Kirchenkino

Manchmal kommt das Beste zum Schluss

Ausverkaufte Vorstellung beim Film „Last Dance“ mit anschließender Gesprächsrunde zum Thema „Happy Aging“

Von 
csc
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Ketsch. In bekannter Manier und erneut mit viel Treffsicherheit für in Filmen sorgfältig verarbeitete, relevante Themen der Gesellschaft und der Auswahl eines Experten für eine anschließende inspirierende Gesprächsrunde ist am vergangenen Montag das Format Kirchenkino im neuen Jahr angekommen. Das Projektteam mit Doris Steinbeißer, Christian Noeske, Matthias Rey und Heiko Wunderling wählte für die Januarausgabe den französischen Film „Last Dance“ aus und bescherte sich und dem Central Kino damit einen ausverkauften Kinosaal.

Obwohl der Protagonist Germain schon wenige Minuten nach Filmbeginn mit einem schweren Schicksalsschlag, nämlich dem plötzlichen Verlust seiner geliebten Frau Lise, konfrontiert wird, bekommt das Publikum die Gelegenheit auf der Leinwand eine ganz besondere Art des Umgangs mit dieser Grenzsituation mitzuerleben.

Eintauchen in die Liebe

Reflektieren und Lachen ist dabei genauso möglich wie das Eintauchen in die große, innige und bis zuletzt romantische Liebe, die das Paar verband, und das Beobachten wie eigene Grenzen, die es vielleicht gar nicht gibt, verschoben werden. Dass hier nicht die Einsamkeit eines Witwers, sondern die teils skurill übertriebene Fürsorge der Familie von Germain die Hürden bilden, denen der Senior auf seinem ungewöhnlichn Weg ausweichen muss, wird in oft witzigen Sequenzen und Missverständnissen zu einem unterhaltsamen filmischen Gesamtkunstwerk.

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Den roten Faden bildet das große Versprechen, was sich Germain und Lise zu Lebzeiten gaben: die Interessen und Projekte jenes Partners weiterzuführen, der zuerst verstirbt. So kommt Germain in Kontakt mit einer Ausdruckstanzgruppe, wird selbst Teil einer Inszenierung und kommt somit noch mal seiner Lise und schließlich sich selbst ganz nah.

Diesen sprichwörtlichen „Mut zum Eigensinn“ macht in der anschließenden Gesprächsrunde für die interessierten Zuschauer im Kino der erfahrene Altenseelsorger und Logotherapeut Gerhard Sprakties deutlich.

„Es ist wichtig, in jedem Altern ‚Ja’ zum Leben zu sagen und es geht nicht um das viel umschriebene ’Anti-Aging’, sondern um das wichtige ’Happy Aging’“, beschreibt der 61-jährige anhand vieler Anekdoten und Erfahrungen, die er in seiner langjährigen Tätigkeit im Umgang mit älteren Menschen gemacht hat.

Nicht selten tragen diese wahre Schätze an Lebenserfahrung in sich und schließlich könne man feststellen: Das eigene „Ich“ altert nicht. „Alter ist genauso divers wie alles andere in der Welt. Und manchmal ist es richtig, so wie im Film gezeigt, auch mal gegen den Strom zu schwimmen und so vielleicht zur eigenen Quelle zu gelangen. Es heißt ja auch, man findet zu sich selbst, wenn man von sich wegkommt und manchmal hat vermeintlicher Unsinn dann den größten Sinn“, führt Gerhard Sprakties weiter aus. Dabei erinnert sich der Altenseelsorger an seine Begegnung mit Lieselotte Langer, die in hohem Alter in einem Seniorenheim lebte und einmal sagte: „Auf was soll ich noch warten?“

„Später hat sich ihr Leben noch mal komplett verändert und sie spielte in dem Film ’Wir werden uns Wiedersehn’ eine Charakterrolle. Sie sagte dann bei einer weiteren Begegnung einmal zu mir: Bei mir kam das Beste zum Schluss! – eine Aussage, die doch großartig ist und Mut macht“, so Sprakties begeistert.

„Mich persönlich hat immer mein Vater inspiriert, der bis ins hohe Alter sehr unternehmungslustig war und immer wieder Neues entdecken wollte. Ich würde doch sagen, mit einer passenden inneren Einstellung, etwas Neugierde und Offentheit für das, was kommt, kann ‚Happy Aging’ gelingen“, so Gerhard Sprakties, der mit diesen erfrischenden Aussagen genau wie der Film „Last Dance“ bei vielen Besuchern für ein Lächeln auf dem Gesicht beim Nachhausegehen sorgte.

Während seines Besuchs in Ketsch war die Passion, die Sprakties für seinen Beruf auch noch nach vielen Jahren versprüht, förmlich im ganzen Ketscher Central Kino zu spüren. Wie der 61-Jährige im Vorfeld des Kirchenkinos beschrieb, hat er erst, nachdem er „Last Dance“ angeschaut hat, entschieden, als Gesprächspartner für die Veranstaltung zuzusagen und eine spannende Diskussionsrunde zum Thema des „Happy Aging“ zu leiten. Vielleicht ist es auch nicht Sprakties letzter Besuch in der Enderlegemeinde. csc

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