„Doomools un’ jezzard“ - Von einem Filmtitel, der zur Beleidigung wurde, einer schwangeren Eisverkäuferin und einem Genossen, der aus Liebe einen Schnorres trug

Gewollte und ungewollte Verwechslungen

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sr
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Das ist er – der Plankstadter Campanile, der nur ein Kamin ist. © Schneider

Plankstadt. Seit vielen Jahren beschäftigt sich der Plankstadter Verein „Doomools un’ jezzard“ mit der Ortsgeschichte. Dabei gibt es natürlich immer auch mal lustige Anekdoten, auf die man bei Gesprächen und in Akten stößt. Hier mal eine kleine Auswahl: Fangen wir bei Dr. Ernst Klehr an. Er war nicht nur ein hervorragender Hausarzt, er verfügte auch über viel Humor, der gelegentlich sarkastisch ausfiel. So gab es eines Tages folgende gewollte Verwechslung: Eine Gruppe alter Männer, alle so um die 80, stand auf dem Gehweg beim Rathaus. Dr. Klehr kam mit dem Auto gefahren, stoppte, drehte die Seitenscheibe herunter und sagte: „Männer, ich hab‘ Freikarten fürs Kino in den Rosengarten-Lichtspielen. Wollt ihr welche?“ „Ha ja , Herr Dokder“, kam die vielstimmige Antwort. „Was fer in Film werd dann gschbielt“, wurde gefragt. Antwort: „Hunde, wollt ihr ewig leben.“ Klehr drehte die Scheibe hoch und fuhr weiter. „Der hot uns gemoont un net da Film“, meinte einer.

Eine ungewollte Verwechslung spielte sich im Gemeinderat ab: Es ging um die Benennung der Straßen im Neubaugebiet „Schwetzinger Straße rechts“. Man hatte sich auf die Namen bedeutender Musiker festgelegt. Bach, Händel, Haydn und Max Reger hatte man schnell ausgewählt. Über den Namen für eine letzte Straße kam es zur Diskussion. Richard-Wagner- und Johann-Strauß-Straße wurden vorgeschlagen. Der Protokollant wies darauf hin, dass es in der Schwetzinger Oststadt schon eine Richard-Wagner-Straße gebe. Ein Haus stehe allerdings auf Plankstädter Gemarkung. Dies könne zu Verwechslungen führen. Der FDP-Sprecher sagte, dass Richard-Wagner- phonetisch besser klinge als Johann-Strauß-Straße. Die Musik von Strauß gefalle ihm aber besser als die von Wagner. Der Name Strauß hatte es auch dem Sprecher der CDU-Fraktion angetan, also schlug er eine „Franz-Josef-Strauß-Straße“ vor, was zu großer Heiterkeit führte. Natürlich sah der CDU-Gemeinderat ein, dass er sich verhaspelt hatte – es blieb bei der Johann-Strauß-Straße.

Dich teure Halle grüße ich

Nach Fertigstellung der Mehrzweckhalle suchte man einen Namen. „Kurpfalzhalle“ und „Rhein-Neckar-Halle“ waren bereits andernorts vergeben. Ein eingefleischter Wagnerianer machte mit „Tannhäuser-Halle“ einen merkwürdigen Vorschlag. Verwundert fragte man ihn, wie er auf diese Bezeichnung komme. Der Witzbold fragte zurück, ob man denn nicht die berühmte Hallen-Arie der Elisabeth kenne. Hier heiße es gleich zu Beginn: „Dich teure Halle grüß ich wieder.“ Natürlich wollte er damit keine Werbung für die Wagner-Oper machen, sondern hatte spöttisch die enorme Kostensteigerung beim Bau von rund 7 auf über 14 Millionen Mark im Sinn.

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Für die Mehrzweckhalle war zunächst eine Ölheizung vorgesehen. Es wurde deshalb ein sehr hoher Kamin gebaut. Während der Bauphase wurde dann die Gasversorgung bis zur Mehrzweckhalle erweitert. Hätte man dies im Gemeinderat früher gewusst, wäre ein so riesiger Kamin nicht notwendig gewesen. Schwetzingens seinerzeitiger Bürgermeister Kurt Waibel bezeichnete dieses beeindruckende Bauwerk als Campanile, also als freistehenden Glockenturm. Der Gemeinderat solle Glocken auf dem Kamin installieren. Man könnte dann künftig das Straßenfest bei der Mehrzweckhalle einläuten.

