Bürgermeisterwahl Oftersheim

So wollen Geiß und Seidel die Parkplatznot in Oftersheim bekämpfen

Jens Geiß und Pascal Seidel antworten Leser Klaus Meyer auf Fragen zu Verkehrsproblemen und die Idee einer Wohnungsbaugesellschaft.

Von 
Janina Hardung
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Oftersheim. Seit 58 Jahren lebt Klaus Meyer in Oftersheim. In einem Leserbrief, der in der Ausgabe vom 19. Februar mit der Überschrift „Die Dinge jetzt mutig anpacken“ zu lesen ist, hat er verschiedene Probleme angesprochen, die ihn aktuell bewegen. In seinem Schreiben listet er Ideen, Gedanken und Anregung für ein wohnenswertes Oftersheim.

Seinen Leserbrief leitete Meyer unter anderem auch an die Gemeindeverwaltung und den Bürgermeisterkandidaten Pascal Seidel weiter. Bürgermeister Jens Geiß und auch Pascal Seidel haben sich über seine Kritik Gedanken gemacht und ihre Lösungen mit Klaus Meyer und unserer Zeitung geteilt.

Nachhaltige Lösungen gesucht

Wohin mit den Autos, wenn die Hofeinfahrten, die überbaut sind und ursprünglich für einen Handwagen oder eben ein Pferdefuhrwerk konzipiert waren, moderne Fahrzeuge nicht mehr beherbergen können, fragt sich Klaus Meyer. Eben am Straßenrand – da ist in der Regel keiner zufrieden – aber was soll man denn da tun? „Klar, es gibt auch Städte und Gemeinden, die sich um den deutlichen Ausbau des Nahverkehrsangebotes (zum Teil auch kostenlos) kümmern – ein wichtiger, weiterer Baustein eines besseren Straßenbildes und Verkehrsflusses im Ort. Wo sind nachhaltige Lösungen hierfür?“

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Bürgermeister Jens Geiß erklärt, dass in den 1960er und 1970er Jahren oft „mehrköpfige Familien in den Wohnungen gewohnt haben, die aber oft nur ein Kraftfahrzeug in Eigen nannten“. Diese Vorzeichen haben sich mittlerweile aus seiner Sicht komplett gedreht. „Nicht selten liegt das Verhältnis von Bewohnern zu Kraftfahrzeugen in einem Bereich von mehr als eins, das heißt zusätzlich zu dem Umstand, dass viele Einwohner ein eigenes Auto besitzen, kommen noch Dienstfahrzeuge oder auch sogenannte Spaßautos, ein Motorrad oder Ähnliches dazu“. Der daraus entstehende Bedarf an Parkraum stehe aber im Gegensatz zu den Gegebenheiten, die sich in der Realität abbilden. „In weiten Teilen des Gemeindegebiets haben wir es mit altgewachsenen Strukturen zu tun. Dazu kommt die extrem hohe Nachfrage nach Wohnraum, die in Konkurrenz zu den Platzbedarfen beim Parkraum steht“, schreibt Geiß.

Die Preisentwicklung der vergangenen Jahre mache es der Verwaltung nicht leicht, Abbruchobjekte anzukaufen und daraus Parkraum zu schaffen, da selbst solche Objekte mittlerweile zu einem Vielfachen der zugrunde zu legenden Bodenrichtwerte veräußert werden. Die Verwaltung überprüfe nach den Angaben von Geiß aber regelmäßig Optionen, wenn neue Objekte im Innenbereich auf den Immobilienmarkt kommen – „gerade vor drei Wochen haben wir uns angeschaut, ob es Möglichkeiten im Bereich der Leopoldstraße gibt, weil dort ein Objekt auf den Markt kam“. Der Verkaufspreis sei aber so hoch gewesen, dass entstehender Parkraum im einstelligen Stellplatzbereich mehrere Hunderttausend Euro gekostet hätte.

Geiß findet solche Lösungen aus Fairnessgründen gegenüber den restlichen Bürger unvertretbar und ist der Meinung, dass sich die Gemeinde genau überlegen sollte, für was sie sich verschuldet. „Maßnahmen, die nur ein paar wenige Menschen nutzen, die aber mit einem hohen finanziellen Aufwand verbunden wären, halte ich daher für schwierig“, sagt er.

Geiß will Lösungen finden, die kreativ, aber auch wirtschaftlich vertretbar sind – deshalb möchte er die „Vertikale nutzen“. Wohnen und Parken „in der Höhe oder im Boden“. Dabei möchte er Objekte ausmachen, die durch einen Neubau vorhandene Flächen besser nutzen. „Zum Beispiel kann ich mir im innerörtlichen Bereich Schaffung von weiterem Parkraum durch Einrichtung von Parkdecks oder – bei Neubauten – um öffentliche Stellplätze erweiterte Tiefgaragen vorstellen.“

Für Pascal Seidel zeigt sich das Dilemma zwischen Theorie und Praxis beim Thema Parken in den genannten Fällen – vor allem im Bereich Mannheimer Straße/Hinter den Ortsgärten. „Ich selbst bin Hinter den Ortsgärten im elterlichen Haus aufgewachsen und durfte seinerzeit auf dem Messplatz an der Kurpfalzhalle das Fahrrad- und Rollschuhfahren erlernen. Heute ist diese früher für die Menschen zur Verfügung stehende Fläche zu drei Vierteln Parkplatz, vorwiegend für die Bewohner der neu gebauten Häuser, wenngleich diese über eine Tiefgarage mit einer entsprechenden Anzahl an Stellplätzen verfügen (sollten)“, schreibt er.

