Hilfe im Alltag

Assistenzhund Plankstadt: Wie "Benny" einer kranken Frau hilft

Sandra Brox-Viehmann ist durch ihre Krankheiten gezeichnet. Laufen kann sie kaum noch, Schmerzen sind ihr ständiger Begleiter. Der angehende Assistenzhund „Benny“ ist ihr im Alltag eine echte Stütze.

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Catharina Zelt
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Assistenzhund „Benny“ und Sandra Brox-Viehmann haben eine echte Bindung aufge-baut. Er hilft ihr im Alltag. © Brox-Viehmann

Plankstadt/Waghäusel. Es gibt ein Davor und ein Danach. Davor war Sandra Brox-Viehmann eine aktive Frau, ständig unterwegs. Sie liebte das Wandern, war als Leistungssportlerin immer auf den Beinen. Danach, das ist jetzt. Das ist der Rollstuhl, der bei der 46-Jährigen zu Hause steht. Das ist der Katheter, auf den sie angewiesen ist. Und das ist Golden Retriever „Benny“. Einen Alltag ohne ihren Assistenzhund in Ausbildung kann sich Sandra Brox-Viehmann nicht mehr vorstellen. Denn „Benny“ holt nicht nur Hilfe im Notfall, unterstützt beim Gehen und lernt Medikamente zu bringen, sondern ist vor allem auch eine wichtige mentale Stütze.

Dass sie später einmal einen Assistenzhund brauchen würde, das konnte die junge Frau, die im Jahr 1994 aus Bayern nach Plankstadt kam, damals nicht ahnen. Sie zog in die Albert-Schweitzer-Straße in das Haus von Helmut und Erika Gaa, die bis heute wie ein zweites Paar Eltern für sie sind. In Plankstadt arbeitete die Chemie- und Biologielaborantin, fand Freunde und später auch die Liebe. Mit ihrem späteren Mann Holger zog sie nach Dossenheim, mittlerweile sind die beiden in Waghäusel sesshaft geworfen.

Spendenaktion

  • Sandra Brox-Viehmann ist derzeit auf Spenden angewiesen. Der Sozialverband VdK Ortverband Plankstadt und der VdK Kreisverband Mannheim helfen ihr und unterstützen sie.
  • Sie hat außerdem eine Spendenaktion ins Leben gerufen. Sie kann abgerufen werden unter www.betterplace.me/assistenzhund-benny-mit-ausbildung. caz

Schon im Kindesalter zeigten sich gleich zwei Krankheiten: Morbus Crohn - eine chronisch-entzündliche Darmkrankheit, die der Körper vermutlich als Autoimmunreaktion selbst auslöst - und Rheuma. Die Diagnose bekam sie als junge Erwachsene. Das hielt die gebürtige Bayerin aber nicht davon ab, ihr Leben zu leben. Sie gründete mit ihrem Ehemann eine Familie, arbeitete viele Jahre lang und bekam zwei Kinder - bis im November 2019 plötzlich Schmerzen im Rücken auftauchten.

Assistenzhund Plankstadt: Ein Bein kaum mehr spürbar

„Zuerst dachte ich, dass das bestimmt mit meinem Rheuma zusammenhängt“, erklärt die 46-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung. Der Besuch beim Arzt sollte allerdings etwas anderes ans Tageslicht bringen: ein seltsames Gebilde im Rücken. „Ich war bei verschiedenen Ärzten, niemand wusste weiter, niemand wollte mich operieren“, berichtet Sandra Brox-Viehmann. Innerhalb kurzer Zeit nahmen die Schmerzen stark zu, bald schon spürte sie ihr rechtes Bein kaum mehr. In der Neurochirurgie in Heidelberg bekam sie trotz Zusicherung auf die Schnelle keinen Termin und so musste sie sich einen anderen Arzt suchen.

