Gnadenhochzeit

Renate und Georg Feuerstein aus Ketsch sind seit 70 Jahren verheiratet

Georg und Renate Feuerstein feiern ihr 70. Ehejubiläum. Gemeinsam haben sie sich viele Reiseträume erfüllt und leben in einem Haus, das sie noch selbst gebaut haben.

Von 
Caroline Scholl
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Ketsch. Es ist wahrlich eine ganz besondere Gnade, wenn ein Paar nach 70 Jahren Ehe die Gnadenhochzeit feiern kann. Und wenn wie bei Renate und Georg Feuerstein beide altersentsprechend gesundheitlich fit sind und noch ganz viel Lebensfreude und Zufriedenheit ausstrahlen, ist dieses Jubiläum ein fröhlicher Anlass, auf ein gelungenes, gemeinsames Leben zurückzublicken.

Geboren wurde Renate, die damals noch Müller hieß, vor 90 Jahren im Mannheimer Stadtteil Seckenheim. Dort wuchs sie mit drei Geschwistern auf und arbeitete nach der Schulzeit – wie es in dieser Zeit üblich Jahr war – bei einem „Landjahr“ auf einem Bauernhof. In Ilvesheim kam 1928 Georg, den Renate liebevoll „Schorsch“ nennt, als jüngster von insgesamt neun Geschwistern zur Welt. Dort ging er zur Schule, kam dann nach Mannheim auf die Lessingschule und lernte Elektriker bei Siemens, wo er bis zur Rente 43 Jahre arbeitete.

„Wir jungen Männer gingen damals immer über die Brücke nach Seckenheim, denn dort gab es eine Turnhalle, in der ab und zu etwas geboten war“, erinnert sich Georg. So war es auch an Silvester 1945/46 als dort zum Tanz gebeten wurde und Georg seine spätere Frau Renate, die dort mit einer Bekannten der Familie war, zum ersten Mal sah. Beide wissen noch, dass sie da ganz unverfänglich zusammen getanzt haben. „Einige Zeit später wurde dort die Operette ‚Land des Lächelns’ aufgeführt und da sahen wir uns wieder. Georg fragte, wo ich wohne. Von da an sah man sich immer mal wieder. Ich arbeitete damals als Zuschneiderin im Schloss und Georg bei Siemens. Oft ging er über den Rhein in der Pause und kam an dem großen Fenster vor meinem Zuschneidetisch vorbei“, berichtet Renate.

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Georgs Schwester arbeitete zu diesem Zeitpunkt als Friseurin und machte Renate die Haare. So wurde es einmal zu spät, sodass Renate, die von ihrer künftigen Schwiegermutter sehr gemocht wurde, bei Georg übernachtete. „Aber nur im gleichen Haus und nicht mal auf der selben Etage. Das gab es damals nicht“, lacht Renate heute.

Zimmer für Feier ausgeräumt

Weihnachten 1950 verlobte sich das Paar und am 1. August 1952 fand im Rathaus in Seckenheim die standesamtliche Trauung statt. „Gefeiert wurde an diesem Tag nicht, denn wir waren noch voll in den Vorbereitungen für die kirchliche Hochzeit und die anschließende Feier am nächsten Tag“, so Georg. Dann nämlich wurde das Paar in der katholischen Kirche in Seckenheim getraut. In Renates Elternhaus war für die Feier das Schlafzimmer ausgeräumt worden und mit Tischen eingerichtet, in der Küche kochte eine Nachbarin und Renate half nach der standesamtlichen Trauung einem benachbarten Konditor beim Verzieren der Torten und der Hochzeitstorte, für die schon vorher Eier gesammelt wurden, damit genug Bisquit gebacken werden konnte.

„Wir hatten ein schönes Fest, ich hatte einen fünf Meter langen Schleier. Das Kleid hatte lange Ärmel, das war damals so, auch wenn es draußen sehr heiß war. Zum Essen gab es eine Festtagssuppe und Rindfleisch mit Meerrettich und dann die vielen Kuchen“, weiß Renate noch, als ob es gestern gewesen wäre. Auch an ihren Brautstrauß aus weißen Nelken erinnert sie sich, denn der wurde von ihrem Vater beschafft. Auch die Fahrt von ihrem Haus in die Kirche mit einem hellgrauen Mercedes, den jemand damals schon fuhr, blieb dem Paar in Erinnerung, denn Georg hatte damals nicht mal ein Fahrrad. Einen Tag nach der Hochzeit wurde mit Nachbarn und Freunden weitergefeiert.

Sein erstes Domizil hatte das Paar in einem Zimmer in Renates Elternhaus. Später zog man nach Ilvesheim und wieder zurück nach Seckenheim, bevor 1974 in Ketsch gebaut wurde. „1955 wurde unsere Tochter Karin geboren und wir fuhren oft nach Ketsch auf die Rheininsel oder später ins Schwimmbad. Ketsch hat uns gefallen und als sich dort eine Gelegenheit zum Bauen ergab, waren wir froh. Unser Haus, in dem wir seit 1976 und noch heute Leben, haben wir in Eigenregie gebaut. Heute wohnen unser Schwiegersohn und unsere Enkelin Julia in den oberen Wohnungen. Jedes Wochende wurde geschafft und viele meiner Kollegen haben geholfen, so war das damals. Und ich habe denen im Gegenzug geholfen, bis jeder sein Haus hatte“, bekräftigt Georg.

„Diese Mauern halten“

„Ich habe selbst gemauert, Speis angerührt und alle bekocht“, ergänzt Renate, zeigt auf eine Wand im Haus und sagt: „Diese Mauern halten.“ In Ketsch habe sich das Paar immer wohlgefühlt, hat eine gute Nachbarschaft und Georg war im Kirchenchor und bei den Kirchenältesten aktiv. „Später haben wir uns viele Reiseträume erfüllt, waren in Marokko, Tunesien, Sri Lanka, Ägypten und auch im Mittelmeerraum auf den Inseln Mallorca und Fuerteventura. Auch Frankreich oder Kiew haben wir gesehen und vieles zu einer Zeit, in der es noch nicht viele Touristen gab“, erzählten die beiden. Besonders beeindruckt habe sie der Markt in Marrakesch, die Nilkreuzfahrt und eine Bootsfahrt in den Urwald von Sri Lanka.

Auf die Frage, wie 70 Jahre Ehe gelingen, antworten sie: „Wir hatten immer die gleichen gemeinsamen Ideen und Ziele und entsprechend Ausdauer, sie zu erreichen. Wir waren genügsam und gingen Schritt für Schritt voran. Alles war zu seiner Zeit wichtig und wir waren immer zufrieden. Und wir sind noch heute so gut es geht in Bewegung, versorgen den Garten, halten unser Haus in Schuss und gekocht wird auch noch jeden Tag frisch.“ Gefeiert wird heute im kleinen Familienkreis. Unsere Zeitung gratuliert dem Jubelpaar herzlich zu diesem besonderen Fest.

Freie Autorin Freie Journalistin für die Region Rhein-Neckar

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