Fritz Nassners Streich

Ein Vorgang, bei dem auch die Schwetzinger Zeitung eine Rolle spielte, ist unter die Rubrik „ungewollte Verwechslungen“ aufzuführen. Berichterstatter für die Lokalzeitung aus Plankstadt war Kämmerer und Heimatforscher Eugen Pfaff. Unter seinen Berichten gab er lange Zeit kein Kürzel an, obwohl ihn der seinerzeitige Chef vom Dienst Fritz Nassner mehrfach darum gebeten hatte. Also dachte sich Nassner einen Streich aus und machte unter die Berichte von Eugen Pfaff ein „ka“. Nun schrieb auch Ratschreiber Hans Ochs für die Schwetzinger Zeitung, beispielsweise über Gemeinderatssitzungen und war der Meinung, dass „ka“ keine Angaben bedeute und setzte unter seine Artikel auch dieses Kürzel. Nun fragte Eugen Pfaff bei passender Gelegenheit den Chef vom Dienst, was er mit „ka“ meine. Die umwerfende Antwort: „Pf oder ff wolltest du nicht. Das erinnere zu sehr an Pfaff. Also dachte ich mir eine andere Bezeichnung für einen Geistlichen aus, nämlich Kaplan.“ So gab es dann im Rathaus zwei Kapläne.

Kurioses beim Fußball

Zunächst müssen wir hier eine Eigentümlichkeit im Plänkschter Dialekt erläutern. Vornamen werden abgekürzt oder verballhornt. Die Besonderheit in Plankstadt war: Endete der Namen mit einem „e“, wurde der Artikel „die“ verwendet. Beispiele: Aus Rolf oder Roland wurde „die“ Rolle, aus Helmut „die“ Helle, aus Heinz „die“ Hinze, und ganz verrückt, aus Karl die „Gille“. Es gab auch eine ganze Reihe von Spitznamen bei den Fußballern, wie die Aule, die Nordse oder die Busse. Die Busse hieß mit bürgerlichem Namen Ernst Schuhmacher und spielte bei der TSG Mittelläufer – also Stopper. Die Busse war ein mit allen Wassern gewaschener Verteidiger. Der ehemalige Stürmer des SC Eintracht Gustav Berger berichtete von den prestigeträchtigen Spielen zwischen den beiden rivalisierenden Plankstädter Fußballmannschaften. Der Eintracht-Stürmer war pfeilschnell, jedenfalls schneller als die Busse. Also wartete er auf einen Steilpass und er schoss los. Aber was war das, die Busse zog mit, bis der Stürmer feststellte, dass der TSG-Stopper ihn mit zwei Fingern an der Sporthose festhielt. Ähnlich verhielt es sich beim Eckball. Der Stürmer wollte zum Kopfball ansetzen. Und wieder hielt ihn die Busse mit zwei Fingern an der Sporthose fest. Und in Unterhosen wollte der Eintrachtler kein Kopfballtor erzielen.

Es gab natürlich auch Spieler mit ausgesprochen männlichen Spitznamen, wie der Kater und der Stecher. Lange bevor es beim Hamburger SV und in der Nationalmannschaft das Kopfballungeheuer Horst Hrubesch gab, gab es in Plankstadt das Kopfungeheuer Karl Berlinghof, den Stecher. Der war ein waschechter Plänkschter, zudem noch ein Siedlinger, sprach aber gepflegtes Hochdeutsch. In der Halbzeitpause dankte er nicht ohne Hintergedanken dem Schiedsrichter für die ausgezeichnete Spielleitung.

Nun zum Außenstürmer Kater, mit bürgerlichen Namen Kurt Munz. Der brachte oft sehenswerte Flanken in den Strafraum und der Stecher köpfte ein. Nun dachte der Kater, als er den Ball am Strafraumeck zugespielt bekam: Den hau ich selber rein und drosch den Ball aufs Tor. Doch der Stecher flog heran und machte wieder einmal ein Kopfballtor. Dann lief er zu seinem Mitspieler und sagte: „Gut gemacht, Kater, aber das nächste Mal nicht ganz so scharf.“

Hartmut Weick, „die“ Orschde genannt, war ebenfalls ein Siedlinger, ein ausgezeichneter Facharbeiter, der gutes Geld verdiente und sich eine „Horex“ als Motorrad leisten konnte. In der zweiten Mannschaft der TSG spielte er in der Verteidigung. Zu einem Auswärtsspiel kramte er an einem Sonntag eiligst seine sieben Sachen zusammen. In der Umkleidekabine des gastgebenden Vereins fiel er dann aus allen Wolken. Er hatte vor lauter Eile die Schuhe verwechselt. Und mit den Sonntags-Ausgehschuhen seiner Mutter wollte und konnte er nicht kicken.

