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Zwischenbilanz in Neulußheim: Infrastruktur erhalten und ausbauen

Die Fraktion der Freien Wähler begrüßt den Bau der Kultur- und Sporthalle. Beim Klimaschutz auf Notwendigkeit und Zumutbarkeit achten.

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Schon früh haben sich die Freien Wähler für Luftfilter in der Lußhardtschule starkgemacht, auch wenn sie hierfür keine Mehrheit fanden. Nun begrüßen sie, dass die Geräte doch noch angeschafft werden sollen. © Lenhardt

Neulußheim. Eine ausführliche Bilanz ihrer Arbeit in der Sitzungsperiode des Gemeinderates seit 2019 ziehen die Freien Wähler. Gemeinsam mit seinen Fraktionskollegen Heinz Kuppinger, Antje Söhner, Dr. Karl-Ludwig Ballreich und Holger Eißler stellte sich Fraktionssprecher Sven Nitsche den Fragen der Redaktion. In dem Interview lassen wir ihn stellvertretend für seine Fraktionskollegen zu Wort kommen.

Sind Sie mit dem bisher Erreichten zufrieden?

Sven Nitsche: Ob wir zufrieden sein können entscheiden unsere Bürger, denn unsere Arbeit im Gemeinderat ist ja darauf ausgerichtet, für die Menschen in der Wohngemeinde ein Umfeld zu schaffen, in dem sie sich wohlfühlen. Unser Grundverständnis ist es deshalb nicht, eine fünfjährige Amtszeit „abzuarbeiten“, sondern permanent den Lebensraum unserer Bürger zusammen mit ihnen je nach Möglichkeiten und Notwendigkeiten zu gestalten. Dazu gehören die Pflege und Erhaltung der kommunalen Einrichtungen wie Gebäude und Straßen, die Schaffung guter Rahmenbedingungen wie Kinderbetreuung und schulische Einrichtungen, eine gute Versorgung, beispielsweise mit Wasser, Strom und schnellen Internetleitungen, eine funktionierende Infrastruktur sowie Freizeitangebote. Dies alles unter Abwägung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses beziehungsweise der Machbarkeit und Zumutbarkeit.

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Wir haben seit der Kommunalwahl die neue Sport- und Kulturhalle sowie den Anbau an das Haus der Feuerwehr auf den Weg gebracht. Zwei wichtige Ortsstraßen sind bald wieder komplett erneuert einschließlich der Leitungen im Untergrund. Das Haus Kunterbunt an der Lußhardtschule ist fertig. Bei der Gemeindebücherei haben die Nutzer zusätzlich Zugriff auf eine riesige regionale Datenbank bekommen. Und dank unserer Vereinsunterstützungen konnten einige Vereine ihre Einrichtungen sanieren.

Die neue Kultur- und Sporthalle wurde von Ihnen unterstützt, was erhoffen Sie sich von den zusätzlichen Hallenkapazitäten?

Nitsche: Eine neue Sport- und Veranstaltungsfläche für Bewährtes und Neues. Wir haben Sportvereine und aktive Gruppen, die derzeit die vorhandene Halle gar nicht nutzen können und in anderen – deutlich ungeeigneteren Räumen – trainieren müssen. Diese sollen zunächst mit der neuen Halle und den damit geschaffenen zusätzlichen Kapazitäten in den „Genuss“ von guten Trainings- und Spielmöglichkeiten kommen. Aktive Gruppen und Vereine haben die Möglichkeit, durch die zusätzliche Halle bei Veranstaltungen und Turnieren flexibler zu agieren.

Wichtig ist uns aber auch, dass für kulturelle Aktivitäten ein optimaleres Umfeld geschaffen wird. Musik- und Gesangvereine haben bisher ähnlich wie Theatergruppen mit Lußhardtschule, alter Turnhalle oder evangelischer Kirche zwar Auftrittsmöglichkeiten genutzt. Die Kulturhalle soll dafür aber einen Rahmen mit entsprechenden Zuschauerkapazitäten und anschließenden Verweilmöglichkeiten bieten.

