Im Porträt

Anna Czinszky aus Oftersheim: Diabetes und Triathlon meistern

Anna Czinszky, die mit Typ-1-Diabetes lebt, hat ihren ersten Triathlon gemeistert und möchte als Inspiration für andere Betroffene dienen, die Krankheit nicht als Einschränkung zu sehen.

Von 
Lukas Heylmann
Lesedauer: 
Anna Czinszky läuft sichtlich zufrieden und erleichtert bei ihrem ersten Triathlon durchs Ziel. © Oswald

Oftersheim. Diabetes ist eine Volkskrankheit. Laut Angaben der Deutschen Diabeteshilfe gab es 2022 in der Bundesrepublik rund elf Millionen Menschen, die mit dieser Diagnose leben. Doch gerade einmal etwa 372 000 davon haben Typ-1-Diabetes, also die Variante, die sie für immer begleiten wird. Und Anna Czinszky, die Sport beim TSV Oftersheim betreibt, ist eine von ihnen.

Die 34-Jährige erfuhr im Alter von sieben Jahren von ihrer Diabetes – ihr immenses Durstgefühl, eins der Symptome der Krankheit, fiel auch in der Schule auf. „Ich habe zeitweise acht bis zehn Liter Wasser am Tag getrunken und musste natürlich entsprechend auf die Toilette“, blickt sie zurück. Ihre Mutter ging daraufhin mit ihr zum Hausarzt, der bei Czinszky einen Blutzuckerwert von mehr als 400 feststellte. Daraufhin änderte sich ihr Leben unwiederbringlich.

Oftersheimerin Anna Czinszky hat Blutzucker immer im Blick

Von da an galt es für das junge Mädchen, regelmäßig ihren Blutzucker durch einen Einstich am Finger zu messen, Mahlzeiten nur zu festgelegten Uhrzeiten zu sich zu nehmen und Insulin zu spritzen, das ihr Körper nicht selbstständig produzieren kann. Mittlerweile ist die Krankheit ein selbstverständlicher Teil von Czinszkys Leben. „Ich kenne mich nur mit Diabetes“, sagt sie und fügt hinzu: „Natürlich kann ich mir ein Leben ohne die Krankheit gut vorstellen, aber sie ist mir auch in Fleisch und Blut übergegangen.“

Informationen zu Typ-1-Diabetes

  • Bei Diabetes handelt es sich um eine Stoffwechselerkrankung. Man unterscheidet zwischen verschiedenen Varianten der Krankheit.
  • Bei Diabetes Typ 1 kann der Körper das lebenswichtige Hormon Insulin nicht produzieren, das für gewöhnlich in der Bauchspeicheldrüse entsteht. Der Mensch benötigt es zur Verarbeitung von Nahrung. Die Variante ist nicht heilbar.
  • Betroffene von Typ-1-Diabetes müssen sich Insulin spritzen, um ihren Blutzuckerspiegel zu regulieren und dadurch auch Erkrankungen, die durch zu hohen Blutzucker ausgelöst werden, vorzubeugen.
  • Symptome für Typ 1 sind unter anderem häufiges Wasserlassen, starkes Durstgefühl, Schwindel und Erschöpfungszustände – ausgelöst durch einen dauerhaft zu hohen Blutzuckerspiegel.
  • Meist beginnt die Erkrankung bereits im Kindes- oder Jugendalter. Die erste Anlaufstelle bei den oben genannten Symptomen ist der Haus- oder Kinderarzt.
  • Neben dem Zuführen von Insulin müssen Betroffene auch sehr darauf achten, was sie an Nahrung zu sich nehmen und wie viel Energie sie durch Bewegung verbrauchen, da all das den Blutzuckerspiegel beeinflusst.
  • Typ-1-Diabetes ist häufig erblich bedingt. Daneben werden Umwelteinflüsse vermutet, die es in der frühen Kindheit auslösen. Treten in den ersten Lebensjahren Viruserkrankungen auf, scheint ein späterer Ausbruch von Typ-1-Diabetes wahrscheinlicher zu sein. lh

Ein anderes wichtiges Thema für sie ist Sport – und das schon seit langer Zeit. „Ich habe früh mit Sportakrobatik angefangen“, berichtet die 34-Jährige. „Meine Eltern, die damals auch noch die ganze Organisation rund um die Diabetes übernommen haben, haben das immer unterstützt, obwohl sie selbst nicht viel mit Sport zu tun haben.“ Für Anna Czinszky ist das nur logisch: „Mir hat Bewegung sehr dabei geholfen, mit meiner Krankheit umzugehen.“

Leicht war das jedoch nicht immer. „Meiner Erfahrung nach denken viele Menschen, dass man sich ja nur spritzen muss und dann alles normal ist. Aber es ist eigentlich jeden Tag eine neue Herausforderung“, erklärt Czinszky. „Man darf nie vergessen, wie viele Faktoren den Bedarf an Insulin beeinflussen, zum Beispiel die genaue Ernährung, Stress oder eben auch Bewegung.“ Deshalb erfordert sportliche Betätigung mit Diabetes auch besonderes Management.

