Neulußheim. Die Aula der Lußhardt-Schule war die festliche Bühne für den Neujahrsempfang der Gemeinde Neulußheim am Sonntagvormittag. Bürgermeister Gunther Hoffmann begrüßte rund 200 Gäste, unter ihnen die Landtagsabgeordneten Andre Baumann (Grüne), Andreas Sturm (CDU) und Daniel Born (SPD), die Amtskollegen der Verwaltungsgemeinschaft, Oberbürgermeister Marcus Zeitler (Hockenheim), Stefan Weisbrod (Reilingen) und Uwe Grempels (Altlußheim) sowie Vertreter von Polizei, Feuerwehr und Rettungskräften.
Professor Leo Kraemer (Klavier) und Michael Wagner (Gesang) vom Förderkreis „Palatina Klassik“ begleiteten den festlichen Empfang mit Liedern. Die Gäste hörten dabei zuerst einmal „Ich bin nur ein armer Wandergesell“ aus der Operette „Der Vetter aus Dingsda“ von Eduard Künneke.
Neulußheims Bürgermeister Gunther Hoffmann hatte seine Ausführungen in verschiedene Themenblöcke eingeteilt. Bei den zeitweise 26 Corona-Verordnungen sei es nie das Bestreben der Verwaltung gewesen, die Bürger zu ärgern, „aber wir haben Vorgaben, Verordnungen und Gesetze eben umzusetzen, so wie übrigens jetzt auch bei den Stromeinsparungen“, erklärte er dazu.
Nun bleibe die Hoffnung, dass sich bald alles wieder normalisiert, dankte er den anderen Gemeinden und den Amtskollegen für die gute Zusammenarbeit während der Corona-Krise. Der Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Auswirkungen, wie die Strom- und Gasmangellage und die wieder stark steigenden Flüchtlingszahlen, sei dann der nächste Schlag gewesen.
„Die große Politik macht zwar viele und schöne Worte, aber am Ende der Kette sind es die Gemeinden, die die Leistung erbringen und die Flüchtlinge unterbringen müssen. Sie sind die Orte der Wahrheit und nur sie haben die Aufgabe zu bewältigen“, kritisierte der Rathauschef. Für über 120 zusätzliche Flüchtlinge benötige man noch Unterkünfte, sprach er direkt mögliche Vermieter an. Dennoch soll die „unbeliebte Containeranlage“ erweitert werden, 600 000 Euro stehen dafür im neuen Haushaltsplan.
Schimpfen über die Bahn
Viel Zeit beanspruchten die zahlreichen gemeindeübergreifenden Projekte, wie beispielsweise die Transnet-Stromtrasse von der Nordsee nach Philippsburg. Die Planungen hinkten hinterher. Hoffmann schimpfte auf die Bahn und die Planungen der neuen Güterverkehrstrecke: „Der Zeitdieb schlechthin, der Bürokratiealbtraum, der Spielplatz der Bedenkenträger und Bremser, Eldorado der teils selbst ernannten Fachleute und der Schützer aus allen Bereichen, ein Zusammentreffen aller – und wir als Bürgermeister mittendrin“. Hoffmann sparte sich weitere Ausführungen zu dem leidigen Thema, aber die Wahrscheinlichkeit sei hoch, „dass der Bau weiterer Gleise bei uns am Friedhof unter den letzten beiden Entscheidungsvarianten sein wird“.
Mit dem kommunalen Energiemanagement habe die Gemeinde bereits viele kleine Maßnahmen umgesetzt: Photovoltaikanlagen, Blockheizkraftwerk, LED-Beleuchtung, E-Ladesäulen, E-Carsharing und ÖPNV-Ausbau sowie Fahrradboxen. Durch diese „effizienten Bausteine“ habe die Gemeinde die Klimaziele deutlich erreichen können.
Diverse Investitionen
Die Betreuungsformen in den Kindergärten passten gerade, so Hoffmann, aber in zwei Jahren käme die Ganztagesbetreuung an den Grundschulen auf die Gemeinde zu. Investitionen hätten für mobile Lüftungsgeräte, einen optimierten Brandschutz, LED-Beleuchtung und Smartboards für interaktives Lernen gesorgt. Ob und welche Zukunft die private Markus-Schule haben wird, hänge in den nächsten Monaten „von der Kooperationsbereitschaft der Schule, dem Willen des Gemeinderats und besonders der Genehmigungsfähigkeit“ ab. Geplant sei ein Neubau im Bereich des alten Schulhofs.
