Im Porträt

Wie ein Oftersheimer nach einem Brand bei ihm zu Hause zur Feuerwehr kam

Der Oftersheimer Marvin Sturm sieht, wie das Haus seiner Großeltern den Flammen zum Opfer fällt, und fängt dann selbst bei der Feuerwehr an. Er möchte andere motivieren, es ihm gleich zu tun, und wirbt für das Ehrenamt.

Von 
Catharina Zelt
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Zwei Jobs in einer Person: Industriemechaniker Marvin Sturm muss als ehrenamtlicher Feuerwehrmann schnell die Rollen tauschen, wenn es drauf ankommt. © Sturm

Oftersheim. Sie sind immer einsatzbereit. 24 Stunden, sieben Tage die Woche und 365 Tage im Jahr stehen die Aktiven der Freiwilligen Feuerwehr Oftersheim parat, wenn jemand den Notruf wählt und Hilfe braucht. Das alles geschieht ehrenamtlich – die Männer und Frauen opfern ihre Freizeit für die Sicherheit der Bevölkerung. Dass Marvin Sturm später einmal zu ihnen gehören würde, ahnte er im Februar 2016 noch nicht, als die Feuerwehr zu seiner Adresse gerufen wurde. Damals eilten die Ehrenamtlichen zu einem der größten Brände in der Gemeinde. Eines der beiden Wohnhäuser auf dem Grundstück stand in Flammen und die dunkle Rauchwolke machte sich über Oftersheim breit. Es war eiskalt, die Brandbekämpfer kamen kaum gegen die Wucht des Feuers an. Denn wegen der niedrigen Temperaturen gefror das Löschwasser schnell.

„Ich selbst war zu diesem Zeitpunkt noch bei der Arbeit“, erklärt der 27-jährige Oftersheimer im Gespräch. Dort erreichten ihn dann die Bilder. Bilder vom Haus seiner Großeltern, das auf demselben Grundstück stand wie das Haus seiner Eltern und lichterloh brannte. Anfangs habe er es gar nicht recht glauben können. Er fuhr nach Hause, sah den Brand schließlich mit eigenen Augen. Der gebürtige Heppenheimer blieb dort stehen und schaute den Einsatzkräften bei ihrer Arbeit zu. Aufgrund des Löschwassers und des Alters des Gebäudes war es danach unbewohnbar und höchst einsturzgefährdet.

Mit dem Kommandant im Gespräch

Es war der damalige Feuerwehrkommandant Rüdiger Laser, der den jungen Oftersheimer direkt vor Ort ansprach. Die beiden kamen ins Gespräch und der Feuerwehrmann fragte, ob Marvin Sturm nicht Interesse daran hätte, selbst mal bei einer Übung im Gerätehaus – damals befand es sich noch in der Ortsmitte – vorbeizuschauen. Als Industriemechaniker bringe er ja schon technisches Wissen mit und die Freiwillige Feuerwehr suche immer Verstärkung. Der Rest ist Geschichte. Bald schon war der 27-Jährige regelmäßig bei den Übungen dabei, absolvierte bald auch die ersten Lehrgänge.

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„Ich bin sofort gut aufgenommen worden“, lobt Sturm die Kameradschaft und den Zusammenhalt. So eine Kameradschaft wie in der Feuerwehr finde man sonst nirgendwo. „Man muss sich eben im Einsatz auf die anderen blind verlassen können“, hebt er hervor.

Seine Grundausbildung absolvierte der Industriemechaniker 2017 als Quereinsteiger. So nennt man diejenigen, die nicht aus der Jugendfeuerwehr in die Einsatzmannschaft übergeben werden, sondern erst im Erwachsenenalter der Feuerwehr beitreten. Dass man nur als Jugendlicher aufgenommen wird, ist ein Irrglaube. Im Gegenteil: Die Ehrenamtlichen freuen sich über jedes neue Gesicht. „Man wird eingebunden und nicht alleine gelassen“, berichtet Sturm, dass die Kameraden bei der Vorbereitung auf die Ausbildung, die an mehreren Wochenenden stattfindet, gerne helfen. Wer die Grundausbildung besteht und 18 Jahre alt ist, darf anschließend bei Einsätzen mitfahren.

Sturm möchte andere motivieren, es ihm gleichzutun, und ermutigen, auch als Quereinsteiger anzufangen. „Natürlich“, räumt er ein, „ist die Feuerwehr nicht für jeden das Richtige.“ Vor allem zeitlich sei dieses Ehrenamt deutlich intensiver als andere Hobbys. Übungen und Einsätze mit dem Beruf und der Familie unter einen Hut zu bekommen, das sei nicht immer leicht. Was dem 27-Jährigen dahingehend immer wieder auffalle: Viele Menschen – auch in Oftersheim – denken, dass es in ihrem Wohnort eine Berufsfeuerwehr gibt. Das ist in den meisten Fällen ein Trugschluss. Deutschlandweit verzeichnete der Deutsche Feuerwehrverband 2020 gerade einmal 113 Berufsfeuerwehren. Im Rhein-Neckar-Kreis gibt es keine einzige, die nähesten sind in Mannheim und Heidelberg. Über 90 Prozent der Feuerwehrangehörigen sind bundesweit also ehrenamtlich tätig.

Über sieben Jahre nach dem Brand im Haus seiner Familie löscht Sturm nun selbst Feuer. 2018 absolvierte er seinen Atemschutzlehrgang, vergangenes Jahr bestand er die Prüfung zum Truppführer. Darüber hinaus wirkt er bei der Jugendarbeit mit und ist mittlerweile zum Atemschutzgerätewart ausgebildet. Weil der Oftersheimer privat schon seit einiger Zeit Drohne fliegt, hat er sich außerdem dafür eingesetzt, dass die Wehr ebenfalls ein solches Gerät anschafft.

Als Mitglied im Drohnenteam und einer der Drohnen-Gerätewarte war er mit dem Quadrocopter schon mehrfach im Einsatz. „Es ist wirklich faszinierend, wie viel so eine Drohne helfen kann“, erzählt Sturm. Feuerwehr, das sei so viel mehr als nur Feuer löschen. Auch wenn bei dem 27-Jährigen alles mit einem Feuer begann.

Freie Autorin Frei Mitarbeiterin Print und Online

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