Neulußheim. Trotz launischen Wetters und „Kerwe light“ ließen es sich die Neulußheimer nicht nehmen, den Kerweplatz zu besuchen. Fünf Tage buntes Treiben – und doch bot jeder Tag etwas Besonderes. Nach zwei Jahren Pandemie war der Fassanstich mit Bürgermeister Gunther Hoffmann endlich wieder für Viele der Start ins Vergnügen. Und es geht ja nichts über Freibier, gestiftet vom SC Olympia. Kerwe light hin oder her: Es gab eines, was die Jahre überdauert hatte, und das war das Kerwegeld von den Großeltern, Tanten und Eltern.
Die Jugend mag es eher rasant. Das Kerwegeld floss vor allen Dingen in das Fahrgeschäft Shock, auch Scheibenwischer genannt. Da wurde einem beim Zusehen schon schwindelig. Dank Familie Blum aus Etschberg konnten sich die Kleinen an der „Reitschul“ erfreuen, auch wenn es manchmal Tränen gab, wenn ein Steppke nicht aus dem Auto aussteigen wollte.
Wer sein Glück mit einem Los herausforderte, durfte sich über schöne und farbenprächtige Gewinne im Glückcenter von Hilde Remmele freuen oder an ihrer Wurfbuden seine Zielsicherheit prüfen.
Nachdem am Samstagmittag die Jugendlichen des Points Kerweschlumpel Esmeralda Theresia auf den Kerweplatz brachten, spendierte Bürgermeister Gunther Hoffmann Freifahrten als Dankeschön. Am Abend rockte es dann in der Alten Turnhalle. Der Point hatte anlässlich seines 25-jährigen Bestehens zum Kerwerock mit der Band „Get Laid“ eingeladen – und dass da die Post abging, war klar.
Lebkuchen und Schaumküsse
Wer es gemütlicher wollte, fand sich am Samstag in der AWO-Begegnungsstätte zu Zwiebelkuchen, neuem Wein sowie Kaffee und Kuchen ein. AWO-Topmodels präsentierten dazu aus dem Fundus der Kleiderstube eine großartige Modenschau.
Wer die Wahl hatte, hatte die Qual bei den vielen Genüssen, die auf der Kerwe von Familie Horst aus Frankfurt angeboten wurden. Schaumküsse in allen Variationen oder gebrannte Mandeln lockten eher die älteren Kerwebesucher. So manches Lebkuchenherz wurde der Liebsten umgehängt. Mit einem Schaumkuss als Wegzehrung in der Hand wurde der Heimweg angetreten. Und hungrig blieb an allen Tagen natürlich auch niemand.
Vermisst wurde der Bewirtungsstand des Heimatvereins. 2019 hatten sie, nicht ahnend, dass durch Corona alle Veranstaltungen abgesagt wurden, letztmals die Kerwebesucher bewirtet. 32 Jahre hatten sie das mit viel Engagement getan. Schweren Herzens gab man die Bewirtung an den SC Olympia Neulußheim ab. Zeit, Kraft und Helfermangel machten diesen Schritt leider nötig.
Bereits zur Eröffnung starteten die zahlreichen Helfer des SC Olympia in ihrem Bewirtungszelt und ihrem modernen Getränkeausschankwagen. Bis zum Kerwemontag werden Weck, Worscht und Woi angeboten. „Ein großes Erbe, das wir antreten“, so der stellvertretende Vorsitzende Manuel Schromm am Eröffnungstag. „Mit unseren vielen Ehrenamtlichen wollen wir das gerne übernehmen und die Tradition der Kerwebewirtung weiterführen.“
SC Olympia übernimmt das Ruder
Auch die Tradition, Bewohner des Hauses Edelberg zu Kaffee und Kuchen nach ihrem Rundgang am Kerwemontag einzuladen, sei Ehrensache, so der Vorsitzende Jens Brömmer. Dankbar war auch die Vorsitzende des Heimatvereins Brigitte Koch-Brömmer, der es gelungen war, mit dem SC Olympia eine gute Nachfolge zu finden. Und dass die Kerwebesucher dieses Angebot annahmen, sah man an den vielen zufriedenen Gesichtern.
Ganz ohne Heimatverein geht es natürlich nicht. Tradition hat der Luftballwettbewerb, der an zwei Tagen viele Kinder und Jugendliche anlockte, die ganz fachmännisch nach dem günstigsten Platz und den Windverhältnissen für das Loslassen ihres Ballons Ausschau hielten. Man darf gespannt sein, welcher Ballon die weiteste Strecke fliegt.
Da saß sie nun, die Lieblichkeit in Person, die amtierende Kerweschlumpel Esmeralda Theresia, und schaute sich auf dem Messplatz um. Zwei Jahre lang hatte sie wegen Corona auf das Kerwetreiben verzichten müssen. Und man wird ja nicht jünger, so ihre Aussage – und ihr Dasein sei ja ohnehin nur von kurzer Dauer. Mit einem lachenden und weinenden Auge blickt sie bereits auf den Abend des Kerwemontags. Unter großem Wehklagen und der Sicherung der Freiwilligen Feuerwehr wird um 19 Uhr mit ihrer Verbrennung tränenreich Abschied genommen. Aber sie ist voller Hoffnung, dass auch in 2023 wieder mit vollem Programm Kerwe in Neulußheim gefeiert wird.
Die Kerwe endet mit dem Familientag am Kerwedienstag, wo zu ermäßigten Preisen die Fahrgeschäfte genutzt werden können, und das „Aktiv im Alter“-Team lädt die Senioren zum Kerwefeiern um 15 Uhr ins evangelische Gemeindehaus ein.
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