Neulußheim. „Ich freu mich hier in Neulußheim angekommen zu sein, habe vier Wochen gegoogelt und die Ortschaft schließlich dann doch gefunden“, ruft Jan Preuß in den prall gefüllten Saal des Kulturtreffs Alter Bahnhof, nachdem Kulturamtsleiterin Alexandra Özkalay die Gäste wie gewohnt herzlich begrüßt hatte. Außer einem Pult und Mikrofon hatte der Comedian aus Köln keine Bühnenausstattung nötig, um textsicher, in rasantem Tempo Szene an Szene, Anekdoten und Pointen sowie Lacher im Publikum aneinanderzureihen.
Er begann seine Show mit einem Geständnis: „An diesem Abend erzähle ich etwas über mich, meinen Beruf als Erzieher, über Sachen, die durchaus auch böse klingen, das Schöne an einer Stand-up-Comedy-Show ist, dass man so manches sagen kann, das man nicht so meint.“ Er sei mittlerweile 29 Jahre alt und immer noch Single, informierte er die Zuhörer. Kürzlich habe er eine Neue kennengelernt, bis er sie mal fragte, ob sie Lust hätte, mit ihm was trinken zu gehen. „Ja, wenn du attraktiver wärst“. Schlagfertig folgte die Replik: „Wenn ich attraktiver wäre, hätte ich dich nicht gefragt.“
Jan Preuß begeistert in Neulußheim: Alltagsschilderungen aus der Kita
Verpackt in komische Storys zählte er höchst amüsant weitere solche gescheiterte Beziehungen auf und berichtete mit umwerfender Komik über einen bizarren Urlaubstrip in die Türkei. Erst danach ging er über zu dem, worüber sein Programm „(V)erzieher – völlig unerzogen“ handelte: Alltagsschilderungen eines Erziehers in der Kita. Dabei zog er Erzieherinnen wie auch Eltern und natürlich die Kinder mit ein. Im Publikum outete sich eine große zu diesem Beruf gehörende Gruppe. Und Preuß holte sich viele Lacher mit Einschüben, die gezielt auf sie zugeschnitten waren.
„Im Kindergarten musst du immer gut gelaunt sein“, seufzte er, „doch wer ist schon so früh gut gelaunt? Das funktioniert nur mit Antidepressiva.“ Im Kindergarten, so Preuß, muss man den ganzen Tag lügen. Los geht es schon im Morgenkreis mit dem Lied „Halli, hallo, wir Kindergartenkinder, wir sind froh, hallo“. Aber morgens um sieben ist kein Kind froh, davon zeugt ihr endloses Quengeln.
Im Kindergarten muss man fremde Kinder wickeln, das Problem sind hier nicht die Kinder, sondern die Windeln, die bis zum Nacken verschmiert sind. Manchen Kollegen macht es Spaß, sie freuen sich und rufen entzückt aus: „So ein süßes Kaki!“ Im Kindergarten muss man obendrein mit beklopften Ideen wie dem „Spielzeugtag“ zurechtkommen. Letztens kam ein Kind zu ihm, der seinen Glubschi verloren hatte. Glubschi? „Ich hatte noch nie von diesen Kuscheltieren mit großen, glubschigen Glasaugen gehört und suchte eine Stunde den ganzen Kindergarten nach einem Mesut Özil als Stoffpuppe ab.“
Comedyabend in Neulußheim: Kinder sagen nette Sachen
Im Kindergarten zu arbeiten hat auch Vorteile, meinte er. Kinder sagen auch nette Sachen. Sie sind offen, ehrlich, erzählen alles, was zu Hause los ist, ob man es wissen will oder nicht. Mit solchen Details geht er dann selbstbewusster zu Elterngesprächen. Eines Tages tauchte in seiner Kita eine Heilpädagogin auf, die allerdings in der Ausbildung wohl an dem Tag gefehlt habe, in dem der Unterschied zwischen behindert und dumm erklärt worden war, erzählte Preuß. Einem ganz normalen Vierjährigen im Rollstuhl stellte sie sich mit „Hallo, ich bin die Heilpädagogin“ vor, ein Begriff, mit dem so ein Knirps ja auch viel anfangen kann.
Eine willkommene Abwechslung im Kindergartenalltag seien die gemeinsamen Ausflüge wie der in den Zoo. Hier habe Preuß erfahren, wie bescheuert Erwachsene sein können. Angesichts der mehr als zwanzig Kinder fragte man ihn: „Sind das ihre eigenen?“ „Ja“, entgegnete er todernst, „meine Frau kann nach den vielen Geburten seit einer Woche wieder laufen.“
Blick auf Kinderlieder beim Comedyabend mit Jan Preuß in Neulußheim
Die größten Lacher aber holte sich Jan Preuß mit der Analyse des Liedguts in den Kitas, das alles andere als „kindgerecht“ ist. Um das zu belegen, spielte er Lieder wie „Ging ein Weiblein Nüsse schütteln“, „Ein Schneider fing ’ne Maus“ oder „Nackidei“ ein und dem Publikum wurde die Brisanz der Texte erst jetzt so richtig bewusst („Wir machen heut ne Schweinerei und geh’n mal wieder Nackidei“), lachte pausenlos und sang und klatschte mit.
Dem Publikum riet er, mal ein Wochenende bei den Eltern zu verbringen. Dann wisse man, warum man ausgezogen sei. Als er sonntags wie gewohnt erst um 14.30 Uhr aufgewacht sei, lag da ein Zettel seiner Mutter: „Guten Morgen. Wir sind auf dem Friedhof.“ Sein Vater habe darunter notiert: „Stimmt. Aber wir kommen wieder.“ Das wünsche man sich auch für Jan Preuß, dass er wiederkomme, den cool, locker und witzig unterhielt er das Publikum bestens bis zum Schluss.
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