Zuwanderung

Integration wird in Plankstadt und Eppelheim durch Ehrenamt gestemmt

Trotz insgesamt sinkender Zahlen wächst die Anzahl der Geflüchteten in Plankstadt und Eppelheim langsam weiter. Beide Kommunen wünschen sich mehr Unterstützung von Bund und Land.

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Benjamin Jungbluth
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In der Sammelunterkunft in der Straße Neurott hat die Gemeinde Plankstadt aktuell 42 alleinstehende männliche Geflüchtete untergebracht. Zusätzlich werden hier Kapazitäten für den Fall freigehalten, dass die Zahlen wieder unerwartet steigen. © Benjamin Jungbluth

Plankstadt/Eppelheim. Rund ein Jahrzehnt nach der Spitze der europäischen Flüchtlingskrise 2015/16 geht die Zahl der Menschen, die in Deutschland und der EU Zuflucht oder ein besseres Leben suchen, seit einiger Zeit merklich zurück. Insbesondere auf Bundesebene und damit auch bei den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes hat der Migrationsdruck spürbar nachgelassen. Doch wie ist die Lage auf kommunaler Ebene, wo die Menschen im Anschluss leben und die Integration der vielen Zuwanderer konkret umgesetzt werden muss?

In Plankstadt wohnen nach Angaben der Gemeinde aktuell 275 Flüchtlinge, davon als größte Gruppe allein 115 Ukrainer. Die weiteren wichtigsten Herkunftsländer sind Afghanistan, Syrien, Nigeria, Gambia und Irak. „Die meisten dieser Flüchtlinge haben bereits einen Aufenthaltstitel oder zumindest einen solchen zeitnah in Aussicht“, erläutert Bürgermeister Nils Drescher. Allerdings besitze ein kleiner Teil „von unter zehn Prozent“ nur eine Duldung und sei ausreisepflichtig.

Wie die steigenden Zahlen in Plankstadt zustande kommen

Im Vergleich zu den Vorjahren stagnieren damit die Zahlen in etwa, wobei insgesamt trotzdem immer mehr Flüchtlinge im Ort leben. Das liegt daran, dass zwar einerseits die sogenannten Zuteilungsquoten – also die Vorgaben des Landkreises, wie viele Menschen Plankstadt in der Anschlussunterbringung aufnehmen muss – zuletzt gesunken sind: 2022 lag die Vorgabe noch bei 125 Personen, 2023 bei 85, 2024 bei 48 und für das laufende Jahr 2025 müssen insgesamt 46 Personen neu aufgenommen werden.

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„Das bedeutet andererseits aber auch, dass weiterhin eine feste Anzahl an Menschen hinzukommt, während die bisherigen Personen ja nicht automatisch im gleichen Maße wieder gehen. Aktuell verlassen pro Jahr rund 30 Flüchtlinge unsere Gemeinde. Trotz sinkender Zuwächse kommt es so also insgesamt zu weiterhin langsam steigenden Zahlen“, erklärt Drescher.

Der größte Teil der Flüchtlinge lebt in Wohnungen, die die Gemeinde gekauft oder angemietet hat: 220 Menschen sind es derzeit, während 42 alleinstehende Männer in der Sammelunterkunft in der Straße Neurott wohnen. Der kleine Rest lebt in privaten Wohnungen.

Anders als zur akuten Krisenzeit ab 2015 ist die Lage also geordnet und sind die Kapazitäten ausreichend. Sollten die Zahlen wieder steigen, hätte Plankstadt außerdem gewisse Reserven. „Einen Teil der Sammelunterkunft halten wir für Notfälle frei. Bei unerwartet hohen Zugangszahlen müsste jedoch nach flexiblen Lösungen gesucht werden“, so Drescher.