„Die Vermutung war, dass es sich um eine Zyste handelt, die den Nervenkanal abdrückt“, gibt sie das wieder, was die Ärzte ihr vor drei Jahren mitteilten. Ein Neurochirurg in Diez an der Lahn konnte zwar auch nicht helfen, verschrieb aber Schmerzmittel. „Dann ging Schlag auf Schlag gar nichts mehr. Ich hatte kein Gefühl mehr im Fuß, konnte nicht mehr autofahren“, sagt Sandra Brox-Viehmann. Und dann musste operiert werden. Der Arzt teilte ihr am Abend des Eingriffes mit, dass er schwerer war als gedacht. Und dass er das Facettengelenk, einige Muskelstränge sowie einige Nerven durchtrennen musste, weil sich das Gebilde schon bis in den Bauchraum ausgeweitet hatte.

Nach der Operation, das sei eine schwierige Zeit gewesen. Rund 200 Einzelteile mussten aus dem Rücken der Zweifach-Mutter herausgeholt werden. Plötzlich konnte sie ihre Blase nicht mehr leeren, sie hatte furchtbare Kopfschmerzen und war auf Hilfe angewiesen. „Ich konnte mich nicht alleine anziehen und nicht alleine waschen. Mein Mann war und ist mir eine echte Stütze - ich wüsste nicht, was ich ohne ihn machen würde“, erzählt sie.

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Die Operation, das Gebilde im Rücken. Sie bestimmen bis heute das Leben der 46-Jährigen - und teilen es in ein Davor und ein Danach. Zehn Monate lang schleppte sie sich von Arzt zu Arzt und landete schließlich in der DKD Helios Klinik in Wiesbaden, die sich auf komplizierte Erkrankungen spezialisiert hat.

Das Resultat war ein Schock für Sandra Brox-Viehmann: Ihre Muskel- und Nervenstränge sind kaputt und zu allem Übel hatte sich erneut eine Zyste gebildet. Das Wirbel- und Facettengelenk in der Lendenwirbelsäule waren zusammengefallen „und in diesem Müllberg war mein Nervenkanal eingeklemmt, miteinander verklebt und mittlerweile schon schwarz verfärbt“. Blase und Darm funktionieren nicht richtig. „Der Arzt, der mich operiert hat, hat mich kaputt gemacht“, zieht sie eine traurige Bilanz. Inzwischen hat sie den Mediziner angezeigt, bislang aber nichts erreicht.

Dank Hund „Benny“ kann Sandra Brox-Viehmann jetzt wieder mehr unternehmen und ist mit ihm draußen unterwegs. © Brox

In Heidelberg wurde sie schließlich noch einmal operiert. Danach war klar: Ihr rechtes Bein ist gelähmt. Nun wurden außerdem eine neurogene Darm- und Blasenentleerungsstörung diagnostiziert. Sandra Brox-Viehmann musste fortan eine Reihe von Medikamenten einnehmen und Katheter nutzen.

Assistenzhund Plankstadt: Bezahlung der Behandlung aus eigener Tasche

Nach ihrer Odyssee fühlt sie sich bei ihren jetzigen Ärzten gut betreut. „Aber es wird nie wieder so wie früher“, weiß sie. Ein Spezialist für Schmerztherapie hilft ihr mit den Schmerzen umzugehen. „Durch einen Neurochirurg in der Uni kam ich zu einem Kollegen, der für periphere Nervenschmerzen spezialisiert ist. Er war über mein Schicksal schockiert und bot mir einen Rückenmark-Stimulator an“, erklärt die 46-Jährige. Durch ihn konnte sie ein Opiat absetzen. Das Gerät gibt Dauerstrom von sich und simuliert so dem Gehirn, das da etwas ist. „Ich muss mich alle drei Tage laden. Die Schmerzen sind etwas gesunken, nur leider konnte ich spüren, was ich nicht mehr spüre und das ist zum rechten Bein und dem Intimbereich jetzt auch immer mehr das linke Bein.“ Zahlen muss sie die Behandlung - mit Ausnahme des Simulators - aus der eigenen Tasche.

