Brauchtum

PETA-Forderung: Wird das Ketscher Backfischfest bald vegan?

Das Ketscher Backfischest ohne Backfisch – aber dafür komplett vegan? Die Tierrechtsorganisation Peta hat den Organisatoren nun vorgeschlagen, künftig ein „tierleidfreies Konzept“ zu fahren. Sozusagen als „Vischerfest“.

Von 
Henrik Feth
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Der Ketscher Backfisch – hier bei der Eröffnung des Backfischfests 2015. (Archivbild) © LENHARDT

Ketsch. Ein Backfischfest ohne Backfisch? Dies – wie 2022 geschehen – bleibt wohl eine Ausnahme. Wie immer ist die Vorfreude auf das kulturelle Megaevent in der Enderlegemeinde riesig: Das Ketscher Jahreshighlight wird – mit frischem Backfisch – von 2. bis 11. August zum 71. Mal stattfinden und wieder tausende Menschen aus der ganzen Region auf den Festplatz im Bruch locken. Der Angelsportverein und die Backfischfest GmbH sind bereits gewappnet und die seit vergangenem Jahr zuständige Fischbäckerin Barbara Toth steht sicherlich ebenfalls schon in den Startlöchern.

Doch während der Vorbereitungen ging in dieser Woche eine – zumindest unerwartete – Anfrage bei den Organisatoren der traditionellen Brauchtumsveranstaltung ein. Die Tierrechtsorganisation Peta forderte unter dem Motto „Fische respektieren statt filettieren“ zum Verzicht auf die namensgebende Hauptleckerei des Backfischfests auf und will dieses zum veganen „(V)ischerfest“ umstrukturieren.

„PETA spendiert 500 vegane Sushis bei einer Umstellung“, versprechen die Tierschützer in ihrer Mitteilung. Sojabohne statt Fischgräte also? Mitnichten, denn Manfred Fritscher von der Ketscher Backfischfest GmbH teilte dieser Zeitung bereits mit, dass die Anfrage zwar eingegangen, jedoch keinesfalls umgesetzt werden wird. „Es heißt Backfischfest und nicht anders. Vor zwei Jahren, als wir keinen Backfisch hatten, wurden wir ausgelacht. Diese Idee wäre der Untergang des Backfischfests“, findet der Ketscher Angler dazu klare Worte.

Erinnerungen an 2022: Das Ketscher Fest ohne Backfisch? Nie mehr

Blickt man zurück auf das „Backfischfest ohne Backfisch“ vor zwei Jahren sowie den Hohn und Spott, der teilweise aus der Bevölkerung für die damals aus wirtschaftlichen Gründen unumgängliche Entscheidung auf die Organisatoren einprasselte, würde eine freiwillige und komplette Abschaffung der frittierten Spezialität wohl tatsächlich den Abgesang des Ketscher Aushängeschildes bedeuten.

Zwei der Hauptgründe für den Andrang beim Backfischfest sind sicherlich ebenjenes namensgebende Essensangebot sowie die große Auswahl an Erfrischungsgetränken sowie Alkoholika. Man stelle sich vor: das Ketscher Backfischfest mit veganem Sushi und alkoholfreiem Bier. Ob die Besucherzahl in diesem Fall gleich bleiben würde?

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Die Meinung unserer Leser ist diesbezüglich weitestgehend konform. So schreibt uns Gerlinde aus Schwetzingen: „Auf keinen Fall vegan. Ich freue mich jetzt schon auf den Backfisch und die Fischbrötchen.“ Ob sie dabei eine vegane Variante als Alternative akzeptieren würde, bleibt offen.

Leserin aus Schwetzingen: Er wird immer verrückter

Aus Schwetzingen kommt auch Elisabeth Laun, die ihre Meinung nochmals deutlicher kundtut: „Meine Meinung zum ,Vischerfest’ lautet, dass es immer verrückter wird. Für mich ist das ein Fischerfest mit richtigem Fisch oder gar keinem. Dann bleibe ich lieber ganz weg von dem Fest. Wäre zwar schade, aber was soll ich dann noch da. Ich wohne schon 54 Jahre in Schwetzingen und habe mich schon immer auf einen richtig guten Backfisch gefreut.“

Der Backfisch künftig vegan – oder zumindest mit veganer Alternative? Hier ein Archivbild aus dem Jahr 2016. © Lenhardt

Differenzierter sieht es eine Leserin aus Plankstadt, die sich laut eigenen Angaben selbst zu 99 Prozent vegetarisch ernährt und plädiert für mehr Angebote: „Dass auf so einem geselligen Biergarten-Zelt-Fest auch Alternativen angeboten werden, wäre ganz wunderbar. Es gibt Menschen, die sich aus unterschiedlichen Gründen vegan ernähren auch sie wollen an so einem Event teilnehmen. Wenn die Öffentlichkeit und die Gastwirte Speisen ohne Milch, Ei, Sahne anbieten – und dieses Essen kann durchaus sehr lecker sein – dann würden Menschen mit veganer Ernährungsweise nicht mehr ausgegrenzt werden.“

Doch zu beachten ist dabei, dass die Organisatoren des Backfischfests durchaus auf alternative Essensangebote achten. So gab es im vergangenen Jahr auf dem Festgelände einen Stand mit veganen Spezialitäten – dass Veganer beim Backfischfest also essentechnisch nicht fündig werden, stimmt so nicht.

