Neuußheim. Die Wände rund um den Altar der evangelischen Kirche Neulußheim leuchten in verschiedenen Farben, mal rot, mal grün, mal dunkelblau. In der Dunkelheit, die sich im Kirchenschiff breitmacht, weil schon seit einigen Stunden kein Licht mehr durch die Fenster scheint, wirken die Farben fast wie ein meditativer Ruhepol.
So besinnlich beginnt das Weihnachtskonzert der Chöre AGV Belcanto Hockenheim und „sing2ge-ther“ Reilingen unter der Leitung von Özer Dogan, das vom Verein für Bürgerhilfe und Kulturförderung aus Neulußheim veranstaltet wurde. Der besondere Clou: Lichtspiel und Chorgesang vereinen sich mit einer Rockband zu einem Gesamtkunstwerk.
In der Neulußheimer Kirche entsteht ein eindrucksvolles Ambiente
Konzertmoderatorin Nadia Ries durchbrach schließlich mit einer poetischen Stückeinführung die Stille. „Kommt mit uns in die Weihnachtszeit und findet die innere Ruhe, die es nur jetzt gibt“, flüstert sie verheißungsvoll ins Mikrofon. Dass nach einer solch träumerischen Inszenierung kein Paukenschlag zur Eröffnung zu erwarten ist, bestätigt Özer Dogan mit einer besonderen Entscheidung: Er beginnt das Konzert mit einem Gesangssolo – ein Wagnis.
Tenor Ralf Strauch besticht aber mit sonorer, klarer Stimme und zieht das Publikum in seinen Bann. Schnell gesellt sich der Doppelchor mit Teelichtern in der Hand zur Rockband und Özer Dogans Klavierbegleitung hinzu. Nachdem der Schlussakkord der Eröffnungsnummer „Because it’s Christmas“ in der Kirche verhallt, sind die Zuhörer merklich berührt und applaudieren dementsprechend.
Während des gesamten Konzertes beeindrucken die Sololeistungen immer wieder. Romina Afflerbach setzt mit „Lost Song“ gegen Ende des Konzertes einen gesanglichen Glanzpunkt – ihre Interpretation und Phrasierung übersteigen den Anspruch eines „Amateurchors“ bei Weitem. Auch Anne Geser und Melanie Plautz harmonieren bei „O Holy Night“ Sicherheit in Intonation und Klangmischung.
Neben solistischen Höchstleistungen entfaltet der Chor auch im Zusammenklang, also im „tutti“, einen dynamischen Klangkörper. Bei einem „Mash-up“ der Simon and Garfunkel-Hits „Scarborough Fair“ und „Sound of Silence“ zeigen die Sängerinnen und Sänger ihr rhythmisches und intonatorisches Können. Die Nummer ist in polyphoner Satztechnik angelegt und erscheint so als eng verwobener Kanon – die individuelle Leistung ist hier also besonders wichtig. Aus den einzelnen Stimmen entstand schnell ein dichter Klangkörper.
Bei zwei Stücken konnte auch das Publikum mitsingen: Die Klassiker „Bajuschki Bajou“ und „Es kommt ein Schiff geladen“ eigneten sich dafür hervorragend. Im Wechsel mit den Solisten entstand, passend zur Weihnachtszeit“ eine Gottesdienst-ähnliche Wechselbeziehung zwischen Chor und Publikum.
Mit Weihnachtsklassikern, brillanten Solistinnen und Solisten, einer meditativen Beleuchtung und vielen musikalischen Höhepunkten wurde das Weihnachtskonzert der Chöre AGV Belcanto und „sing2gether“ zum Erfolg.
Es ist beeindruckend zu hören, wie Chorleiter Özer Dogan seine Musiker immer wieder aufs Neue zu Höchstleistungen anspornt – eine Erfahrung, die auf jeden Fall Lust auf mehr macht.
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