Trauma-Gespräche für Geflüchtete in Plankstadt

Beim Thema Integration sieht der Bürgermeister die Gemeinde ebenfalls gut aufgestellt. Zwar gebe es keinen festen Asylkreis mehr, doch noch immer würden sich viele Ehrenamtliche bei verschiedenen Projekten oder bei der Förderung einzelner Familien engagieren. „Wir freuen uns jederzeit über weitere Unterstützung“, betont Isabel Tratberger, die als Integrationsbeauftragte die einzelnen Angebote koordiniert. „Ohne Ehrenamtliche geht es einfach nicht. Eine einheimische Psychologin bietet zum Beispiel regelmäßig Trauma-Gespräche an, während eine ukrainische Psychologin benachteiligten Kindern eine spielerische Förderung ermöglicht.“

Auch Alphabetisierungs- und Sprachkurse auf verschiedenen Niveaustufen, eine Hausaufgabennachhilfe, Praktika bei ortsansässigen Gewerbetreibenden sowie eine enge Einbindung in das Ferienprogramm sowie verschiedene Ausflüge könnten so gestemmt werden. „Zugleich binden wir die Flüchtlinge selbst ein, so dass sie sich untereinander bei Arztbesuchen oder Übersetzungen helfen können“, erläutert Tratberger. Stolz ist die Integrationsbeauftragte auch auf Kooperationsangebote, die zugleich einheimische Kinder fördern: So gibt es an der Humboldtschule das Projekt „Heldentraining“, das vom Landessozialministerium gefördert wird und bei dem mehrere zweite Klassen ein Resilienztraining von einem professionellen Coach erhalten.

Wir Kommunen fühlen uns bei den Kosten im Stich gelassen.
Nils Drescher Bürgermeister von Plankstadt

Bürgermeister Nils Drescher kritisiert allerdings die langfristige Finanzierung durch den Bund und das Land. „Wir Kommunen fühlen uns bei den Kosten im Stich gelassen. Nach dem medienwirksamen Flüchtlingsgipfel gab es zwar einmalig mehr Geld, aber die hohen laufenden Kosten für Unterbringung und Integration werden damit bei weitem nicht abgedeckt“, betont Drescher. So würden beispielsweise für regelmäßige weitere Angebote in Plankstadt aktuell die Räumlichkeiten fehlen.

Familien in Eppelheim finden nur schwer eine Wohnung

Im größeren Eppelheim sind die Zahlen indes etwas geringer. So leben hier aktuell 190 Flüchtlinge, die auf insgesamt 13 kommunale Unterkünfte verteilt sind. „Gerade große Familien haben oft Probleme, eigene Wohnungen zu finden, weshalb sie längere Zeit in Gemeinschaftsunterkünften bleiben müssen“, erklärt Ordnungsamtsleiter David Stoiber. Er sieht vor allem einen hohen Bedarf, die Förderprogramme von Bund und Land zu entbürokratisieren. „Manche Projekte laufen nur über ein Jahr und müssen immer wieder aufwendig erneuert werden“, so Stoiber. Auch die feste Aufnahmeverpflichtung für eine bestimmte Anzahl an Personen sei für die Kommunen ein Problem.

Beim Integrationsmanagement verfügt Eppelheim über zwei Stellen, die sich drei Mitarbeiterinnen teilen. Dadurch können sie in einer Art Workshop Hilfe zur Selbsthilfe bei Wohnungsproblemen anbieten oder mit den Betroffenen die Unterlagen durchgehen. Zudem soll ein spezieller Kurs für weibliche Flüchtlinge diese gezielt auf den Arbeits- oder Ausbildungsmarkt vorbereiten.

Ähnlich wie in Plankstadt bilden aber auch in Eppelheim die Ehrenamtlichen das Rückgrat der Integrationsarbeit: Im Haus der Begegnung gibt es Sprachkurse, ein Sprachcafé, psychosoziale Beratungen und eine Hausaufgabenhilfe. „Ohne die Unterstützung aus der Bevölkerung könnten wir all das schlicht nicht stemmen“, betont Ordnungsamtsleiter David Stoiber.

Freier Autor Freier Journalist für die Region Heidelberg, Mannheim und Rhein-Neckar. Zuvor Redakteur bei der Schwetzinger Zeitung, davor Volontariat beim Mannheimer Morgen. Neben dem Studium freie Mitarbeit und Praktika u.a. beim Mannheimer Morgen, der Süddeutschen Zeitung, dem SWR und der Heidelberger Studentenzeitung ruprecht.

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