Und wir sind gespannt, welche neuen Nutzungen sich ergeben werden wie Tagungen, Seminare, Fachmessen und Ähnliches, wenn dann die Möglichkeit dazu vorhanden ist.

Stichwort Carl-Benz-Straße: Sie sprachen sich gegen weitere Baumpflanzungen aus, warum?

Nitsche: Kommunalpolitik sollte Positives und Negatives abwägen, denn sie findet im Lebensraum der Menschen statt und greift auch dort ein. Gerade in der Carl-Benz-Straße haben wir eine schmale Straße, bei der nur auf einer Seite eine Parkmöglichkeit besteht. Und wir Freien Wähler wollen keine künstlich erzeugte Stellplatzknappheit. Nicht alle Einfahrten sind bauartbedingt so breit, dass man in den Hof fahren kann. Vor allem aber haben wir in der Carl-Benz-Straße üppige Vorgärten und damit bereits eine grüne Lunge. Über dreißig Bürger haben sich in einer Unterschriftenliste gegen die Baumscheiben ausgesprochen. Wenn man so etwas nicht ernst nimmt, stößt man die Menschen vor den Kopf und braucht sich über Politikverdrossenheit nicht zu wundern. Retten diese paar Bäume wirklich die Welt im Vergleich zum Verlust der eh schon knappen Parkplätze? Wir bekommen damit die Autos nicht weg. Das Problem wird nur in angrenzende Straßen verlagert. Dort ist die Situation aber auch bereits angespannt. Wir sind weder pauschal gegen Bäume noch pauschal für Parkplätze, aber gerade in der Carl-Benz-Straße hätte man die paar Bäume, wie von einer Anwohnerin vorgeschlagen und von uns als Antrag eingebracht wurden, beim Tabakkunstwerk pflanzen können.

Übrigens haben wir Freien Wähler in der Vergangenheit Baumpflanzungen an geeigneten Stellen vorgeschlagen, die auch realisiert wurden.

Wie sind Sie mit dem Erreichten bei der Kinderbetreuung zufrieden, sehen Sie noch Handlungsbedarf?

Nitsche: Stillstand bedeutet Rückschritt; daher darf man mit dem Erreichten nie zufrieden sein. Kommunalpolitik nach unserem Verständnis muss ständig hinterfragen, ob Angebote noch zeitgemäß und nutzerorientiert sind. Wir haben eine sehr bedarfsorientierte Kinderbetreuung und sind durch ständigen Austausch mit Eltern und den Einrichtungen im Dialog, ob und wo Verbesserungen gewünscht und erforderlich sind. Beim Haus Kunterbunt und dem Podey-Kindergarten haben wir durch die Anbauten nun wieder eine gestiegene Nachfrage befriedigt. Auch die aktuelle Anschaffung der Luftfilter für die Lußhardtschule, die wir beantragt und für die wir natürlich gestimmt haben, zeigt, dass wir immer für sinnvolle Erneuerungen offen sind. Die Pusteblume hat teilweise neues Mobiliar bekommen, die Markusschule belegt mit dem Keller im Haus B der Alten Schule nun weitere dringend benötigte Räume und wir hoffen, dass wir für den Johanneskindergarten in Zusammenarbeit mit dem Träger bald eine gute Lösung finden. Wir werden auch künftig vieles im Bereich Kinderbetreuung zu leisten und zu entscheiden haben.

Neulußheim ist eine Wohngemeinde. Wie wollen Sie die Attraktivität für Berufstätige steigern? Durch den Ausbau des ÖPNV, der das Pendeln erleichtert?

Nitsche: Wir haben durch den Bahnhof und die verschiedenen Buslinien bereits eine sehr gute und vor allem auch durchgehende ÖPNV-Anbindung. Der Bahnhof ist zudem in ansehnlichem Zustand und fast alle Bushaltestellen sind barrierefrei ausgebaut – noch dazu mit den von uns angeschafften Digitaldisplays. ÖPNV ist Kreis- und Landesaufgabe und liegt daher nicht in unserem Zuständigkeitsbereich – daher können und werden wir hier nichts versprechen. Wir werden aber immer darauf bestehen und nach Möglichkeit darauf einwirken, dass unsere gute Infrastruktur erhalten bleibt und wenn notwendig ausgebaut wird.

