Wohnungssituation

"Kantstraße-Nord" in Plankstadt: Was es mit dem Mindestpreis von 900 Euro pro Quadratmeter auf sich hat

Sobald es um Preise geht – sei es für Kauf, Miete oder Bauen – wird Wohnen schnell zum Streitthema. Das hat sich nun auch einmal mehr wegen des Neubaugebiets „Kantstraße-Nord“ in Plankstadt ergeben.

Von 
Lukas Heylmann
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Das Gebiet "Kantstraße-Nord" in Plankstadt nimmt Form an. © Zelt

Plankstadt. Sobald es um Preise geht – sei es für Kauf, Miete oder Bauen – wird Wohnen schnell zum Streitthema. Das hat sich nun auch einmal mehr wegen des Neubaugebiets „Kantstraße-Nord“ in Plankstadt ergeben. Zurzeit läuft noch bis Februar das Bieterverfahren für die zweite Charge der dortigen Grundstücke – zu einem Mindestpreis von 900 Euro pro Quadratmeter Bauland (wir berichteten).

Das hat in den sozialen Medien für Kritik an der Gemeinde gesorgt. Der Tenor mehrerer Kommentare auf der Facebook-Seite der Schwetzinger Zeitung: Solche Preise können keine Normalverdiener bezahlen. Es wurde auch der Vorwurf laut, die Gemeinde wolle sich bereichern – zumal ja im Bieterverfahren das höchste Gebot gilt, der schlussendliche Preis im Grunde also auch weit über dem Mindestpreis liegen könnte.

"Kantstraße-Nord" in Plankstadt: Es liegt an der Rechtslage

Bürgermeister Nils Drescher hält von dieser Kritik wenig. Das liegt zunächst mal an der Rechtslage. Die 900 Euro pro Quadratmeter sind der für das Gebiet „Kantstraße-Nord“ ermittelte Bodenrichtwert. Diese Zahl legt ein überkommunaler Gutachterausschuss unter anderem anhand von vorherigen Verkaufspreisen im selben Gebiet fest.

Das Gebiet "Kantstraße-Nord" nimmt Form an. © Zelt

„Die 900 Euro sind der niedrigste Preis, für den im ersten Bieterverfahren ein Grundstück weggegangen ist“, erklärt Bürgermeister Drescher im Gespräch mit dieser Zeitung. Der durchschnittliche Kaufpreis für die ersten Grundstücke habe bei 1150 Euro pro Quadratmeter gelegen.

Laut der Gemeindeordnung von Baden-Württemberg ist es einer Kommune nur mit Ausnahmegenehmigung erlaubt, Vermögen – also beispielsweise Grundstücke – unter Wert zu verkaufen. Deshalb hatte der Gemeinderat im September den Mindestpreis für das zweite Verfahren im Vergleich zum ersten erhöht.

„Wir wissen auch nicht, wer so ein Grundstück bezahlen soll“, gibt er unumwunden zu. „Zurzeit (Mitte Dezember Anm. d. Red.) ist die Box mit Geboten noch recht leer. Aber das liegt doch nicht nur am Grundstückspreis, sondern auch daran, dass die Baukosten so hoch sind und man keine Materialien bekommt.“ Drescher rechnet es an einem Beispiel vom Projekt „Kantstraße-Nord“ vor: „Da gibt es ein Eckgrundstück, das sich nur so erschließen ließ, dass es jetzt fast 800 Quadratmeter hat. Pi mal Daumen sind das dann mit dem Bau Kosten von 1,2 bis 1,5 Millionen Euro. Wer so viel Geld hat, braucht auch keine Subvention von der Gemeinde.“

Das Gebiet "Kantstraße-Nord" nimmt langsam Form an. © Zelt

Den Umstand, dass Plankstadt die Grundstücke nicht unter dem Richtwert verkaufen darf, verteidigt Drescher klar. „Was der Gemeinde gehört, gehört allen Bürgern“, erläutert er seine Meinung. „Und wenn die Gemeinde aus dem Verkauf Gewinn macht, dann soll der auch allen Bürgern zugutekommen.“ Insofern verstehe er auch die Entscheidung des Gemeinderats, alle Grundstücke im Gebiet „Kantstraße-Nord“ per Bieterverfahren zu vergeben, obwohl er sich selbst bei der Abstimmung 2021 enthalten habe. Denn für das, wovon die Bürger profitieren sollen, brauche die Gemeinde Geld.

