Europapfadfinder

Wie die Oftersheimer Pfadfinder mit der Natur verbunden sind

In der Gruppenstunde der Sippe „Jaguar“ werden Bänke gebaut und die Jungs bereiten sich auf ihre Prüfungen vor. Manchmal geht es dafür an entlegene Orte.

Von 
Dahnah Rudeloff
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Die Sippe „Jaguar“ mit Maximilian Mühlbert (v.l.), Tobias Deag und Patrice Pal lernt von Leiter Christoph Werning, wie eine Bank gebaut wird. © Rudeloff

Oftersheim. Pfadfinder sein – das bedeutet nicht nur den Weg erkunden zu können. Hinter dem Begriff verbirgt sich mehr. Es sind die Menschen und Aufgaben, die dahinter-stecken. Die Gemeinschaft, das Miteinander, der Spaß, Neues zu lernen und das eigene Geschick in Verbundenheit mit der Natur zu beweisen.

Der Besuch nur einer Gruppenstunde bei den Europapfadfindern „Gau Kurpfalz“ in Oftersheim macht all das schnell deutlich. Hier ist unter anderem die Sippe „Jaguar“ des „Inka-Stammes“ zu Hause, eine Gruppe aus fünf jungen Männern zwischen 13 und 18 Jahren. Prinzipiell kann jedoch jeder Junge ab elf Jahren an der Stunde teilnehmen.

An diesem Tag ging’s mit den Fahrrädern tief in den Wald hinein. Umgeben von idyllischem Grün, dem Gequake von Fröschen und der tief stehenden Abendsonne wird der für viele unbekannte Teich am Ring angesteuert. An diesem entlegenen Ort findet die Gruppenstunde im Freien statt. Sippenführer Christoph Werning (18), der die Gruppe seit zwei Jahren leitet, hat das eigenständig geplant. In Vorbereitung fürs Ferienlager soll der Bau einer Bank geübt werden.

Oftersheimer Pfadfinder gehen in den Wald und suchen Äste

Nach einer kurzen Erklärung ziehen die Jungs in den Wald, um Äste zu suchen und zurechtzusägen. Anschließend werden diese in der Mitte gekerbt, sodass jeweils zwei Stück ineinanderpassen und mit entsprechenden Schnüren zusammengebunden werden können. Die kleinen Baumstämme werden mit Knotentechniken wie dem Zimmermannsklank befestigt, die für die Bindung festgezogen werden.

Auch dabei ist Amon Scholz (26), der Stammesleiter der „Inkas“, der bereits mit drei Jahren Pfadfinder wurde. Früher einmal selbst Sippenführer übernimmt er heute organisatorische Aufgaben wie das Planen von Fahrten und Aktionen sowie die Kommunikation mit Eltern und Kirchengemeinde, bei der sie aktiv sind. Als Ansprechpartner schaut er ab und an nach den Gruppen, aber die Leitung übernimmt immer der Sippenführer. „Die Jungs sollen Spaß haben“, versichert Amon. Seine eigene Arbeit im Bund hört nie auf, er ist immer auf Abruf, hilft bei Aktionen und ist bei den Lagern vor Ort.

Seine Gruppe bildet Christoph Werning in Theorie und Praxis aus. Gruppenstunden können drinnen oder draußen stattfinden: „Wenn wir im Heim sind, machen wir meist Theorieunterricht.“ Um 17.30 Uhr startet jeweils das zweistündige Treffen mit einer Anfangsrunde. Daran schließt sich das Ausbildungsthema an. Aktuell behandeln die Jungs das Thema „Laufbahn“ und bekommen dabei einen Überblick über verschiedene Abzeichen, die sie später an ihrer Kluft erkennbar machen. Das Treffen endet mit Spielen wie Zombieball oder mit Karten.

Stammesleiter Amon (r.) unterstützt die Jungs beim Binden der Holzstücke. © Rudeloff

Bei einer Gruppenstunde im Freien sucht sich Christoph zunächst einen Ort und die Route dahin aus, überlegt sich, was man zusammen machen möchte und besorgt gegebenenfalls das nötige Werkzeug – dieses Mal Sägen für die Bankbauaktion. Auch hier endet der Abend mit einem Spiel. „Ich muss mich ein bisschen vorbereiten, aber mit der Zeit wird das einfacher“, erklärt Christoph, der seit Pfingsten 2016 bei den Pfadfindern ist.

Jeder Sippenführer darf frei entscheiden: „Ich richte mich individuell nach den Leuten in der Gruppe“, sagt Christoph. Sippenführer kann nur werden, wer schon Abzeichen wie den „Fälscher“ und den „Froschmann“ besitzt – ein lebensrettendes Spezialabzeichen. Erst wenn der viertägige Intensivkurs erfolgreich abgeschlossen wurde, ist man qualifiziert. Geübt wird dabei auch, wie mit Schnittwunden umgegangen und ein Verletzter ordentlich versorgt wird.

