Neulußheim. Ihren ersten Arbeitstag in der Landarztpraxis hatte sich Dr. Grünspan wahrlich beschaulicher vorgestellt. Als der profilneurotische und chauvinistische Ortsbürgermeister samt Mutter und Ehefrau auftauchte, dazu noch Pfleger Berni aus dem PZN Wiesloch mit drei Patienten, da ging es hoch her in der Praxis.
Die „Iwwerzwerche“ hatten zum jährlichen Angriff auf die Lachmuskeln eingeladen und feierten in der ausverkauften Rolf-Heidemann-Halle Premiere mit dem Stück „Schmerz lass nach“. Autorin Jasmin Leuthe hatte drei turbulente Akte geschrieben, die die Schauspieltruppe mit viel Herzblut auf die Bühne zauberte. Zunächst richtete sich Dr. Grünspan (gespielt von Sigrid Günther) zusammen mit Sprechstundenhilfe Doris (resolut von Marianne Fritzmann dargestellt) auf ihren ersten Arbeitstag in der neu übernommenen Praxis ein. Keine der beiden ahnte, was in den nächsten Stunden auf sie zukommen sollte.
Turbulenter Start in der Landarztpraxis
Klaus Pelzl hatte zusammen mit seiner Ehefrau ein bezauberndes und detailverliebtes Bühnenbild geschaffen, das hälftig aus Arzt- und Wartezimmer bestand. Darin fand sich der Bürgermeister des Ortes, Fritz Gscheidle mit Ehefrau Anni und Mutter Rosa ein. Ihn plagte offensichtlich ein Hexenschuss aber eigentlich wollte er seine Mutter einem Demenztest unterziehen, da er sie gerne im Altersheim sehen würde und sich selbst in ihrem Haus. Gscheidle wurde sehr überzeugend von Steffen Gollinger gespielt und als seine Frau Anni gab Stefanie Zimmermann ihre gelungene Schauspielpremiere. Angela Edelmann überzeugte als Mutter Rosa, sympathisch und überhaupt nicht dement.
Die drei hätte man ja vielleicht noch in den Griff bekommen können, aber da tauchte Pfleger Bernie aus dem PZN Wiesloch auf. Er hatte drei „Neuzugänge“, die eine Erstuntersuchung bräuchten, informierte er Sprechstundenhilfe Doris. Es dauerte eine ganze Weile, bis er sein Anliegen formuliert hatte, denn Bernie hatte einen immensen Sprachfehler. Gleich nahm sich Dr. Grünspan seiner an und mit Chakrenstimulationen und letztlich einem kräftigen Schlag auf den Hinterkopf hatte sie den Sprachfehler im Handumdrehen kuriert. Nun konnte Bernie (sehr köstlich von Klaus Pelzl gespielt) endlich der angebeteten Doris seine Liebe gestehen.
Patienten halten Sprechstunde in der Praxis
Das Chaos kam mit den drei Patienten aus dem PZN Wiesloch, die nacheinander auftauchten. Da war Kalle, der mit seinen multiplen Persönlichkeiten eigentlich schon zu viert war, Bibi Hundini, die sich für die größte Zauberin der Welt hielt und Klara, die allerhand imaginäre Haustiere mit dabeihatte. Werner Schattke als Kalle hatte alle Hände voll zu tun. Nicht nur musste er sich für seine wechselnden Charaktere umziehen, nein, jeder hatte auch noch einen eigenen Dialekt. Egal, ob als Franzose, als Bayer oder Schweizer Professor für Psychiatrie – er amüsierte das Publikum über alle Maßen.
Klara (Silke Barthels) hatte sowohl ihren Hund als auch ihr Pony mit dabei. Natürlich konnte nur sie die Tiere sehen und Bibi, die große Zauberin (engagiert von Martina Hahn dargestellt) hatte für alles einen Zauberspruch. Mit ihrer Voodoo-Puppe brachte sie nicht nur Pfleger Bernie zum Zappeln, auch der Bürgermeister bekam ein paar ordentliche Seitenhiebe ab. Als Dr. Grünspan zu einem Notfall gerufen wurde, übernahmen kurzerhand die drei Psychiatrieinsassen die Praxis.
Spannende Wendungen und offene Fragen
Bleibt natürlich die Frage, ob Dr. Grünspan ihre Praxis wieder zurückbekommen hat, Mutter Gescheidle nun Demenz hat oder nicht und ob Ehefrau Anni in Zukunft andere Seiten mit ihrem Mann aufzieht. Das dürfen die Zuschauer bei den weiteren Aufführungen selbst herausfinden. Das Stück unter der Regie von Johannes Lake mutete sehr szenisch an und man wünschte sich etwas mehr Tempo und Spielfluss. Die Aufregung der Premiere bescherte ein paar Texthängerchen, die das Publikum aber großzügig verzieh. Schließlich sollte Souffleuse Marion Oerther auch ein bisschen was zu tun haben.
Es gab reichlich Applaus zum Abschluss und die „Iwwerzwerche“ hatten alles in allem den Gästen einen lustigen Theaterabend geboten.
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