Kerwe

So feiert Oftersheim seine Kerwe mit Herz und Humor

Mit einem bunten Umzug und viel Musik starten die Kerweborscht in die Kerwezeit. Warum das Fest mehr ist als nur Unterhaltung – und wann man erfährt, was es mit „Gieslinde von de Friedhofskosten“ auf sich hat.

Von 
Catharina Zelt
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Oftersheim. Mit grünen Helmen auf den Köpfen und einem Lied auf den Lippen ziehen die Kerweborscht singend über den Schulhof der Friedrich-Ebert-Schule. Hinter sich ziehen sie die Scheß, den kleinen Holzwagen, in dem sich die Kerweschlumpel gemütlich räkelt. Sie trägt einen roten Hut und ein schwarzes Glitzerkleid, das in der Sonne funkelt. Rundherum drängen sich die Menschen, lachen, klatschen, singen mit. Und natürlich fehlen auch die vertrauten Klänge der Quetschkommod‘ von Roger Hillegaß und der Deifelsgeig‘ von Altbürgermeister Jens Geiß. Es ist Kerwezeit in Oftersheim – ein Stück gelebte Tradition, das jedes Jahr aufs Neue den Ort in Stimmung versetzt und Generationen zusammenbringt.

Tradition und Gemeinschaft stehen bei der Eröffnung im Mittelpunkt

Bei der offiziellen Eröffnung zeigen die Kerweborscht, dass sie nicht nur laut, sondern auch kreativ sind: Traditionell singen sie ihre eigenen, umgedichteten Lieder – liebevolle Hymnen an Oftersheim und die Kerwezeit, musikalische Liebeserklärungen ans Brauchtum, die das Publikum sofort mitreißen.

Kerweborscht Armin Wolf begrüßt die Menge bei strahlendem Herbstwetter und freut sich, dass die alte Tradition in der Gemeinde so lebendig bleibt. Mit einem Schmunzeln verrät er auch, was es mit den grünen Helmen auf sich hat: „Bei so vielen Baustellen in Oftersheim halten wir eine persönliche Schutzausrüstung für sinnvoll“, sagt er. Die acht Männer hatten schon Sorge, sie kämen mit der Scheß nicht durch den Ort.

Dann folgt ein Moment, auf den viele hingefiebert haben: die Enthüllung des Namens der Kerweschlumpel. Bis zur Eröffnung bleibt er jedes Jahr geheim – und sorgt für reichlich Spekulationen. Diesmal heißt die gute Dame „Gieslinde von de Friedhofskosten“. Was es mit dieser Namenswahl auf sich hat, wird allerdings erst bei der Beerdigung der Schlumpel am Dienstag verraten. Unterstützung bekommt Gislinde von ihrer Cousine, der Rathausschlumpel „Amsschimmelgreta“, die hoch oben auf dem Rathausdach wacht.

Auf dem Schulhof bewegt sich die Böhmerwaldjugend als Teil der Bohmerwäldler Heidelberg in präzise einstudierten Schritten durch ihre traditionellen Tänze. Drehung für Drehung, Schritt für Schritt folgen sie in Trachten gekleidet der Musik.

Organisatoren hoffen auf viele Besucher und junges Engagement

Dieter Burkard vom Heimat- und Kulturkreis bedankt sich in seiner Rede bei allen, die hinter den Kulissen für einen reibungslosen Ablauf sorgen und bei den Kerweborscht, die er scherzhaft als beste „Boygroup der Welt“ bezeichnet. Der Arbeitskreis Volkskunde und Brauchtum habe außerdem ganze geleistet. Die Frauen haben nicht nur die Kerwesträuße gebunden und dafür gesorgt, dass die Schlumpel hübsch aussieht, sondern zusätzlich die Rathausschlumpel hergerichtet. Er wünscht sich außerdem, dass auch junge Menschen sich für das Brauchtum interessieren und die Gestaltung der Kerwe einbringen. Es gäbe viele Möglichkeiten, sich zu engagieren, sei es bei der Gestaltung von Festen wie der Kerwe, handwerklichen Tätigkeiten oder bei organisatorischen Aufgaben. So könne jeder auf seine Weise dazu beitragen, Traditionen weiterzugeben.

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Als Bürgermeister Pascal Seidel meint, ein Goldeselfritz fürs Rathaus wäre statt der Amsschimmelgreta vermutlich die bessere Wahl, bringt er die Menge zum Schmunzeln. Gleichzeitig betont er, dass Oftersheim Entwicklungen und Wohnraum braucht – und dass Baustellen eben dazugehören, die aber irgendwann auch wieder verschwinden. Zum Schluss richtet er seinen Dank an die Kerweborscht: Dass es sie heute gibt, sei keinesfalls selbstverständlich, sagt er, und unterstreicht damit die Bedeutung der gelebten Tradition für die Gemeinde.

Beim Fassbieranstich zeigt sich Bürgermeister Seidel zwar ehrgeizig, doch es will zunächst nicht so recht klappen und dauert einige Schläge. Das bringt den ein oder anderen flotten Spruch der Kerweborscht hervor, begleitet von einem Augenzwinkern. Am Ende ist die Mühe vergessen, als endlich das Bier fließt und alle gemeinsam anstoßen. Für die Damen gibt es rote Rosen, die Kinder freuen sich über kleine Schaumküsse. Das Freibier aus dem Welde-Fass und kleine Ouzo-Fläschen, die verteilt werden, runden die Feierlaune ab.

Auf dem Rummelplatz herrscht sogleich buntes Treiben: Der Autoscooter sorgt für dröhnende Motorengeräusche und lautes Lachen, während Kinder eifrig beim Fische-Angeln und Dosenwerfen ihr Glück versuchen. Am Süßigkeitenstand duftet es nach Zuckerwatte und gebrannten Mandeln, und der „Super Allround“ lockt kleine Piloten, die in Flugzeugen durch die Luft sausen. Das Kinderkarussell ist bei den jüngsten Besuchern besonders begehrt. Die kleinen Fahrgäste drehen fröhlich ihre Runden, winken ihren Eltern am Rand zu. Organisatorin Ursula Roos verteilt die Fahrchips und freut sich über die gelungene Eröffnung der Kerwe. Sie ist zufrieden mit dem ersten Besucheransturm und hofft auf viele Besucher.

Während der Kerwe ziehen die Kerweborscht singend durch die Straßen Oftersheims. Ihre Lieder erfüllen die Gassen, ziehen Nachbarn und Besucher gleichermaßen in den Bann. So wird deutlich, dass die Kerwe nicht nur ein Fest, sondern ein lebendiges Stück Gemeinschaft ist, das die Menschen verbindet.

Freie Autorin Frei Mitarbeiterin Print und Online

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