Abend der Vereine
Die Gemeinde investiere auch in den Sportplatz. Nach den Umkleidekabinen der Olympia seien nun Außenanlage, Parkplatz, Rundlaufbahn und Kleinspielfeld an der Reihe. Die Kultur- und Sporthalle soll nach Auskunft des Verwaltungschefs im Mai mit einem Abend der Vereine eingeweiht werden. Dann fehle nur noch die Beseitigung des jahrzehntealten Provisoriums vor der Schule und die verkehrliche Verbesserung der Kornstraße.
Bürgermeister Hoffmann nannte weitere Großprojekte. Das Feuerwehrgerätehaus soll für die nächsten 50 Jahre fit gemacht werden. Die ehrenamtlichen Feuerwehrleute sollen möglichst optimale Bedingungen bekommen. Mit den Nachbargemeinden wird gerade an Alarmierungs- und Einsatzplänen für den Katastrophenschutz gearbeitet. Das kostet allein in diesem Jahr rund 1,3 Millionen Euro. Investitionen gibt es auch für das eigene Wasserwerk der Verwaltungsgemeinschaft. Zusätzliche Leitungen, Brunnen und Becken schlagen in den nächsten Jahren mit rund fünf Millionen Euro zu Buche, hieß es.
„Geringe Macht der Gemeinde“
Der Bau eines Regenrückhaltebeckens ist ebenfalls geplant, war den Ausführungen zu entnehmen. Die Deutsche Glasfaser verlegt nun auch Leitungen. „Das Gesetz lässt das zu, auch ohne unsere Einwilligung, ohne Rücksicht auf bereits verlegte Leerrohre und teilweise auch ohne Einhaltung des Mindestabstands zu anderen Leitungen“, monierte Hoffmann und fürchtete Beschädigungen und Ausfälle: „Die geringe Macht der Gemeinde und der starke Wille der Bürger nach Glasfaser führen wohl dazu.“
Die genannten Projekte und Herausforderungen kosteten viel Geld. Das Rathausteam und gerade die Amtsleiter hätten in den letzten Jahren Außergewöhnliches geleistet, der Gemeinderat den notwendigen Freiraum gegeben, dankte Hoffmann. Die Gemeinde lebe zwar im Krisenmodus, „aber eine Geldkrise haben wir in Neulußheim aktuell nicht“. Der aktuelle Entwurf zum Haushalt mit einem positiven Ergebnis von über 1,1 Millionen Euro sei das Ergebnis der guten Arbeit über viele Jahre. Wenn der Gemeinderat den eingeschlagenen Weg weiter mitgehe und neue Ausgaben kritisch hinterfragt würden, dürfte die gute Ausgangsposition gehalten werden, „denn wir verwalten bei allen Entscheidungen immer das Geld unserer Bürger“.
Wahre Probleme verdrängt?
Manchmal bekomme er den Eindruck, dass Behörden und Politik die wahren Probleme verdrängten, etwa wenn neue steuerrechtliche Vorgaben wie die Einführung der Umsatzsteuer zu unsinnigen bürokratischen Auswüchsen führten. Hoffmann nannte als Beispiel den Kuchenverkauf bei Schul- und Kindergartenfesten, für den gegebenenfalls Umsatzsteuer erhoben und an das Finanzamt abgeführt werden muss. „Helfen Sie uns und dem Gemeinderat und der Verwaltung und glauben Sie uns, dass wir immer nur am besten für unser Ort interessiert sind“, dankte er allen Ehrenamtlichen, „die nach der Pause wieder den Weg zurückgefunden haben und sich wieder engagieren, für den Verein, für die Gemeinschaft, für unser Dorf“.
Professor Leo Kraemer und Michael Wagner brachten die Lieder „In Wien gibt’s manch winziges Gasserl“ von Robert Stolz und „O sole mio“ von Eduardo Di Capua zu Gehör. Nach dem offiziellen Teil lud die Gemeinde die Gäste zu einem Buffet bei anregenden Gesprächen ein.
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