Plankstadt. Die Plankstadter Ahrschipper sind weiterhin voller Herzblut und Leidenschaft im Ahr- und Swisttal im Einsatz. Aktuell befinden sie sich in der Winterpause, werden jedoch ab März wieder einmal pro Monat in die betroffenen Gebiete fahren, um zu helfen.
Die Fahrt sei im Winter schwierig, vereiste Straßen hatten 2022 Probleme bereitet, berichtet Joe Hermann, der Vorsitzende des Vereins. Auch durch Kälte und Lichtbedingungen haben sich die Helfer für eine Pause entschieden. Daher konzentriert sich der Verein momentan auf regionale Projekte, die er weiterhin ausbauen will. An diesem Samstag, 25. Februar, werden die Ahrschipper im Vogelpark ein neues Netz für die Störche spannen und den Samstag darauf bei der „Brücke Schwetzingen“ aushelfen, mit der sie in Zukunft zusammenarbeiten wollen.
Der Verein, der gerade ein Jahr Eintragung feierte, hat 74 aktive und passive Mitglieder zwischen 17 und 73 Jahren. Die meisten kommen aus Ketsch, Oftersheim und Plankstadt. Vereinzelt aber auch aus Mosbach, Pforzheim und Bad-Schönborn. Zu den Einsätzen fahren heute zwischen zwölf und 15 Personen, so Sabine Herrmann. In Corona-Zeiten und gerade am Anfang waren es jedoch deutlich mehr. Im Ahr- und Swisttal gibt es für die Truppe noch einiges zu entkernen, Gebäude werden freigegeben, sie hilft beim Wiederaufbau und bei Verputzarbeiten. Aber sie unterstützt auch bei der Gartenarbeit.
Joe und Sabine Herrmann wollen die Lebensqualität der Menschen vor Ort steigern. Manche lebten den zweiten Winter in Folge ohne Heizung. „Sie können einfach nicht mehr“, betont Hermann. Da helfen kleine Hilfestellungen schon enorm. Jedoch dürfen sie nicht alle Arbeiten verrichten, da es sonst unter Garantieleistungen fallen würde. Auch darum haben die Ahrshipper vor, sich regionaler aufzustellen.
Hermann: „Wirklich coole Truppe“
Das Team wechselt zwischen dem Ahr- und dem Swisttal. Es hatte im Ahrtal begonnen, später wurde es für das Swisttal angefragt. Alle Helfer arbeiten ehrenamtlich, es gäbe wenige Handwerker im Verein. Hauptberuflich arbeiten die Aktiven beispielsweise als Krankenschwestern, Altenpfleger oder im Büro. Einzig einen Maler und einen Elektriker hat der Verein in seinen Reihen. Es sei eine enorme „Power“, die hinter den Leuten stecke, ergänzt Joe Hermann. Die meisten sind Hobbyhandwerker, die sich nach dem Motto „learning by doing“ alles selbst beigebracht haben. „Eine wirklich coole Truppe“, betont Hermann.
Eine Einsatzfahrt dauert einen Tag, von Samstagmorgen bis Samstagabend wird durchgearbeitet. Ihre Aufträge bekommen die Ahrshipper im Swisttal am Helferpoint. „Man glaubt gar nicht, was man alles schaffen kann“, freut sich Sabine Herrmann. Jeder arbeitet wie er kann und will. „Das funktioniert gut und ohne Probleme.“ Inzwischen seien sie ein eingespieltes Team, jeder weiß, was er kann, da gehe es Hand in Hand.
Die Menschen zeigen sich erleichtert über die Hilfe, sie berichten von den Geschehnissen damals. „Sie brauchen immer noch jemand zum Reden“, erzählt Sabine Hermann. Sie findet es jetzt noch relevanter als zuvor, da die Menschen zur Ruhe kommen konnten. Auch beim Ehepaar Hermann ist es immer wieder ein Thema – durch Erinnerungen wie beispielsweise an das Hotel Lockmühle. Dort hatten sie häufig Schlamm geschippt und entkernt. Im Endeffekt musste es jedoch abgerissen werden. Ein Anblick, der alles verändert. „Viele denken, dass alles wieder in Ordnung ist. Aber das ist es nicht“, unterstreicht Sabine Herrmann.
Mittlerweile haben sich Freundschaften entwickelt. Bei vielen Menschen schaut das Paar gerne vorbei. Einer dieser Menschen von ihnen ist der über 80 Jahre alte Hans-Dieter aus Flemersheim. Viermal hat das Team in seinem Haus geholfen, beim Entkernen und Wiederaufbau. Auch mit der Tochter und dem Sohn hat sich ein inniges Verhältnis entwickelt, aber auch mit der Bürgermeisterin und ihrem Mann haben die Ahrschipper ein gutes Verhältnis. Freunde seien aus einem Loch geholt worden – die Gruppendynamik wirke wie eine Therapie. „Es ist ein Geben und ein Nehmen“, so die Herrmanns.
Körperliche und seelische Arbeit
Die Arbeit in den Tälern sei körperlich und seelisch anstrengend, berichtet das Ehepaar, häufig sei es auch Seelsorger. Etwas leisten zu können, ist für beide etwas Tolles. Laut Sabine Herrmann gibt das Gefühl, etwas Positives getan zu haben, mentale Stärke. So mancher Abschied sei schon tränenreich vonstatten gegangen. Geld nehmen sie von den Betroffenen nicht an, aber persönliche Briefe. Die Menschen sehen in den Helfern einen Hoffnungsschimmer. Jetzt freut sich das Ehepaar Hermann, wenn es wieder losgeht. „Du fühlst dich sonst, als würdest du die Menschen im Stich lassen“, meint Sabine Herrmann.
Zur Fasnacht hatte der Verein an den Umzügen in Plankstadt und Ketsch als Fußgruppe teilgenommen, was sich als voller Erfolg entpuppte. „Kostüme“ waren die Outfits, die die Helfer bei ihren Einsätzen tragen. Die Menschen zeigten großes Interesse an ihrer Arbeit und bescherten ihnen einen schönen Moment, indem sie für das Team beim Vorbeigehen applaudierten – als Dank für die Arbeit. Die Idee mitzulaufen, war spontan während einem der monatlichen Stammtischtreffen entstanden, zu denen auch jeder weitere Interessierte eingeladen ist.
Termine und Treffpunkte sind auf der Webseite zu finden. Neue Mitglieder sind willkommen.
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