Oftersheim. Selbst ein im Grunde wohlwollender und eigentlich positiv besetzter Begriff wie „geordnetes Chaos“ würde der Kleiderstube des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) im Oftersheimer Rettungszentrum Unrecht tun. Denn auch wenn Leiterin Jutta Gerstel-Cashi im Vorfeld warnt, dass alles im Anschluss an die Öffnungszeiten ganz schön durcheinander sei, ist es ein sehr ordentliches und mengenmäßig beeindruckendes Bild, das die Einrichtung bietet - und das am ersten Öffnungstag nach der Sommerpause.
Die Masse an Kleidung, die in Regalen und an Ständern zu finden ist, ist nicht ungewöhnlich, wie sie bestätigt. „Auch in der Schließzeit mussten wir zwei- bis dreimal in der Woche draußen die Kleidercontainer leeren“, berichtet Gerstel-Cashi. „Die würden sonst überquellen.“ Wenn die Kleiderstube ihre regulären Öffnungszeiten zweimal pro Woche hat, kommt zu den zahlreichen Spenden via Container noch das hinzu, das Menschen vorbeibringen wenn die Türen offen stehen.
Das zwölfköpfige Team leistete bisher mehr als 3000 ehrenamtliche Arbeitsstunden
Doch die Masse an Material bringt freilich auch ein gewisses Arbeitspensum mit sich. Seit die Kleiderstube im neuen Rettungszentrum ihre Bleibe gefunden hat, sind laut Hans Dilger, seines Zeichens DRK-Ortsvorsitzender, mehr als 3000 ehrenamtliche Arbeitsstunden des zwölfköpfigen Teams in das Projekt geflossen.
Diese beschränken sich dementsprechend nicht auf die sechs Öffnungsstunden in der Woche. Es gehe vor allem auch um das Sichten, Sortieren und Einräumen der zahlreichen Spenden, wie Jutta Gerstel-Cashi erklärt. Dilger fügt hinzu: „Die Menschen wollen ihre Sachen weg haben, weil sie einen Schrank schnell leerbekommen wollen zum Beispiel.“ Damit spielt er darauf an, dass zwar manches nicht im besten Zustand ankommt, aber, wie Leiterin Gerstel-Cashi bestätigt, das meiste eben schon. „Gerade wenn die Kleider von älteren Menschen kommen oder von Hinterbliebenen, ist manches sogar noch eingepackt vom Kauf.“
Dazu kommen noch Sonderanfragen der Verwaltung. „Wir stellen auch Kleidungsstücke für Menschen bereit, die zum Beispiel nach einem Brand nicht mehr in ihre Wohnungen können“, berichtet sie. Und das kann dann nicht warten bis zum nächsten Tag oder bis die Kleiderstube wieder geöffnet hat - sondern es muss sofort passieren. Das galt auch in einem weiteren Fall, an den Dilger und Gerstel-Cashi sich erinnern: Damals kamen Menschen aus der Ukraine in Oftersheim an - verletzt. Die Flüchtlinge mussten nach Ludwigshafen ins Krankenhaus gebracht werden, das DRK stellte ihnen Kleidung zur Verfügung.
40 bis 60 bedürftige Menschen kommen während der Öffnungszeiten im Rettungszentrum
Während der Öffnungszeiten besuchen im Schnitt 40 bis 60 Menschen die Räumlichkeiten im Rettungszentrum. Das Angebot richtet sich grundsätzlich an Bedürftige, allerdings hat das DRK - anders als beispielsweise der Schwetzinger Tafelladen „Appel + Ei“ - keine maßgebliche Möglichkeit, Nachweise zu verlangen oder zu kontrollieren.
Allerdings gibt es die Vorgabe, dass jede Person nur vier Mal pro Monat die Kleiderstube besuchen und dann jeweils drei Teile mitnehmen darf. Für jeden Besuch gilt dabei zusätzlich ein zehnminütiges Zeitfenster. „Manche sind nach ein paar Minuten schon wieder draußen“, berichtet Gerstel-Cashi. Mit leeren Händen geht eigentlich niemand. Das liegt sicher auch am Konzept der Kleiderstube: „Alles geht kostenlos hier rein, also geht es auch kostenlos wieder raus“, fasst Hans Dilger lapidar zusammen.
Da das DRK für die Räume der Kleiderstube keine Miete zahlen muss - worüber sich die Ehrenamtlichen im Übrigen sehr dankbar zeigen - kann und soll auch kein Profit erwirtschaftet werden. Die Kleidung kommt als Spende an und geht ohne Bezahlung an Bedürftige heraus.
Die einzige kleine Ausnahme sind Kleidungsstücke, die nicht verwertbar wären. „Das können wir veräußern“, erklärt der Vorsitzende des Ortsverbands. „Das geht dann in die Industrie.“ Auch hier gilt allerdings eine Regel, was mit den Einnahmen passieren muss: „Sie gehen an den Ortsverein und wir setzen sie entsprechend ein, sei es in der Jugendarbeit oder für Dinge, die wir benötigen, zum Beispiel Funkgeräte oder Verbandsmaterial.“ Es gilt also: Alles fürs Gemeinwohl.
Grundsätzlich gilt für die Arbeit laut Jutta Gerstel-Cashi folgender Leitspruch: „Man muss es mit Herzblut machen.“ Das ist, da sind sie und Hans Dilger sich einig, für das Ehrenamt allgemein wahr. „Früher gab es eigentlich in jeder Ortschaft so eine Kleiderstube“, erinnert sich der Vorsitzende. „Aber die Bereitschaft fürs Ehrenamt geht nun mal generell zurück. Wenn jemand beim DRK ist, muss ich eben wissen, dass ich die Person für einen Einsatz auch nachts um halb zwölf aus dem Bett holen kann.“
Zum Abschluss hat die Leiterin der Kleiderstube noch eine Nachricht für die Bedürftigen, für die das Angebot existiert: „Scheuen Sie sich nicht.“ Denn so viel Arbeit es für die Ehrenamtlichen ist, letztlich machen sie diese - und das merkt man in jeder ihrer Aussagen - für die Menschen, die darauf angewiesen sind.
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