Ketsch/Schwetzingen. Das geplante Kieswerk im Gewann Entenpfuhl sorgt in diesen Tagen für eine Umwelt- und Klimaschutzdebatte, die über die Region hinausreicht. In die Kritik gerät dabei auch der Schwetzinger Landtagskandidat der Grünen, Dr. Andre Baumann. Er war ja zuvor Staatssekretär im Umweltministerium in Stuttgart und ist jetzt Beauftragter der Landesregierung in Berlin. Im Interview mit dieser Zeitung spricht Baumann über seine Sicht auf das Projekt, seine Rolle als Umweltstaatssekretär und seine Vorstellungen von gelungener Rohstoffpolitik.
Wie stehen Sie zum viel diskutierten Projekt Entenpfuhl?
Andre Baumann: Meine Position hat sich da nicht verändert: Ich lehne die von der Firma Krieger beantragte Kies- und Sandnutzung im Gewann Entenpfuhl ab. Ich sehe insbesondere Gefahren für das Trinkwasser. Klar ist, das Wassergesetz erlaubt keine Nassauskiesung in der geplanten Wasserschutzzone IIIa.
Die SPD Ketsch kritisiert, dass Sie sich nur zur Nassauskiesung geäußert haben, aber nicht zur Trockenauskiesung. Warum nicht?
Baumann: Weil für den Entenpfuhl nur eine Nassauskiesung beantragt wurde. Anscheinend ist die Kieslagerstätte aus Sicht der Rohstoffnutzung so gut, dass tief in den Grundwasserspiegel ausgebaggert werden soll. Es würde dann ein Baggersee entstehen. Und das lehne ich ab. Ich stütze mich auf die Fakten.
Und warum haben Sie sich als Umweltstaatssekretär nicht zum Entenpfuhl geäußert?
Baumann: Ich habe mich ganz bewusst als Staatssekretär nicht in das laufende Genehmigungsverfahren eingeschaltet. Die Wasserbehörde des Landratsamtes des Rhein-Neckar-Kreises ist die zuständige Behörde. Die nächsthöhere Fachaufsicht ist das Regierungspräsidium Karlsruhe. Als Spitzenvertreter der höchsten Fachaufsichtsbehörde, dem Umweltministerium, habe ich mich bei laufenden Genehmigungsverfahren zurückzuhalten.
Aber geäußert haben Sie sich in unserer Zeitung ja doch?
Baumann: Ja, als Sprecher des Keisverbandes von Bündnis 90/Die Grünen Kurpfalz-Hardt. Meine Stellungnahme wurde von der Schwetzinger Zeitung am 6. September 2019 abgedruckt. Nebenbei bemerkt: Bei der Gründung der Bürgerinitiative „Rettet den Entenpfuhl“ wurden Leitlinien entwickelt. Und ein Großteil des beschlossenen Textvorschlags stammt dabei von den Grünen. Ich kann im Text der Leitlinien der Bürgerinitiative sogar noch meine Handschrift wiedererkennen. Deswegen wundert es mich schon, dass aus dieser Richtung so scharfe Kritik kommt.
Bei der Entenpfuhl-Debatte geht es um eine mögliche Rodung des Waldes. Welche Bedeutung hat für Sie der Schutz der Wälder?
Baumann: Wälder sind wichtig: als Ökosystem und als Quelle für nachwachsende Rohstoffe. Wälder wie im Gewann Entenpfuhl schützen das Grundwasser. Darum setze mich seit vielen Jahren für den Schutz naturnaher Wälder ein – im Land und auch hier in der Region. Dass der Naturschutz im regionalen Waldschutzgebiet Schwetzinger Hardt gestärkt wurde, dafür war ich mitverantwortlich.
Wie bewerten Sie den Wald im Gewann Entenpfuhl?
Baumann: Der Wald ist ein junger Mischwald. Es ist gut, dass es ihn gibt. Gerade wegen des Trinkwasserschutzes. Aber ich stelle den Schutz von jedem Wald nicht über jede Planung. Stellen Sie sich vor, dass im Gewann Entenpfuhl Windräder gebaut und sinnvoll betrieben werden könnten. Das wurde vor ein paar Jahren schon einmal diskutiert. Windräder könnte ich mir durchaus vorstellen. Aber die Windhöffigkeit ist im Gewann Entenpfuhl nicht ausreichend.
Und in diesem Fall gäbe es ja noch weniger Wald, oder?
Baumann: Nein! Wird Wald gerodet, dann wird er an anderer Stelle in der Region wieder aufgeforstet. So sieht es das Waldgesetz Baden-Württemberg vor. Die Waldfläche kann im Land nicht kleiner werden. Die Waldfläche in Baden-Württemberg wächst sogar Jahr für Jahr.
Die Gewinnung von Rohstoffen wird immer häufiger diskutiert. Wie sehen Sie die Entwicklung?
Baumann: Ich habe den Eindruck, dass viele gegen eine Kiesgewinnung im Gewann Entenpfuhl sind, weil diese vor der eigenen Haustüre stattfände. Dieses Argument ist für mich ein denkbar schlechtes. Eine nachhaltige Rohstoffpolitik bedeutet für mich, dass die Betonverwendung reduziert werden sollte, beispielsweise durch die Mitverwendung von Holz. Wird Beton verwendet, dann sollte wenn möglich als Zuschlag nicht frischer Kies zugegeben werden, sondern gütegeprüfter Altbeton. Dieser Recyclingbeton hat die gleichen Eigenschaften wie normaler Beton, aber er ist umweltschonender.
Und wie stehen Sie zu Abbaustätten für mineralische Rohstoffe?
Baumann: Trotz aller Ressourceneinsparungen kommen wir ohne Abbaustätten von Kalk, Kies und anderen mineralischen Rohstoffen nicht aus. Deren Planung und Betrieb sollten so natur- und umweltverträglich wie möglich stattfinden. Es gibt sogar Abbauflächen, die wertvolle Naturoasen sind. In Schwetzingen ist die alte Spilgerkiesgrube in der Nähe des Entenpfuhls eine Naturoase. Ich habe als Vorsitzender der Nabu-Gruppe Schwetzingen vor rund 25 Jahren Pflegeeinsätze in diesem Naturdenkmal durchgeführt. Das Naturschutzgebiet „Kohlplattenschlag“ in Graben-Neudorf ist ebenfalls ein Naturschutzgebiet, weil dort Kies in einem Wald abgebaut wurde.
Wären Sie also doch für den Kiesabbau im Gewann Entenpfuhl, wenn die Natur dadurch gefördert würde?
Baumann: Nein, wegen des Wasserschutzes. Ganz klar. Aber für mich ist wichtig, dass es ein dezentrales Netz von Abbaustandorten gibt. Das heißt: In jeder Region sollten Kiesgruben vorhanden sein, sofern es geeignete Kieslagerstätten gibt. Natürlich müssen auch Abstände zu Siedlungen und Naturschutzgründe beachtet werden. Aus Gründen des Klimaschutzes sollten Massengüter wie Kies jedoch nicht über weite Strecken transportiert werden. jüg
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/ketsch_artikel,-ketsch-wassergesetz-erlaubt-keine-nassauskiesung-_arid,1711423.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/ketsch.html