Oftersheim/Schwetzingen. Im März dieses Jahres hatte sich die Ortsgruppe Schwetzingen des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), die auch für Oftersheim, Brühl, Ketsch und Plankstadt zuständig ist, neu gegründet (wir berichteten). Nun lud die Gruppe zum ersten „Radeltreff“ in das evangelische Gemeindehaus ein. Das treffen soll ab sofort immer am letzten Donnerstag im Monat stattfinden. Dabei sollen sich die Radbegeisterten austauschen und interessante Informationen erhalten – und das künftig in jeweils einer anderen Gemeinde
„Der ADFC nennt die Zusammenkünfte eigentlich ‚Radlertreff‘. Bei unserer Namenswahl ‚Radeltreff‘ handelt sich aber um keinen Schreibfehler. Wir haben gegendert, um niemanden auszuschließen“, so Ortsgruppen-Vorstand Florian Reck. Mit rund 140 Mitgliedern sei man gestartet, jetzt gebe es schon 154, so Reck weiter, der ergänzte: „Bis zum Jahresende wollen wir die 200er-Marke knacken.“ Nach einer Vorstellungsrunde folgten zwei Impulsvorträge unter dem Motto „(Wie) geht das?“ Den Anfang machte Vorstandsmitglied Dr. Uwe Reichert, der zum Thema „Urlaub mit dem Fahrrad“ sprach und seine Worte durch Fotografien bereicherte.
Mit seiner Frau sei er von der Insel Fehmarn über Dänemark nach Stockholm geradelt. „Urlaub mit dem Rad ist von der ersten Minute an Urlaub pur. Man benötigt nicht, wie sonst, einige Zeit, um ‚hineinzufinden‘“, betonte er. Da ginge es sofort um „Basics“, wie, wo man etwas zu essen finde und wo man schlafen werde. Dänemark sei wunderschön, aber alles andere als flach. „Der höchste Berg ist nur 70 Meter hoch, aber es ist hügelig. Auf Gefälle folgt sofort der Anstieg“, so Dr. Reichert.
Manchmal seien Campingplätze auch nicht da, wo man sie vermutete. Dann gebe es im Zweifelsfall „Shelters“ – Notunterkünfte, die auch schon mal ein umgedrehtes Boot sein könnten. So unterwegs zu sein habe eine ganz andere Qualität, denn man habe viel mehr Zeit und Möglichkeiten, Naturschönheiten und Kulturelles zu genießen. Nach seiner Reise ist er sich sicher: „Die Skandinavier sind uns, was das Radfahren angeht, um 30 Jahre voraus“, denn die Infrastruktur dort sei für Radler viel besser. Auch solle man nicht alles im Voraus durchplanen, denn ein Hauch von Abenteuer und Flexibilität wären gut.
Gewinn an Lebensqualität
Großes Interesse weckte auch der Vortrag des Schwetzingers Erwin Tenhumberg. Mitte Februar dieses Jahres habe er seinen Firmenwagen abgegeben, der das einzige Automobil in der Familie gewesen war. Nun seien er, seine Frau Stephanie und die beiden Kinder „autofrei“ und nur noch mit dem Rad, öffentlichen Verkehrsmitteln und zu Fuß unterwegs. Vor dem großen Schritt habe sich die Familie alles ganz genau überlegt und Listen mit Gründen dafür und dagegen erarbeitet. Man gewinne auf jeden Fall viel Lebensqualität. „Es kommt bei einem solchen Schritt auch darauf an, wo man wohnt und wie gut alles erreichbar ist. In Schwetzingen fällt der Schritt sicher leichter als anderswo“, gab er zu. Der SAP-Angestellte schilderte ein Schlüsselerlebnis. Zweimal im Jahr veranstalte sein Arbeitgeber einen „Mobility Day“, an dem E-Bikes und Elektroautomobile ausgestellt seien. „Ich überlegte, ein Elektroauto zu nutzen. Aber diese Blechwand vor mir fühlte sich nicht gut an“, so Tenhumberg, der betonte: „Autofrei zu leben, heißt nicht, ganz ohne Auto zu leben.“
Manchmal bedienten sie sich auch des Carsharings, wenn ein Zielort kaum mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen oder Sachen zu transportieren seien. So seien sie auch in den Urlaub nach Holland gefahren und hätten Fahrräder vor Ort gemietet. Um den Kindern das Fahrradfahren noch schmackhafter zu machen, gebe es auch schon mal 30 Cent pro Kilometer, „und ab und zu auch 60 Cent, wenn das Wetter nicht gut ist und drei Euro pro Stunde Bahnfahrt“, verriet er als positiven Anreiz. Zur Arbeit fahre er mit dem E-Bike und erläuterte: „Dann komme ich bis zum Ziel nicht ins Schwitzen. Und bei schlechtem Wetter unterstütze ich auch schon mal den ÖPNV.“
Kritik übte er an nicht gut gemachten Lösungen für Radfahrer: „Bei den Fahrradstraßen gibt es große Unterschiede. Die in Schwetzingen ist halbherzig und nicht gut gemacht. Daher wird sie wenig genutzt.“ In der Runde war man sich einig, dass dem Radverkehr mehr Priorität eingeräumt werden sollte, da die Bevorzugung des Autoverkehrs Fakt sei. Vorstandsmitglied Norbert Theobald kritisierte den schleppenden Ausbau von Radschnellwegen und kommentierte: „Das ist wie bei Windrädern. Die einen wollen sie, die anderen nicht.“
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