Attraktiv ist Neulußheim mit seinem dörflichen Charakter und seinen vielfältigen Einrichtungen und Möglichkeiten unserer Meinung nach generell. Wir haben neben dem ÖPNV gute Verkehrsanbindungen, eine ausgezeichnete Versorgung, vielfältige Freizeitangebote und ruhige Wohnbereiche.

Sehen Sie noch weiteren Bedarf für Baugebiete in der Gemeinde, neben dem bereits in Bau befindlichen in der Zeppelinstraße?

Nitsche: Wir haben bei der Ausweisung neuer Baugebiete keine Eile, zumal wir ja nur noch zwei Wohnbaugebiete, Birkenallee Nord und Lindenstraße Nord, haben. Mit der Zeppelinstraße West wird nun wieder ein Streifen bebaut. Wir sind der Meinung, dass man nicht unbedingt überhastet weiter wachsen muss. Neue Wohnmöglichkeiten gibt es nicht nur durch Baugebiete, sondern auch durch Erneuerungen innerörtlich durch Umbau oder Abriss und Neubau vorhandener Gebäude. Dazu gibt es im Ort auch noch zahlreiche unbebaute Grundstücke, die genutzt werden können.

Jedes Bevölkerungswachstum bedeutet auch einen entsprechenden Bedarf an öffentlichen Einrichtungen. Gerade bei den Kindergartenplätzen ist eine gleichbleibende Auslastung für alle besser leistbar als Belegungswellen. Und was die letzten Freiflächen angeht – wir sollten auch der nachfolgenden Generation noch Entwicklungsmöglichkeiten geben und jetzt nicht alles verbauen und zu Geld machen. Vielleicht sind wir einmal froh darüber, noch unbebaute Grün- und Anbauflächen zu haben.

Welche Punkte wollen Sie in den kommenden zwei Jahren noch abgearbeitet sehen?

Nitsche: Wie schon erwähnt denken wir nicht in Etappen. Beim Thema Klima wird in nächster Zeit sicherlich einiges auf uns zukommen. Hier sollten wir versuchen, eine teilweise schon emotionalisierte Diskussion zu versachlichen und die Themen in Bezug auf Notwendigkeiten und Zumutbarkeiten zielführend angehen. Die Sanierungserfordernisse bei unseren Straßen müssen weiter abgearbeitet werden und wir müssen schauen, ob wir nach der verpassten Chance auf einen Glasfaserausbau für schnelles Internet noch eine Möglichkeit haben, diesen doch noch zu bekommen.

Sehr wichtig ist für uns auch, dass die gesellschaftliche Stimmung, die derzeit durch die Pandemie zum Teil gespalten und aufgeheizt ist, wieder auf ein sachliches, vor allem aber respektvolles Miteinander gebracht wird. Die Differenzierung der Menschen in G-Klassifizierungen, verbunden mit unterschiedlichen Rechten und Freiheiten hat zu großen Diskussionen in Familien, Vereinen und Nachbarschaften geführt. Es gibt auch eine Welt nach Corona, und dort wo Menschen leben und ihre Freizeit verbringen, muss man sich auch gegenseitig respektieren und ein stückweit vertragen. Die Beruhigung dieser mit Ängsten und Emotionen aufgeladenen Stimmung in der Gesellschaft wird uns alle beschäftigen. Kommunalpolitik muss im Gegensatz zur großen Politik die Vorgaben so umsetzen, dass die Menschen damit leben können. Dass sie sich vor allem ihre gewohnte Lebensqualität weiterhin leisten können und ihr Umfeld von einer respektvoll miteinander umgehenden Gesellschaft geprägt ist.

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