Backfischfest in Ketsch: Nachhaltigkeit wird immer wichtiger

Einen Blick auf die Zukunft wirft der Ketscher Nick Eberhardt, für den Veranstaltungen wie das Backfischfest langfristig nicht um das Thema herumkommen: „Die Mehrheit der Menschen macht sich Sorgen um den Klimawandel, das wissen wir aus Umfragen. Die Mehrheit der Menschen will aber auch keinen abrupten Wandel, das wissen wir aus den letzten Wahlen. Das ist paradox, aber die Menschen sind eben – noch – nicht bereit, das Notwendige zu tun. Ich würde mir mehr vegane Angebote wünschen, denn leckere Ideen gibt es genug. Das Backfischfest sollte auch weiterhin Backfischfest heißen – aus Tradition. Die Organisatoren werden jedoch langfristig nicht umhin kommen, ein nachhaltiges Fest mit allen Konsequenzen zu veranstalten. Und je früher sie damit anfangen, desto besser.“

Meinungen zum (Vi)ischerfest vom Ketscher Marktplatz

Auf dem Ketscher Marktplatz haben sich weitere Bewohner der Enderlegemeinde zu der Thematik eines „(V)ischerfestes“ geäußert – mit unterschiedlichen Sichtweisen.

Gerhard Weixler (72 Jahre, Sprecher Seniorenbeirat): Man kann dort doch vegane Lebensmittel verkaufen, das ist gar kein Problem. Aber ohne den richtigen Backfisch können wir zumachen. Das gehört einfach zu Ketsch dazu. Der Seniorenbeirat ist sowieso dagegen.

Liane Förster: Das finde ich total blöd. Künstlich hergestelltes Essen finde ich total unnatürlich. Entweder esse ich Gemüse und Salat oder eben Fleisch. Ich muss das nicht so verändern, dass ich ein Fleischerlebnis habe. Ich habe kein Problem damit, mal Hirsebratlinge zu essen, die sind super lecker. Aber ich mag keine Ersatzprodukte.

Abdul Celik (17 Jahre): Ich würde es definitiv auch essen, wenn es vegan wäre. Aber es wird doch an so vielen anderen Stellen noch viel mehr Fisch konsumiert. Dort sollte man doch ansetzen, um die Tiere zu schützen – und nicht bei einem Fest wie hier in Ketsch, das nur eine Woche dauert.

Doch was wollte die Peta mit ihrer Anfrage bezwecken? Dachten die Tierschützer tatsächlich, dass man das wohl größte und traditionellste Symbol des Ketscher Backfischfestes aufgibt? Auf Nachfrage begründet Dr. Tanja Breining, die Fachreferentin für Wassertiere bei der Peta ist, die Intention der Tierschützer: „Wir würden uns freuen, wenn aus einem traditionellen Stadtfest in Zukunft ein tierfreies, veganes Fest wird, für das kein Tier sterben muss, denn heutzutage gibt es zahlreiche Alternativen, die ebenso nach Meer schmecken wie Fisch.“

Muss sich das Ketscher Backfischfest ein Beispiel am Weltfischbrötchentag nehmen?

Da der Backfisch auch weiterhin im Festzelt im Bruch angeboten wird, schlägt Breining vor, sich vom Weltfischbrötchentag in Norddeutschland inspirieren zu lassen: „Dort gab es bereits diverse vegane Alternativen, die Nachfrage und die Kenntnis über die Möglichkeiten scheinen da zu sein.“

Langfristig habe Peta zudem das Ziel, dass es komplett vegane Volks- und Stadtfeste geben soll, so die Fachreferentin weiter. Ob diese Vorstellung reine Utopie bleibt, wird die Zukunft zeigen. Zumindest beim Backfischfest ist man, wie schon erwähnt, durchaus bemüht, Alternativen anzubieten. Dass diese Alternativen nun – wie von der Peta gewünscht und in ihrer Anfrage mit einer Spende von 500 Portionen angeboten – veganes Sushi oder Vischstäbchen sein werden, sei dahingestellt. Klar bleibt: Das Ketscher Backfischfest wird für alle – ob Fisch- und Fleischesser oder Veganer – ein entsprechendes Angebot haben und jeder Besucher wird willkommen sein.

Redaktion Verantwortlicher Redakteur für die Gemeinde Ketsch

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