Oftersheim. Sie ist vorbei, die „Ofdascha Kerwe“. Die Kerweschlumpel, in diesem Jahr „Marie von der Zirkuswies“, wurde am Dienstagabend unter großer Anteilnahme der Bevölkerung und von Honoratioren, darunter Bürgermeister Pascal Seidel, von den Kerweborscht begraben. Der erste „Kerwekaplan“ der Hardtgemeinde, Ingo Paul, betonte „die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit“ zu sagen. Humorvoll blickte er auf die letzten zwölf Monate zurück und sparte nicht mit Kritik, die, so launig sie vorgebracht wurde, dennoch auch zum Nachdenken anregte.
Paul trat mit Ernst vor die „Trauergemeinde“, in der Hand ein spezielles „Zepter“, das man sonst eher auf dem stillen Örtchen findet und verteilte „Hostien“: die Fläschchen Hochprozentiges. Immer wieder müsse man sich vor Augen halten, so meinte er, dass das Leben ernst genug und dass man sich gegenseitig respektiere und miteinander reden wichtig sei. Nur dann sei Kerwe ein wunderbares Erlebnis für „Groß und Kläää“. „Marie von der Zirkuswies“ sei, dem Arbeitskreis für Brauchtum sei Dank, mit Grazie und Schönheit ausgestattet worden, so wie „kaum eine Kerweschlumpel vor ihr“. „Aber ihr Temperament ließ sie gleich mol aus der Schääse-Versicherung rausfliege“, betonte er. Zu viele Autospiegel seien abgerissen und Dellen in Autotüren gefahren worden. Was solle man dazu sagen: „Wir waren ja auch mal jung.“
Und zu viel spiele sich im Internet ab. Man müsse auch an die Leute denken, die das nicht hätten: „Do steht alles in Facebook, awwer am Ortseingang kannsch nix lese!“ Viel Schönes gebe es im Ort, wie die 100-Jahr-Feier der Feuerwehr. Aber beim Hineinfahren sei darüber nichts gestanden. „Bei der 1250-Jahr-Feier isch’s doch a gegangä“, so Paul.
„Man kann auf unser Ofdasche stolz sei und soll des a zeigä“, kommentierte der Kerwekaplan, der, wie nach jedem Punkt, die Arme nach oben riss und meinte: „Äfach mal driwwa nochdenkä!“ Und alle stimmten mit ein. Zu den Baumstämmen, die auf Bahngleise gelegt worden waren, meinte er: „Wie blääd muss man dafür sei und dafür, dabei Groß und Klein zu gefährde?“ Wer nicht ausgelastet sei, solle sich lieber in Vereinen oder an Reinigungsaktionen beteiligen. Noch schlimmer: Für manche sei der Friedhof ein Selbstbedienungsladen. „Isch hab mol gelernt, dass man Reschpeggd vor manche Orte hat.“ Einen Ausblick wolle er auch wagen, hinsichtlich der Parkplatzprobleme. Die Gemeinde richte eine „Task Force“ dafür ein und jeder könne mitwirken: „Jetzt bin isch doch mol g’spannd, ob die, die in Facebook sich immer auslosse do a mitmache.“
Dass gewerbliche Kleinlaster sich auf ihr Firmengelände oder den Messplatz stellten, anstatt anderswo alles zuzuparken, wäre ein Anfang. Und dort, wo zwei private Pkw stünden, hätten, mit etwas Rücksicht, auch drei Platz. Wenn jeder mitmache, dann sollte auch das Parkplatzproblem zu lösen sein. „Isch sitz in da Käärsch und wart uff dä Parrer un der kummd ned“, sang er den nächsten Punkt einleitend. Schmunzeln habe er müssen, als der hiesige Pfarrer keine Zeit für einen Gedenkgottesdienst gehabt und der auswärtige Geistliche Oftersheim einfach vergessen und die Trauernden allein in der Kirche habe sitzen lassen. Auch damit seien die Oftersheimer zurecht gekommen.
Leute sind stolz
Die „Schlumpel“ habe ihm gesagt, er solle mit Positivem schließen: „Seit Jahren redde mir davon, dass wir Traditionen und Bräuche beibehalten wollen. Ohne Nachwuchs geht’s ned!“ So viele Kerweborschd in diesem Jahr seien ein tolles Zeichen, dass sich die Leute mit „Ofdasche“ identifizierten und stolz darauf seien. Er appellierte, sich mehr in Vereinen und in der Gemeinde zu engagieren, um so „Wir sind Oftersheim“ zu leben, „oder auf ‚Neudeutsch‘: ‚Make Ofdaschä great again!‘“ Mit den Worten „Gesegnet sei die Ofdascha Kerwe“, beendete er seine Rede. Es folgte gemeinsames Singen und der „Leichenschmaus“ im Schützenhaus.
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