Aus diesem Grund sei es unerlässlich, bei Projekten aller Art immer auch die Folgen für die Umgebung – also Parksituation, Zunahme des Verkehrs in den benachbarten Straßen – zu berücksichtigen. Oder gegebenenfalls bei größeren Bauprojekten als Überlauf eine Quartiersgarage vorzusehen.

„Mein Wunsch ist es, den öffentlichen Raum wieder den Menschen zurückzugeben, ihn ,erlebbar‘ zu machen mit einem hohen Maß an Aufenthaltsqualität – beispielsweise im Bereich der Mozartstraße bei der Entwicklung des Bereiches ,Altes Feuerwehrgerätehaus/Josefshaus‘) – insgesamt eine lebendige Ortsmitte schaffen“, schreibt Seidel.

Für solch einen Weg brauche es aber Überzeugungsarbeit und breitere Mehrheiten, denn wenn beispielsweise Parkplätze an einer Stelle wegfielen, müssten sie an anderer Stelle (zum Beispiel durch Ankauf von Grundstücken oder eventuell Aufstockung von bestehenden Parkplätzen, Stichwort „zweite Parkebene“ Alter Messplatz) als Ausgleich in zumutbarer Entfernung geschaffen werden, findet der Bürgermeisterkandidat.

Ideal wäre es, wenn die Gemeinde eine Infrastruktur schaffen könnte, die dazu führe, dass Menschen auf ein Auto verzichten könnten. „Wir selbst besitzen zu viert (zwei Erwachsene und zwei Kinder) derzeit nur ein Familienauto, weil ich nahezu alle Wege mit dem Rad fahre.“

Dies könne durch eine Steigerung der Attraktivität für das Fahrradfahren (beispielsweise Schutzstreifen, Öffnung Einbahnstraße für Radfahrer in Gegenrichtung, Einrichtung von Fahrradstraßen), Sicherheit bei der Nutzung von Gehwegen (Stichwort Gehwegparken und Eckenparken) und der Verbesserung des ÖPNV-Angebotes – hier sollten nach Meinung Seidels auch Land und Bund noch mehr in die Pflicht genommen werden – gelingen.

Gemeinnützige Genossenschaft

Unser Leser Klaus Meyer hat auch die Idee einer Finanzquelle für die Infrastruktur. Eine gemeinnützige Genossenschaft der Bürgergemeinde und seiner Einwohner, in die zum Beispiel gemeindeeigene Häuser und Grundstücke überführt würden und mit weiteren „Kreditmöglichkeiten“ in die Zukunft investiert werde. Durch Ankauf von Häusern, deren Abriss Wohnungs- und Gestaltungsraum schafft und Vermietung von neu entwickelten innerörtlichen Parkflächen an Genossenschaftsmitglieder. „Wohnbau Oftersheim gemeinnützige e.G.“ müsse beispielsweise nicht nur Wohnungen vermieten, so seine Idee.

„Einfach eine gute gemeinnützige Ortsentwicklung organisieren und vielleicht sogar Vermögen der Mitglieder schaffen und fördern“, schreibt er. Darunter zählt er Solarparks, Windräder, Blockheizkraftwerke – „alles was wir für eine gute, erfolgreiche Zukunft dringend brauchen“.

„Ein erheblicher Aufwand“

Einen durchaus spannenden Ansatz sieht Bürgermeister Jens Geiß bei der Anregung einer gemeinnützigen Genossenschaft. Durch die erweiterten Aufgaben seien die rechtlichen Rahmenbedingungen für ein solches Konstrukt nicht ganz so einfach. „Allein das Überführen der mehr als 330 Wohneinheiten wäre mit einem nicht unerheblichen – organisatorischen wie auf finanziellen – Aufwand verbunden, weil jedes Objekt buchhalterisch bewertet werden müsste, da es sich um Verschiebung von Vermögenswerten der Gemeinde handelt“, erklärt Geiß. Als Beispiel gibt er an, dass die Gemeinde derzeit Vermögenswerte von etwa 70 Millionen Euro bei einer Verschuldung von zwei Millionen Euro hat – und das trotz der Investitionen in den vergangenen Jahren wie dem Neubau des Domizils für Feuerwehr und dem Deutschen Roten Kreuz, verschiedenen Straßen- und Kanalbauarbeiten oder der Sanierung der Theodor-Heuss-Schule.

Bürgermeisterkandidat Pascal Seidel steht der Schaffung einer Wohnungsbaugesellschaft offen gegenüber. In eine Wohnungsbaugesellschaft könnten die Gemeindewohnungen überführt und aus dem Kernhaushalt (mit den Ausgaben, aber auch den Einnahmen) herausgenommen werden.

„Hier gilt es – wie bereits von der SPD-Fraktion vor einiger Zeit angeregt – einen Experten zu diesem Thema einzuladen, der die Vor- und Nachteile einer Wohnungsbaugesellschaft beleuchtet, um dem Gemeinderat eine fundierte Entscheidungsgrundlage hierüber zu liefern“, schreibt er. Inwieweit es hier gegebenenfalls auch eine interkommunale Lösung geben könne – die Stadt Schwetzingen habe seit Januar 2020 eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft – wäre in diesem Zusammenhang unter Berücksichtigung der Vor- und Nachteile sowie Synergien zu erörtern.

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