Gemeinderat

Moderne Lösung für historische Straßennamen in Eppelheim

Die Entscheidung des Eppelheimer Gemeinderats zum Umgang mit belasteten Straßennamen beinhaltet die Beibehaltung der Namen mit ergänzenden Hinweisschildern, um die historische Zeit sichtbar zu machen und eine kritische Auseinandersetzung zu ermöglichen.

Von 
Volker Widdrat
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Eppelheim. Zwei Sitzungen einer Arbeitsgruppe, ein Workshop mit Anwohnern, eine Umfrage, eine Erörterung mit ansässigen Gewerbebetrieben – und jetzt die Entscheidung des Eppelheimer Gemeinderats zum Umgang mit belasteten Straßennamen. Die Umfrage sei „sinnvoll und wichtig“ gewesen, sagte Bürgermeisterin Patricia Rebmann in der gut besuchten Sitzung.

Die Geschichte der Namenspaten der Straßen und Wege in Eppelheim war ausgiebig untersucht worden: Wernher von Braun, Carl Diem, Friedrich Ludwig Jahn und Hermann Löns waren dabei im Fokus geblieben. Die Umfrage mit den beigefügten Lebensläufen des jeweiligen Namenspaten war anonymisiert an Haushalte und Gewerbebetriebe gegangen. Alle Anwohner sowie interessierte Einwohner waren zudem zu einem Workshop eingeladen worden. In der Wernher-von-Braun-Straße beispielsweise waren 112 Haushalte und Gewerbebetriebe angeschrieben worden. Davon hatten allerdings 83 nicht geantwortet, 14 hatten sich für eine Belassung des Straßennamens mit erklärender Ergänzung an geeigneter Stelle ausgesprochen. Die Verwaltung empfahl nun die Beibehaltung der Straßennamen mit einer entsprechenden Ergänzung, „auch um den finanziellen und zeitlichen Aufwand für Adressänderungen in allen privaten und geschäftlichen Bereichen zu vermeiden“. Gegebenenfalls entstehende Kosten würden übernommen, falls es zu einer Änderung kommen sollte, hieß es vor der Abstimmung. Die Dossiers der vier Namenspaten waren dem Beschlussvorschlag beigefügt. Aufgeführt waren „Erfolge, Großtaten, Leistungen“ ebenso wie die Aufstellung, was „kritisch zu betrachten“ sei. Der Gemeinderat müsse nun abwägen, meinte Rebmann: „Das liegt heute Abend auf Ihren Schultern.“

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Straßennamen seien „im Spiegel ihrer Zeit entstanden“, sagte Claus Reske (SPD). Eine Umbenennung könne erfolgen, „wenn neue historische Bewertungen vorliegen“. Eppelheim habe dem Interesse der Bürgerschaft entsprochen, in diesem Fall die Kosten zu übernehmen. Reske plädierte für den Verwaltungsvorschlag und einen zusätzlichen QR-Code auf den Schildern: „Es sollte dabei um Aufklärung gehen, nicht um Tilgung. Die historische Zeit muss sichtbar gemacht werden, um sich damit auseinandersetzen zu können.“

Differenzen im Eppelheimer Gemeinderat: Zwischen Erhalt und Veränderung

Claudia Grau-Bojunga (Grüne) fand den Kompromiss gut. Sie hätte aber lieber gehabt, „wenn belastete Namen aus dem Stadtbild verschwinden würden“. Volker Wiegand: „Ein Hinweisschild mit Erklärungsinformationen ist sinnvoll.“ Die Maßnahme bringe „den gewünschten Effekt einer kritischen Neureflexion der schwierigen historischen Persönlichkeiten“. Bernd Binsch (Eppelheimer Liste) war dafür, „die Straßennamen ohne Erklärungen zu belassen“. Es sei nicht klar, welche Punkte auf den Tafeln aufgeführt werden sollen. Man werde sich aus Platzgründen mit Kompromissen und „vorwiegend Negativem“ abfinden müssen. Die Befragung der betroffenen Bewohner habe zudem kein eindeutiges Bild ergeben.

Die Bürgermeisterin wandte sich an die anwesenden Schüler und berichtete von einem „enormen Eingriff“ bei der Umbenennung von Straßen in Mannheim-Rheinau: „Diese Menschen sind so gewesen. Wir sollten nicht leugnen, was wir waren und mit den Hinweisschildern kritisch erinnern.“ Das brachte Christa Balling-Gündling (Grüne) in Rage. Im Dritten Reich seien beileibe nicht alle Menschen mit der Diktatur einverstanden gewesen. Gott sei Dank habe es damals auch engagierte Bürger gegeben. Der Raketeningenieur von Braun sei auch SS-Mitglied gewesen. „Sie tragen eine Schuld, die Sie gar nicht tragen müssen“, entgegnete Rebmann.

Dem Vorschlag, einen QR-Code mit aufzunehmen, wurde stattgegeben. Der Beschlussvorschlag bekam zwei Gegenstimmen der Eppelheimer Liste. Balling-Gündling enthielt sich.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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