Oftersheim. Es war eine Geburtstagsfeier. 120 Jahre SPD Oftersheim. Und natürlich warfen die Redner in der Kurpfalzhalle, der Ortsvereinsvorsitzende Jens Rüttinger, die SPD-Vorsitzende und Bundestagsabgeordnete Saskia Esken, Bürgermeister Pascal Seidel und der SPD-Landtagsvizepräsident Daniel Born, einen Blick auf die Historie.
Eine Historie, die, das sagte die SPD-Vorsitzende sehr klar, „stolz mache“. Aber es fiel auf, dass die Redner sich sehr schnell der Gegenwart und der Zukunft zuwandten und das ziemlich kämpferisch. Die Demokratie sei unter Druck wie seit den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts nicht mehr.
Von Stolz und Kämpfen: Blick auf die Geschichte der SPD Oftersheim
Geopolitische Kräfte zerrten an dem Land, das wie kein anders auf den weltweiten und regelbasierten Handel angewiesen ist. Die Folgen des Klimawandels können kaum noch übersehen werden. Unzufriedenheit und Wut machten sich breit. Die dann von gefährlichen Vereinfachern zum eigenen Vorteil gnadenlos bewirtschaftet werden. Autoritäre Führer scheinen auch in Europa wieder zunehmend eine Möglichkeit. Und genau hier, so die drei Vertreter der SPD, komme es einmal mehr auf die Sozialdemokraten an.
Nach der Begrüßung zahlreicher Ehrengäste und einem wunderbaren musikalischen Auftakt mit dem Schwetzinger Bläserensemble unter der Leitung von Ralf Krumm, erinnerte Rüttinger an den Kampf der SPD gegen die Faschisten. 30 Jahre nach der Gründung des Ortsvereins wurde die SPD 1933 von den Nationalsozialisten verboten. Es war, so Rüttinger, wohl der Tiefpunkt. Doch schon wenige Monate nach Ende des Zweiten Weltkrieges, erlebte die SPD Oftersheim ihren Moment der Wiederauferstehung. Damals ein Ort mit 5300 Einwohnern und über 700 Geflüchteten. Fast 15 Prozent der Bevölkerung waren Geflüchtete.
Die Herausforderung der Ungleichheit: Weichenstellungen für die Zukunft
Man könne da, so Rüttinger, schon einmal über die Maßstäbe nachdenken. Worte, die die SPD-Chefin später aufgriff und erklärte, dass das drängendste Problem nicht die Migration, sondern die Ungleichheit sei. Der parteilose Bürgermeister setzte den Schwerpunkt da etwas anders. Die Probleme seien derart stark ineinander verschlungen, dass man von multiplen Krisen sprechen muss. Von Ukraine und Gaza über Klimawandel und Migration bis zum schwindenden Vertrauen in die Politik, eben diese Probleme zu bearbeite, sei eine für die Demokratie gefährliche Melange entstanden.
Er forderte einen gemeinsamen Kraftakt aller demokratischen Parteien auf der Suche nach einem Weg, der sowohl für Deutschland als auch Europa wieder mehr Zuversicht zulasse. Und, direkt in Richtung Esken, Bund und Länder müssten dafür sorgen, dass die Kommunen ihrer Aufgaben auch gerecht werden könnten. Also für eine finanzielle Ausstattung auf Höhe der Probleme sorgen. „Uns geht ansonsten die Luft zum Atmen aus.“ Entscheidend sei auch in der Demokratie das Tun.
Worte, die der Landtagsvizepräsident Born mit einer Geschichte des Autors Antoine de Saint-Exupéry verstärkte. Wenn du ein Schiff bauen willst, beginne nicht damit Holz zu sammeln und einen Hammer in die Hand zu nehmen, sondern erwecke die Sehnsucht nach dem Meer. Dieser Gedanke des französischen Schriftstellers greift in Borns Augen zu kurz. Denn irgendwann muss jemand einen Hammer nehmen und anfangen zu bauen.
Und die SPD bestehe aus Menschen, die eben diesen Hammer in die Hand nähmen und die Welt zu einem besseren Ort machen wollen. Gerade jetzt, wo Kräfte wie lange nicht mehr, sich an demokratischen Strukturen abarbeiteten, sei dieses konkrete Tun wichtig wie nie. Das „Nie wieder, das in Sonntagsreden so gerne hochgehalten wird, werde jetzt nämlich konkret. „Die Demokratie ist das Beste was wir haben, wir dürfen sie nicht im Stich lassen.“ Der Preis wäre horrend.
Die Sozialdemokratie als Motor für Veränderung: Visionen für eine solidarische Gesellschaft
Eine Sicht, die Esken in ihrer Rede unterstrich. Die SPD sei die Kraft, die sich seit 160 Jahren für die Demokratie und ihr Fundament, die Solidarität mit den Schwächsten, einsetzte.
Gerade die SPD habe mehrfach bewiesen, dass die sogenannten „Kleinen Leute“ Großes bewegen können. Die Zimmermannstochter Marie Juchacz, Gründerin der Arbeiterwohlfahrt und erste Rednerin im Jahr 1919 in der Weimarer Nationalversammlung. Der Gastwirtsohn Otto Wels, der Hitler mutig die Stirn bot und natürlich Willy Brandt, Sohn einer Verkäuferin, der sozialdemokratische Werte enorm wirkmächtig machte. Und gerade diese Werte müssten wieder mehr zum Zentrum werden.
„Unser Problem ist nicht die Migration, sondern die Ungleichheit.“ Das heißt nicht, dass Grenzkontrollen überflüssig oder gar Abschiebungen ausbleiben könnten. Im Gegenteil, auch wenn es schmerze, es sei wichtig. Wichtig sei aber auch der Blick auf die ökonomisch Schwachen. Ihre Chancen auf Leben seien der Gradmesser für die Sozialdemokratie.
Heißt für sie, bevor bei den Schwächsten gekürzt werde, muss die Schuldenbremse reformiert werden. Es müsse einen Unterschied machen, ob der Staat in Infrastruktur und die Transformation der Wirtschaft investiere oder ob er den kurzfristigen Konsum befeuere. Sie könne jedenfalls keine Generationengerechtigkeit in kaputter Infrastruktur, maroden Schulen oder ungebremsten Klimawandel erkennen. Es war ein kämpferischer SPD-Geburtstag. Ziemlich passend kurz vor dem Jahr mit wichtigen Wahlen von Europa bis zu den Kommunen.
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