Restaurants

Oftersheimer Gastronomen kritisieren die Mehrwertsteuer scharf

Um die Gaststätten zu unterstützen, senkte während Corona der Staat die erhobene Mehrwertsteuer von 19 auf sieben Prozent. Ein Schritt, den sich Gastronomen aus Oftersheim auch anlässig der Inflation wünschen würden.

Von 
Marco Montalbano
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Vangelis (l.) und Konstantinos Nasios betreiben gemeinsam das Restaurant Artemis. Sie fordern die Wiedereinführung des reduzieren Mehrwertsteuersatzes für den Vor-Ort-Verzehr in der Gastronomie. © Marco Montalbano

Oftersheim. Das Leben wird teurer und die Menschen gehen daher tendenziell weniger häufig ins Restaurant essen. Und falls doch, wird oft weniger ausgegeben. Um die Gaststätten zu unterstützen, senkte während Corona der Staat die auf vor Ort verzehrte Gerichte erhobene Mehrwertsteuer von 19 auf sieben Prozent. Vollmundig versprach Bundeskanzler Olaf Scholz vor seiner Wahl in einer Talkshow: „Das schaffen wir nie wieder ab.“ Ein Versprechen, das Anfang des Jahres gebrochen wurde. Unsere Zeitung sprach mit Gastronomen vor Ort. Die Stimmung ist durchwachsen und geht von Wut über das Setzen auf Wandel bis hin zum direkten Dialog mit der Politik.

In einigen Gemeinden der Gegend haben Gastronomen schon das Handtuch geworfen oder werden dies in nächster Zeit tun. Doch wie sieht es in der Hardtgemeinde aus? Platzhirsch ist, mitten im Zentrum, das Aquila, Pizzeria und Eiscafé. Wirt Marco Paladini meint: „Wir haben viele Stammgäste und eine tolle Lage – das ist ein großer Vorteil.“ Aber man merke, dass die Menschen weniger Geld hätten. „Allerdings wird der, der so wie wir die Gastronomie und seine Gäste liebt von Letzteren auch wertgeschätzt, sodass sie immer wiederkommen.“ Über die gestiegene Mehrwertsteuer ist er entsetzt. Denn das sei eine wichtige Unterstützung gewesen vor allem wegen der fortlaufend steigenden Kosten – vom Einkauf bis hin zur Energie. Auf die Frage, was er sich von der Politik wünsche, antwortet er: „Dass die Steuer wieder auf sieben Prozent gesenkt wird, zumindest aber auf zehn oder zwölf Prozent.“ Über das gebrochene Versprechen zeigt er sich verärgert und sagt: „Was ich über die Politiker denke? Das kann ich nicht laut sagen.“

Marco Paladini vom Eiscafé Pizzeria Aquila spürt deutlich, dass die Menschen weniger Geld haben. Trotz schönem Wetter ärgert er sich über die zurückgenommene Unterstützung. © Montalbano

Landgasthof-Wirt Simon Kolar sieht die Gastronomie im Wandel und Anpassung als den richtigen Weg, damit umzugehen. „Die Probleme haben ja schon vor Corona begonnen. Man wusste das.“ In den Restaurants seien die Gerichte häufig zu günstig angeboten worden. Das hätte man sich eigentlich nicht erlauben dürfen. „Die Kalkulation muss stimmen“, meint er bestimmt und Flexibilität sei Trumpf: „Ich habe zum Beispiel den Kabeljau bei einem Gericht durch Lachs ersetzt, das ist preislich attraktiver.“

Lobbyarbeit ist wichtig für Gastronomen 

Er prognostiziert: „Es wird weniger Restaurants und immer mehr Lieferservices geben, bei denen die sieben Prozent gelten. Und mehr Systemgastronomie, die oft nicht als solche wahrgenommen wird.“ Die Entwicklung dürfte, so seine Einschätzung, wie bei den familiengeführten Bäckereien laufen. Da hätte es vor Jahren noch viele gegeben, aber „dann kam quasi eine Brandrodung.“ Ins Restaurant zu kommen, dürfe allerdings kein Luxus werden. Denn Essen zu gehen sei mehr als nur Nahrungsaufnahme und der Eventcharakter werde immer wichtiger. Der Landhof läge in der gehobenen Mittelklasse und punkte mit hoher Qualität, Regionalität und fair kalkulierten Preisen. Auch Kolar halte nichts von der Hochsetzung der Mehrwertsteuer, die als wichtige Unterstützung für die Branche nun weggefallen sei. „Am 10. September standen wir von der ‚Union der Wirtschaft‘ mit unseren Foodtrucks wieder vor dem Reichstag in Berlin und suchten das direkte Gespräch mit den Politikern“, so Kolar. Der 2021 gegründete Verein leiste Lobbyarbeit für die Branche mit seinen über drei Millionen Beschäftigten.

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Konstantinos „Kostas“ Nasios betreibt zusammen mit seinem Bruder Vangelis das griechische Restaurant Artemis und das Hotel Waldschlössel in der Hardtwaldsiedlung. Er meint: „Mit den Löhnen für die Angestellten haben wir weniger ein Problem und die Einkaufspreise haben sich zum Glück teils stabilisiert oder sind sogar leicht gesungen.“ Er ergänzt: „Mein Problem, das sind die 19 Prozent. Die gehören auf jeden Fall wieder reduziert.“ Der Chef von 17 Angestellten betont: „Die Energiekosten haben sich vervielfacht. Mit einer Solaranlage auf dem Dach haben wir da etwas entgegensteuern können.“ Auch er setze auf Qualität und meint stolz: „Unsere Gäste legen für unsere erstklassigen Lammgerichte bis zu 100 Kilometer zurück.“ Die Preise habe er zum Jahresanfang anpassen müssen. „Aber nicht extrem“, betont der Küchenchef und lobt: „Zumindest war die staatliche Unterstützung für Restaurants während Corona gut.“

Ein Problem sei auch, dass immer mehr Kunden bargeldlos zahlten, bei ihm etwa 80 Prozent der Gäste: „Da wir darauf nicht unerheblich Gebühren zahlen müssen, nehmen wir weniger ein, wenn Gäste mit Karte bezahlen“, erläutert Nasios abschließend.

Freier Autor Freier Journalist. Davor Pressereferent. Studium der Politikwissenschaft.

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