"Kantstraße-Nord" in Plankstadt: Menschen von Obdachlosigkeit bedroht

Beispiele dafür folgen auf dem Fuße. Da seien beispielsweise die Ersatzneubauten für die Mehrzweckhalle sowie die Sanierung des Schwimmbads. Vor allem liege der Fokus der Gemeindeverwaltung in Sachen bezahlbarer Wohnraum aber nicht auf Einfamilienhäusern. „Es geht um Menschen, die Kündigungen wegen Eigenbedarf bekommen oder von Bürgergeld leben. Da gibt es Bürger, die mich verzweifelt anrufen und von Obdachlosigkeit bedroht sind und für die muss die Gemeinde doch ein Angebot haben“, findet Drescher.

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Deshalb hat Plankstadt in den vergangenen Jahren zahlreiche Wohnungen und Häuser aufgekauft, um sie selbst zu vermieten – beispielsweise im Brühler Weg. Dazu kommen 42 Wohnungen im Besitz der Gemeinde, die sich im Antoniusquartier befinden und die ab Mitte Januar bezugsfertig sind – zu einem Mietpreis von 7,85 Euro pro Quadratmeter. „Wir wollen auch weiterhin Mieten unter dem Durchschnitt anbieten und das geht nur, so lange wir unseren Haushalt ausgleichen können.“ Plankstadt hat mit rund 350 000 Euro eine relativ geringe Schuldenlast.

"Kantstraße-Nord" in Plankstadt: Antoniusquartier günstiger

Dazu waren auch Grundstücke im Antoniusquartier vergleichsweise günstiger, als sie es im Gebiet „Kantstraße-Nord“ sind. „Bei der Erschließung gab es für die Flächen im Antoniusquartier noch keinen Bodenrichtwert“, erinnert sich der Bürgermeister. So lag der Quadratmeterpreis für Reihenhäuser dort bei 499 Euro, für Doppelhaushälften und freistehende Gebäude bei 519 Euro. Diese Zahlen sind deutlich näher am Durchschnittspreis von baureifem Land in Baden-Württemberg im Jahr 2021, der laut Statistischem Landesamt bei 309,44 pro Quadratmeter lag.

Erstaunlich ist, insbesondere wenn man sich die laute Kritik an den Preisen für Grundstücke in der „Kantstraße-Nord“ vor Augen führt, dass es für das vergleichsweise günstigere Bauland im Antoniusquartier laut Nils Drescher deutlich weniger Gebote gegeben habe. „Für die Reihenmittelhäuser, die ja sicher am bezahlbarsten waren, hatten wir teils zu wenig Bewerber, sodass wir den Aufruf noch mal ins Mitteilungsblatt setzen mussten“, blickt er zurück.

Im Grunde hatte die Gemeinde – wie sich nach Erstellen eines Bodenrichtwertes ergab – das Bauen im Antoniusquartier mit 280 Euro pro Quadratmeter bezuschusst. „Wenn die Eigentümer die Grundstücke dann über fünf Jahre nach dem Kauf wieder verkaufen, landet von dem Erlös nichts mehr bei der Gemeinde – und die Menschen verkaufen es natürlich nicht unter Wert“, gibt Drescher zu bedenken und drückt im Grunde klar aus: Die Gemeinde hat in diesem Fall Geld verloren.

Im Antoniusquartier hatte die Gemeinde auch einige Grundstücke nach sozialen Kriterien vergeben – dass diese bei der „Kantstraße-Nord“ keine Rolle gespielt hatten, war in den sozialen Medien ebenfalls kritisiert worden. „Da gab es ein Punktesystem. Zum Beispiel flossen ein, wie lange jemand schon in Plankstadt wohnt, wie viele Kinder jemand hat und wie alt diese sind“, erläutert der Rathauschef.

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