Ortsgeschichte

Cellist Hermann Eberwein: Erfolgreicher „Amerikaner“ aus Plankstadt

Der Cellist aus Plankstadt feierte in den USA große Solo-Erfolge. In der Zeit des Nationalsozialismus versteckte er, gemeinsam mit seiner aus Reilingen stammenden Ehefrau, eine Jüdin vor den NS-Schergen.

Von 
Ulrich Kobelke
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Cellist Hermann Eberwein setzte in de r NS-Zeit mit seiner Musik immer wieder auch sehr erdverbundenen Maßstäbe © gvp

Plankstadt. Es war eine überraschende Nachricht 1956. Damals hieß es in einem Bericht dieser Zeitung, dass der in Plankstadt geborene Cellist Hermann Eberwein in den USA große Solo-Erfolge feiern würde. Er war zu dieser Zeit Solocellist des Los Angeles City College Evening Division Opera Orchesters und fiel bei einem Soloabend der Calif Teachers Association in Los Angeles mit Werken von Beethoven, Mendelssohn, Schumann, Reger und Seans-Saens in der Szene auf.

Nach seiner Schulzeit in Schwetzingen und seiner Ausbildung an der Musikhochschule musizierte er oft zusammen mit den in Plankstadt bekannten Musikern Otto Klee (Cello) und Dr. Eugen Knopf (Piano). In den 1930-er und 1940-er Jahren lebte er in Berlin, wo er sein Cellospiel perfektionierte und verfeinerte – damals war er Ensemble-Mitglied gleich mehrerer Orchester.

Im Berlin der Nazi-Zeit kam es zu einer Begegnung, die später sein Leben verändern sollte. Während der Verfolgung der Juden durch die Nationalsozialisten versteckten er und seine aus Reilingen stammende Gattin unter Gefahr für das eigene Leben eine Jüdin vor den NS-Schergen in ihrer Berliner Wohnung in der Nähe der Reichskanzlei.

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Diese Haltung Eberweins ist durchaus nachvollziehbar, denn die Nachfahren von Christian Eberwein II., lebte von 1848 bis 1914 – unter dem Unterscheidungsname „der Schlosser“. Sie standen als stark und unerschütterlich zentrumsorientiert den Nazis äußerst ablehnend gegenüber, was durch Erzählungen auch dadurch belegt ist, dass die Mutter Hermann Eberweins beim Kirchgang für die Nazi-Aufmärsche oder anderer Aktivitäten, beispielsweise der Hitler-Jugend, auf dem Rathaus-Platz – damals war das der Adolf-Hitler-Platz keinerlei Verständnis zeigte und dies auch diesen gegenüber laut zum Ausdruck brachte – eine auch in Plankstadt damals nicht ganz ungefährliche Aktion.

Auch Hermanns Onkel Jakob Eberwein wurde damals trotz mit bestem Erfolg abgelegter Prüfungen zum Rangiermeister jegliche Beförderung verwehrt, da er sich beharrlich weigerte, der NSDAP beizutreten, auch nach wiederholten Aufforderungen und Drohungen durch den damaligen Betriebsleiter des Reichsbahnausbesserungswerks.

In Nazizeit war Vorsicht geboten

Äußerste Vorsicht und ein glückliches Schicksal verhinderten damals die Entdeckung der versteckten Jüdin in der Wohnung Hermann Eberweins und damit ihren sicheren Tod durch Deportation in ein Vernichtungslager – und wohl auch seines eigenen, denn wer Juden versteckte, musste selbst mit der Todesstrafe rechnen.

Die damals versteckte Frau überlebte den Holocaust in Deutschland und wanderte unmittelbar nach 1945 in die USA aus. Der Kontakt zum Ehepaar Eberwein brach jedoch nie wirklich ab und durch ihre Vermittlung ermöglichte sie Hermann Eberwein die Chance, nach Los Angeles zu übersiedeln und dort eine Anstellung als Cellist zu finden.

An der amerikanischen Westküste stieg der junge Musiker in den 1950-er und 1960-er Jahren beim oben angeführten Los Angeles City College Evening Division Opera Orchesters zum Solo-Cellisten auf und wurde auch zu zahlreichen Solo-Cellokonzerten in den USA verpflichtet.

Stammt aus der Eisenbahnstraße

Ende der 1960er Jahre kehrte er nach Deutschland zurück und musste gesundheitsbedingt sein Cellospiel infolge orthopädischer Probleme aufgeben. Er beendete seine musikalische Laufbahn und ging noch einige Jahre einer kaufmännischen Tätigkeit nach.

Einige Jahre lebte er in Obereisesheim bei Heilbronn, bevor er seinen leider nur kurz währenden Ruhestand in Reilingen verbrachte. Im Jahre 1981 verstarb er in Schwetzingen im Krankenhaus.

Hermann Eberwein stammt aus der Eisenbahnstraße 40 und war der Sohn des Gipsers Hermann Eberwein und dessen Ehefrau Susanne, geborene Gaa. Er hatte noch eine Schwester Elisabeth und eine verwitwete Hanselmann, deren Tochter Ursel Muth und deren Sohn Martin Muth noch heute dort im umgebauten Elternhaus leben.

Keine leichte Nachkriegszeit

Das musikalische Talent übertrug sich in der Familie wohl besonders auf den Großneffen Walter Muth, den früheren Bürgermeister von Adelsheim und später Östringen, der in der Region als Chorleiter und äußerst talentierter Organist kein Unbekannter ist.

Leider gibt es außer wenigen Fotos und den nach so langer Zeit nur bruchstückhaften persönlichen Erinnerungen der Verwandten heute keine weiteren Nachweise und Erinnerungsstücke mehr an den Musiker Hermann Eberwein außer besagtem Zeitungsausschnitt von Gustav Stroh, denn der Cellist Hermann Eberwein und seine Frau hatten keine Nachkommen, die man befragen könnte.

Befragt man die wenigen Zeitzeugen, die noch leben und die ebenfalls musikalisch tätig sind oder waren, dann taucht jedoch der Name des Cellisten wieder im Gedächtnis auf.

Auch der Autor dieses Berichts kann sich aus der Kindheit noch an die Besuche Hermann Eberweins beim Großvater Jakob Eberwein, seinem Onkel, erinnern, wenn er in Plankstadt weilte und die beiden im Gespräch alte familiäre Erinnerungen aufleben ließen.

Der Großvater sprach dann immer vom „Berliner Hermann“ oder „dem Amerikaner“ und das Bild des großen und fülligen Verwandten ist mir noch gut vor Augen. Im alten Plankstadt mit seinen vielen Uznamen, hatte Hermann Eberwein bei Freunden und Bekannten den Uz-Namen „der Latz“!

Freier Autor

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