„Weihnachten für Trauernde“

„Jeder hat das Recht auf Trauer“

Offenes Angebot auf den Friedhöfen der Region

Von 
Laura Kaltschmidt
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Plankstadt. Weihnachten als Fest der Familie, der Liebe und des Beisammenseins erschwert den Verlust eines geliebten Menschen stark. „Gerade an den Feiertagen fällt es auf, wenn ein Platz am Tisch leer bleibt oder gewohnte Traditionen verloren gehen“, erklärt Sebastian Binder (kleines Bild).

Sebastian Binder ist Pastoralreferent der katholischen Kirchengemeinde Schwetzingen, Plankstadt und Oftersheim. „Für Trauernde ist es besonders in diesen Zeiten wichtig, das Gespräch zu finden“, so der Experte. Deshalb bietet er bereits zum zweiten Mal „Weihnachten für Trauernde“ an. Dabei geht es darum, ein offenes Angebot zu stellen, bei dem jeder Trauernde – teils wortwörtlich – an die Hand genommen wird. Die erste Veranstaltung fand am Mittwoch auf den Friedhof in Schwetzingen statt. Am Donnerstag, 22. Dezember, ist Binder auf dem Plankstadter Friedhof anzutreffen und am Freitag, 23. Dezember, auf dem Friedhof der Gemeinde Oftersheim – jeweils von 15 bis 16 Uhr.

„Das Angebot steht allen offen, jeder kann vorbeikommen“, lädt Binder ein. Es werde dann ganz individuell geschaut, was dem Betroffenen gerade guttut. Sei es ein Gespräch, ein Segensgebet oder Ähnliches – er hilft, wo er kann. Das erste Mal gab es das Angebot zur Weihnachtszeit im Jahr 2020. „Damals war es die Hochphase der Pandemie mit zahlreichen Kontaktbeschränkungen, die die Zeit zusätzlich erschwert haben“, erinnert sich Binder. Da sei es optimal gewesen, das Treffen an der frischen Luft mit Abstand zu veranstalten.

Genügend Zeit nehmen und geben

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Zudem sei es vielen Trauernden ein Wunsch gewesen, an das Grab des Verstorbenen zu gehen. „Damals habe ich im Anschluss tröstliche Texte mitgegeben, die man über die Weihnachtstage lesen kann. Die Rückmeldung dazu war sehr positiv“, erzählt der Pastoralreferent. Auch insgesamt sei er erstaunt gewesen, wie zahlreich die Menschen auf alle drei Friedhöfe kamen, weshalb er das Angebot wieder aufgreifen wolle. „Vermutlich ist die Hemmschwelle auf diesem Weg geringer, als sich telefonisch bei einem kirchlichen Mitarbeiter zu melden“, glaubt er.

Außerdem habe es auch Zufallsbegegnungen gegeben, wenn jemand gerade an einem Grab stand. Dass Trauer ein Phänomen ist, das jeden Menschen betrifft, scheint sich bei diesem Projekt ebenfalls zu zeigen: „Das Altersspektrum war sehr bunt gemischt. Von Eltern, die ihre Kinder in jungem Alter verloren haben, über verwitwete Menschen war alles dabei. Auch Trauernde, deren Verlust schon längere Zeit vergangen ist, sind herzlich willkommen.“

Binder nahm immer wieder wahr, dass viele der Hinterbliebenen ein großes Gesprächsbedürfnis haben, weil der Tod häufig ein Tabuthema sei. „Ich entscheide dann individuell, ob ich eher Sprecher oder eher Zuhörer bin.“

Als Ratschlag für alle Trauernden sagt Binder: „Jeder hat das Recht auf Trauer und jeder hat das Recht auf Leben.“ Oft habe man das Gefühl, man müsse schnell wieder „funktionieren“, obwohl Trauer ein langer Prozess sei. Ebenso könne schlechtes Gewissen entstehen, wenn man wieder Glück verspüre und das Fest genieße. „Allerdings haben beide Emotionen ihre Berechtigung.“ Der Glaube und die Worte der Bibel, so der Pastoralreferent abschließend, können bei Verlust und Trauer helfen und vor allem wieder Hoffnung spenden. Dennoch sei auch in dieser Hinsicht jeder willkommen, unabhängig seines Glaubens.

Ein berührendes Projekt also, das hoffentlich wieder zahlreich wahrgenommen wird. Bild: privat

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