gibt es derzeit eigentlich nur ein Problem, das dem Standortleiter zu schaffen macht: Das noch immer fehlende Firmenschild an der Einfahrt zum Gelände. „Das ist schon lange bestellt, aber wegen der akuten Lieferkettenprobleme noch nicht angekommen. Das kratzt natürlich doch ein bisschen an der Berufsehre eines Logistikers, wenn man zwar den enormen Baustoffmangel für den Umbau mit großem Aufwand gelöst bekommt – aber dann das eigene Firmenschild nicht rechtzeitig geliefert wird“, sagt Maximilian Diefenthäler augenzwinkernd.
LGI Logistics Group International
- Die LGI Logistics Group International GmbH wurde 1995 gegründet und ging aus Hewlett-Packard Deutschland hervor, der hiesigen Tochter des größten US-amerikanischen PC- und Druckerherstellers. Seit 2016 gehört LGI zur Elanders Gruppe aus Schweden.
- Der Hauptsitz von LGI befindet sich in Herrenberg bei Stuttgart. In der Region gibt es noch zwei weitere Standorte: in Waghäusel und in Wiesloch.
- Mit mehr als 5000 Beschäftigten an über 45 Standorten weltweit ist LGI inzwischen einer der größten Kontraktlogistiker Europas.
- Zu den Kunden der vielfältigen Logistikdienstleistungen zählen Branchengrößen aus den Bereichen Automobil, Elektronik, Industrie, Medizintechnik und Textillogistik. beju
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