„Als Jugendliche war das besonders nervig für mich, weil ich oft in Trainingseinheiten pausieren musste“, erinnert sich Czinszky. „Damals war es mir auch peinlich und ich habe es eher versteckt. Das mache ich heute nicht mehr, das kam mit dem Erwachsenwerden.“

Der Organisationsaufwand ist jedoch geblieben. „Beim Spritzen gibt es unterschiedliche Varianten: einmal das Basisinsulin, das 24 Stunden wirkt. Zum Essen gibt es dann noch schneller wirksames“, erläutert die leidenschaftliche Athletin. Vor dem Sport sei es außerdem notwendig, zu essen, um ein Defizit zu vermeiden. Dabei muss Anna Czinszky genau berechnen, wie viel Gramm Kohlenhydrate sie zu sich nimmt, was wiederum die notwendige Insulinmenge bedingt.

Mehr zum Thema

2. HardtRun

HardtRun in Oftersheim: Auch 2024 geht es wieder in den Wald

Veröffentlicht
Von
Michael Wiegand
Mehr erfahren
Gesundheit

Monika Garmann aus Reilingen: Triumph des Lebens nach Hirnblutung

Veröffentlicht
Von
Matthias H. Werner
Mehr erfahren
GRN-Klinik

Inkontinenz – Dr. Annette Maleika will in Schwetzingen mit dem Tabu brechen

Veröffentlicht
Von
Marcus Oehler
Mehr erfahren

„Natürlich ist es schon vorgekommen, dass ich falsch berechnet habe und in den Unterzucker gefallen bin“, stellt sie klar. Deshalb schreibt sie sich insbesondere in Verbindung mit Sport genau auf, was sie gegessen hat und wie sich die Aktivität auf ihre Werte ausgewirkt hat. „Es nervt, aber es lohnt sich auch. Der Mehrwert ist viel größer als die Anstrengung. Ich sehe die Krankheit als eine Herausforderung und nicht als eine Einschränkung“, kommentiert die 34-Jährige.

Anna Czinszky aus Oftersheim hat einen Triathlon gemeistert

Diese Einstellung zeigt sich auch bei einer kürzlichen Leistung, auf die Anna Czinszky besonders stolz ist: ihren ersten Triathlon. Auf die Sportart war sie 2021 bei der Teilnahme an einem Schwimmkurs im Schwetzinger Bellamar gestoßen. „Gelaufen bin ich als Hobby schon lange und auch am Rennradfahren hatte ich immer Spaß“, erklärt Czinszky. Eigentlich wollte sie schon 2022 an ihrem ersten Wettkampf teilnehmen, tatsächlich kam es nun erst beim diesjährigen „Summertime Triathlon“ in Karlsdorf bei Bruchsal dazu.

„Im Training bereitet man sich auf die einzelnen Disziplinen unabhängig voneinander vor“, erklärt die frischgebackene Triathletin das Prozedere. So hatte sie also bereits in den vergangenen zwei Jahren für jede Sportart eine Methode gefunden, die passende Nahrungsmenge für die jeweilige Leistung zu errechnen – aber eben nur für jede einzeln. „Ich hatte keine Angst vor dem Wettkampf, sondern einfach nur Interesse. Mein Ziel war es, dauerhaft mit einem gesunden Zuckerwert teilzunehmen.“

Anna Czinszky berichtet in der Redaktion von ihren Erfahrungen mit Diabetes und dem Leben mit dieser Krankheit. © Heylmann

Das ist allerdings nicht ganz einfach, auch deshalb, weil es beim Triathlon vonnöten ist, während des Wettkampfs Nahrung zuzuführen, um das Energielevel aufrecht zu erhalten.

Die erste Schwierigkeit ergab sich direkt bei der Schwimmdistanz. Normalerweise überwacht Czinszky ihren Zuckerwert über einen Glukosesensor am Arm und einer damit verbundenen App – im Wasser ist das freilich nicht möglich. Messen konnte sie also erst in der Wechselzone vor dem Radfahren. „Ich hatte einen Wert von 220, denn durch das Adrenalin steigt der Blutzucker“, erinnert sie sich. Doch letztlich lief alles fast besser als erhofft: Auf die Laufstrecke startete Czinszky mit einem Wert von 112, mit 126 kam sie am Ende nach rund zwei Stunden und 45 Minuten im Ziel an. „Ich war extrem glücklich“, berichtet sie, auch weil sie unter der für sie „magischen Drei-Stunden-Grenze“ gelegen habe, aber vor allem, weil ihre minutiöse Planung in Sachen Diabetes gelungen sei.

Und das soll sozusagen nur der Startschuss gewesen sein. Für 2024 plant Anna Czinsky die Teilnahme an zwei Triathlon-Wettkämpfen. Für sie sei es eine große Inspiration gewesen als der deutsche Tennis-Olympiasieger Alexander Zverev 2022 seine Diabestes-Typ-1-Erkrankung publik gemacht habe. Und auch sie möchte mit ihrer Geschichte motivierend für andere Betroffene wirken. „Man hört immer nur, was mit Diabetes alles nicht geht, zum Beispiel soll man nicht tauchen oder kann keinen Pilotenschein machen. Mir ist es wichtig, mich durch die Krankheit nicht zurückwerfen zu lassen“, erklärt sie. Und das hat Anna Czinsky bereits eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Copyright © 2025 Schwetzinger Zeitung