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„Meine Physiotherapeutin Lisa ist mein rettenden Engel, ihr kann ich nichts vormachen, sie spürt alles und hilft mir unsagbar. Sie war es, die das erste Mal den Begriff ,Inkompletter Querschnitt’ in den Mund nahm. Sie und mein Schmerztherapeut sind meine beiden Personen, die mir immer helfen, die immer für mich da sind und die, die immer ein offenes Ohr für mich haben“, betont sie.

Assistenzhund Plankstadt: Erkrankung schreitet voran – Rollstuhl steht schon bereit

Die Zweifach-Mutter findet klare Worte: „Ich bin nicht mehr die, die ich mal war.“ Allmählich spürt sie auch das linke Bein immer weniger. „Der Rollstuhl steht schon zu Hause, aber ich bringe es noch nicht über mich, ihn zu nutzen“, meint Sandra Brox-Viehmann. Sie falle oft, weil das linke Bein nachlasse. Und sie habe Spastiken und Anfälle, die immer mehr zunehmen.

Über ihre Tochter ist sie an einen Züchter für Assistenz- und Therapiehunde gekommen. Der Kostenvoranschlag ist mit 20 000 Euro keine niedrige Summe. „Aber mir wurde versichert, dass die Krankenkasse das übernimmt“, erklärt sie. Denn „Benny“ gelte als Hilfsmittel. Doch die Krankenkasse stellte sich quer, der Fall ging vors Sozialgericht. Und da liegt er immer noch, weil die Krankenkasse sich weigert, Daten herauszugeben, die für ein Gutachten gebraucht werden.

Sandra Brox-Viehmann und ihrer Familie bleibt nichts anderes übrig, als abzuwarten. Und bis dahin müssen sie die kompletten Kosten alleine tragen. Sie versuchen, Spenden zu sammeln, um über die Runden zu kommen. Viel sei über die Aktionen, die sie gestartet haben, und Anschreiben an Stiftungen bisher aber nicht zusammengekommen. „Ich habe mein Leben lang gearbeitet und jetzt bin ich krank und fühle mich einfach hilflos“, macht sie deutlich. Gerade in solchen Momenten sei „Benny“ unverzichtbar. „Dank ihm bin ich offener.“

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Assistenzhund Plankstadt: "Benny" soll Medikamente bringen

Mit neun Wochen kam der angehende Assistenzhund im März 2022 zu ihnen. „Wenn ich laufe, stützt er mein rechtes Bein“, nennt die 46-Jährige ein Beispiel dafür, wie der Golden Retriever ihr im Alltag hilft. „Wenn er merkt, dass ich nicht mehr kann, legt er sich hin und zwingt mich dazu, eine Pause einzulegen.“ Und er sorgt auch dafür, dass Passanten Abstand halten. Außerdem lernt er Lichtschalter zu betätigen oder beispielsweise Medikamente zu bringen. Das ist wichtig, wenn Sandra Brox-Viehmann später einmal im Rollstuhl sitzt.

„Benny“ fungiert außerdem als Warnhund. Er merkt im Vorfeld, wenn bei der gebürtigen Bayerin ein Anfall im Anmarsch ist. „Er wird dann ganz unruhig und gibt Alarm“, berichtet sie. Wenn sie stürzt, soll „Benny“ Hilfe holen. Der Vierbeiner macht das „Danach“ für Sandra Brox-Viehmann einfacher, erträglicher. „Manchmal bin ich überrascht, wie schlau er ist“, meint sie. Durch den Hund habe sie sehr profitiert und an Lebensqualität gewonnen. Am Ende der Ausbildung müssen der Vierbeiner und seine Halterin dann noch eine Prüfung bestehen, bevor „Benny“ ganz offiziell ein Assistenzhund ist.

Spendenaktion: Sandra Brox-Viehmann ist derzeit auf Spenden angewiesen. Der Sozialverband VdK Ortverband Plankstadt und der VdK Kreisverband Mannheim helfen ihr und unterstützen sie. Sie hat außerdem eine Spendenaktion ins Leben gerufen. Sie kann hier abgerufen werden.

Redaktion Redakteurin Print und Online - zuständig für Plankstadt und Eppelheim

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