Der Jakob und der Richard waren zwei lustige Gesellen, um keine drollige Aussage verlegen. Der Richard hatte den Spitznamen „die Eeg“. Hochdeutsch: die Egge. Beide trafen sich im Frühjahr – als die Gartenarbeit zu beginnen hatte. Richard stellte die kauzige Scherzfrage: „Jakob, hosch du dein Speischer schun rumgschoort?“ Also übersetzt: „Jakob, hast du deinen Speicher schon umgegraben?“ Die knallharte Antwort: „No, geegt.“

Oswalt Kolle am Kiosk

Der Mitsche Schorsch hatte im Krieg beide Hände verloren. Nach dem Krieg musste er sich trotzdem eine Existenz aufbauen. Er heiratete seine Emmy, eine Schwäbin, was für ihn ein Glücksfall war. Beide betrieben zusammen über viele Jahre hinweg das Rathaus-Kiosk. Georg Mitsch wurde für die SPD dann auch in den Gemeinderat gewählt. Die Zeitschriften, die beim Kiosk verkauft wurden, las der Schorsch zum Teil selber. Darunter befanden sich auch die Veröffentlichungen von Oswalt Kolle über sexuelle Praktiken. Der Schorsch zu seiner Frau: „Emmy, isch gloob, mir hawwe alles falsch gemacht.“ Die Antwort seines Ehegespons in schwäbischer Mundart: „Hör mir uff mit dem Zeig. Isch jo koi Wonder, dass sie zu eisch Mitsche-Bock saget.“ Der Schorsch nahm ihr die Aussage keineswegs übel. Vielmehr erzählte er, was für eine schlagfertige Frau er hat.

Der Franz Weick (Spitzname: Weicks-Mops) war ein richtiger Siedlinger. In seiner Jugend machte er Sport bei den Freien Turnern, nach dem Krieg war er Mitglied der SPD. Das passte alles zusammen. Aufs Rathaus ging er selten. Wenn, dann sprach er bei Hans Ochs vor, der war schließlich auch SPD-Mitglied. Der staunte nicht schlecht: Sein Besucher hatte sich einen kräftigen Schnurrbart wachsen lassen. Hans zum Franz: „Do hosch da in schäner Schnorres wachse losse.“ Franz zu Hans lapidar in fast perfektem Hochdeutsch: „Jawoll, wo Haare sind, da ischt auch Liebe.“

Die Älteren kennen bestimmt auch noch den ersten Eismann in Plankstadt: Alighiero Fiammelli. Zunächst fuhr er Anfang der 1950er-Jahre mit dem Fahrrad und dem Anhänger mit italienischem Eis durch die Straßen, dann eröffnete er an der Jahnstraße das erste Eiscafé. Er machte gute Geschäfte und konnte Urlaub in seiner Heimat machen. Er kehrte mit seiner Frau, die er in Italien geheiratet hatte, nach Plankstadt zurück und betrieb sein Eiscafé im Brühler Weg 2.

Eines Tages erschien er im Rathaus und wollte seinen Gewerbebetrieb abmelden. Erstaunt fragte ihn der Sachbearbeiter, ein guter Kunde bei Fiammelli, weshalb er nach Italien zurück wolle. Antwort: „Meine Frau ist umständlich.“ Nun hatte der Rathausbedienstete überhaupt nicht den Eindruck, dass Fiammellis Frau im Geschäftsbetrieb eine Umstandskrämerin sei. Er bohrte nach. Da stellte sich heraus, dass Frau Fiammelli in anderen Umständen war. Da fällt uns noch eine eine Krankengeschichte ein: Zu Dr. Ernst Klehr kam eine Patientin mit einem Hexenschuss. Um sie zu diagnostizieren, bat er sie, sich nach vorne zu beugen. Da geschah ihr etwas sehr Menschliches. Der Dr. sagte: „Der Schuss ist fort, die Hex‘ ist noch da.“

Und noch eine letzte Anekdote: Erich, einen Berliner, hatte es nach dem Krieg nach Plankstadt verschlagen. Als SPD-Mitglied und evangelischer Kirchgänger fand er rasch Zugang zur Einwohnerschaft. Im fortgeschrittenen Alter von um die 80 hatte er in der Ortsmitte was zu erledigen. Unterwegs traf er einen Genossen. Man unterhielt sich angeregt, als eine junge, hübsche Dame an ihnen vorbeischritt. Daraufhin ergab sich ein Wortwechsel: „Gell, Erich, mit der würdschd gern ämol ausgehe?“ „Nö, nö.“ „Warum net?“ „Die würde mir vorn Staatsanwalt bringen.“ „Wieso denn?“ „Wejen Vorspiejelung falscher Tatsachen.“ sr

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