Wer eine Gruppe leiten kann, das ist vom Können abhängig, nicht so sehr vom Alter. Es ist ein „Miteinanderwachsen“, erzählt Amon. Wer sich bewährt hat, gut durch Prüfungen und Proben kommt, der steigt im Grad auf und verbessert die Chancen. Insgesamt gibt es drei Grade. Zu den Prüfungen gehören Allgemeinwissen über Deutschland, Flüsse und Länder, aber auch Feuerentfachen und Zeltaufbau dazu. Was zunächst in den Stunden geübt wird, wird später geprüft.

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In Grad zwei beschäftigen sich die Pfadfinder beispielsweise mit dem Werdegang des Gründers. Es wird abgefragt, was zu beachten ist, wenn man allein unterwegs ist und wie bestimmte Wege eigenständig gefunden werden können. Im höchsten Grad wird sich auch mit Politik, Geschichte und dem Grundsatz der Arbeit beschäftigt. Ziel ist es, dass die ranghöchsten Pfadfinder selbst Prüfungen abnehmen können und gute Organisatoren sind..

Zuletzt stand eine ganz besondere Woche für den ganzen Bund an: Das große Pfingstlager in Rothenburg ob der Tauber. Auch einen See gab es dort, bei dem sich alle bei den warmen Temperaturen abkühlen konnten. Erworbene Abzeichen wie der Froschmann wurden hier feierlich verliehen. Die Woche war von Aktionen geprägt, erzählt Amon begeistert.

Der im Wald bei Oftersheim geübte Bankbau kam der Sippe „Jaguar“ zugute, denn Mobiliar wie Bänke, Tische, Anrichten und Feuerstellen wurden im Lager eigens mit der geschilderten Kerbentechnik und Schnüren hergestellt. Schrauben oder Bohrer fanden keinen Einsatz, damit das Holz danach wieder zurück in den Wald konnte. Die schönsten Möbel wurden sogar mit einem Lagerstern ausgezeichnet, ebenso eine vorbildliche Zeltplatzordnung und gut gepackte Rucksäcke.

Sippenleiter Christoph (l.) sägt mit Maxi-milian Mühlberg einen Ast durch. © Rudeloff

Jurten und Kohten wurden als einfache Behausungen auf dem Gelände aufgestellt und im Inneren wurde Feuer gemacht. „Es gibt nichts, was wir noch nicht gebaut haben“, berichtet Amon stolz. Freitag bis Montag waren die meisten im Ferienlager, auch die Berufstätigen. Am Dienstag gab es dann einen Stationenlauf, bei dem pfadfinderische Skills an verschiedenen Punkten in Form von Aufgaben trainiert wurden. Dazu zählte, den Weg mit einer Karte finden, Wegzeichen lesen zu können, aber auch Erste Hilfe zu leisten. Es gab eine Feuerstation und viele Spaßevents wie eine Seilrutsche oder das Erobern der Flagge. Natürlich wurde auch gesungen – denn das ist eine alte Tradition bei den Pfadfindern.

Neben dem Pfingstlager geht es alle zwei Jahre auf große Fahrt ins Ausland. „2022 haben wir gemeinsam Slowenien bereist“, erzählt Amon und blickt auf viele schöne Momente zurück. In den Jahren dazwischen haben die Sippen die Möglichkeit, allein bis zu einer Woche auf Tour zu gehen. Im Herbst findet das alljährliche Gaufest satt, der Geburtstag des Bundes. Das Motto der Pfadfinder laute, möglichst viel draußen zu sein, sagt Amon.

Pfadfinder müssen über Oftersheim Bescheid wissen

Auch in Oftersheim warten spezielle Aufgaben bei der Heimatprüfung auf die Pfadfinder. Hier wird vorausgesetzt, den Hardtwald mit all seinen Wegen zu kennen. Wenn alle in der Gruppe das Wissen haben, kann sich die Gruppe direkt an bestimmten Orten im Wald treffen.

In Oftersheim gibt es im „Inka- Stamm“ die Sippen „Jaguar“ mit fünf Jungs und „Puma“ mit sechs Jungs. Die Mädchen, die einen eigenen Stamm haben, jedoch die gleichen Tätigkeiten und Aufgaben absolvieren, haben ebenfalls zwei Sippen vor Ort. Auch in Hockenheim gibt es eine Sippe. Außerdem gibt es noch die „Wölflinge“ zur Vorbereitung für die Pfadfinderschaft.. Kinder zwischen sieben und elf Jahren werden hier von Älteren geführt. Und es gibt auch erwachsenen Pfadfinder – sie werden Rover genannt und bleiben oft weiterhin ihrem Stamm verbunden.

Während die „Wölflinge“ derzeit gut ausgebucht sind, würden sich die Europapfadfinder über Nachwuchs bei den Sippen im Alter von elf bis 17 Jahren sehr freuen.

Autor Freie Mitarbeiterin

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