Versuchter Mord

Messerangriff in Plankstadt: Erster Prozesstag offenbart Details

Versuchter Totschlag wird einem 27-Jährigen vorgeworfen, der in Plankstadt auf seine Mutter, seinen Bruder und sich selbst mit einem Messer eingestochen hat.

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Volker Widdrat
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Die Spurensicherung vor Ort: In einem Mehrfamilienhaus soll ein 27-Jähriger seine Mutter, seinen Bruder und sich selbst mit einem Messer angegriffen und verletzt haben. © PR-Video

Plankstadt. Am Landgericht Mannheim hat am Dienstag der Prozess gegen einen 27-Jährigen begonnen, dem die Anklage versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vorwirft. Das Schwurgericht unter dem Vorsitzenden Richter Gerd Rackwitz muss an fünf Verhandlungstagen klären, was am Morgen des 11. Oktober vergangenen Jahres in dem Mehrfamilienhaus in Plankstadt geschehen ist. Der Angeklagte, der eine weibliche Geschlechtsidentität hat, will als Transgenderperson als Frau angesprochen werden.

Mutter aus Plankstadt muss notoperiert werden

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft schilderte in der Anklageschrift, dass der in Untersuchungshaft einsitzende und an einer drogeninduzierten Psychose leidende Beschuldigte seiner Mutter plötzlich einen Arm um den Hals gelegt und begonnen habe, sie zu würgen. Im weiteren Verlauf des Geschehens sei die Geschädigte mehrfach getreten und geschlagen worden. Im Anschluss soll der 27-Jährige, nachdem seine Mutter zunächst in die Küche und anschließend in das Treppenhaus geflüchtet sei, mit einem Fleischmesser mit einer 23 Zentimeter langen Klinge sich selbst in den Bauch gestochen und dann mehrfach auf die Mutter eingestochen haben.

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sax
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Die Frau hatte erhebliche Verletzungen an Kopf, Rücken und Brustkorb erlitten und musste notoperiert werden. Als der Bruder auf Schreie seiner Mutter ihr zu Hilfe geeilt sei, soll der 27-Jährige zunächst noch einmal sich selbst in den Bauch gestochen und anschließend ihn angegriffen haben. Dem Bruder sei es schließlich gelungen, ihm das Messer abzunehmen und ihn bis zum Eintreffen der Polizei zu fixieren. Aufgrund der drogeninduzierten Psychose soll die Steuerungsfähigkeit des von Rechtsanwältin Sandra Bauer verteidigten 27-Jährigen zur Tatzeit erheblich vermindert gewesen sein.

Gebürtige Schwetzinger habe eine Drogen-Abhängigkeit entwickelt

Der gebürtige Schwetzinger schilderte ausführlich seinen bisherigen Lebensweg. Er habe eine Transidentität. Im vergangenen Jahr habe er eine Abhängigkeit zu Cannabis entwickelt und zeitweise täglich mehrere Joints geraucht. Einen eingereichten Antrag über das Selbstbestimmungsgesetz auf den Geschlechtseintrag habe er wegen der langen Wartezeit und der zu erwartenden hohen Kosten nicht weiterverfolgt. Anzeichen, dass die Geschlechtsidentität nicht mit dem bei der Geburt zugeordneten Geschlecht übereinstimmt, habe es schon in frühester Kindheit gegeben: „Ich konnte mich nicht mehr selbst belügen.“

Für das Outing bei Freunden habe er seinen ganzen Mut zusammengenommen. Es sei eine „chaotische Woche“ gewesen vor der Tat. Der 27-Jährige war einen Tag im Psychiatrischen Zentrum Nordbaden in Wiesloch gewesen, habe sich aber dann selbst entlassen. Mutter und Bruder hätten ihn „aufgelesen“ und zu einer Freundin gebracht. Am Tattag sei er vom Hausarzt krankgeschrieben worden. „Keine schöne Sache, wenn man erfährt, was da passiert ist“, sagte er dem Schwurgericht. Das Verhältnis zur Familie sei immer gut gewesen. Er sei dankbar, dass sein Bruder Schlimmeres verhindert habe.

Wie die Polizei den Tatort in Plankstadt vorgefunden hat

Bei seinen Ausführungen sprach der 27-Jährige von einem „Kampfszenario“, dass er wohl „in einer Matrix gelebt“ habe und „wie eine KI“ gewesen sei. Eine 25-jährige Polizeibeamtin des Reviers Schwetzingen schilderte den Einsatz in dem Wohnhaus in Plankstadt. Eine Frau sei den Polizisten „blutüberströmt entgegengekommen“. Den 27-Jährigen und seinen Bruder habe man in der Kellerwohnung vorgefunden. „Die Kinder sind noch in der Wohnung“, habe die Frau den Polizisten zugerufen, so eine 29-jährige Beamtin. „Ich bin schuld“, soll der 27-Jährige schwach geäußert haben. Das bestätigte ein 26-jähriger Polizeibeamter des Reviers Neckarau.

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Die 54-jährige Mutter sagte ebenfalls aus. „Es ging ihr nicht gut“, schilderte sie unter Tränen das Verhalten ihrer Tochter einige Tage vor der Tat. Ein geplanter Spieleabend sei nicht mehr möglich gewesen. Als sie bei der Attacke gewürgt worden sei, sei sie bewusstlos geworden. Ihre Tochter habe vorher noch gefragt, ob sie auch Stimmen hört. Seit dem Tod der Oma sei es ihrer Tochter immer schlechter gegangen. Sie habe gemerkt, dass ihre Tochter Gras raucht, aber es habe nie Aggressionen gegeben, meinte die 54-Jährige. Psychiater Dr. Hartmut Pleines fragte nach weiteren Auffälligkeiten im Verhalten des 27-Jährigen. Ihre Tochter habe keinen Freundeskreis gehabt. Sie habe erfolgreich eine Ausbildung gemacht und das Abitur nachgeholt. Im Jahr 2022 habe sie gesagt, dass sie trans sei: „Da hat sie wieder mehr gelacht.“

Prozess geht am Donnerstag am Landgericht Mannheim weiter

„Meiner Schwester ging es nicht gut“, gab der 24-jährige Bruder zu Protokoll. Nur eine Freundin habe ihr die nötige Ruhe geben können. Da er die Selbstverteidigungstechnik Jiu-Jitsu beherrsche, habe er sie bei der Bluttat entwaffnen können, beschrieb er den Kampf mit seiner Schwester in der Kellerwohnung. „Kniet nicht auf sie, denn sie ist schwer verletzt“, habe er den eintreffenden Polizisten noch zugerufen. Ihm selbst waren in der unübersichtlichen Lage Handschellen angelegt worden. „Sie war schon die ganze Woche neben der Spur.

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Wir sind nicht mehr zu ihr durchgedrungen“, führte der 24-Jährige weiter aus. Seine Schwester habe ihm aber auf dem Rückweg vom PZN Wiesloch versprochen, sich nichts anzutun. Der Prozess wird am Donnerstag, 15. Mai, um 11 Uhr am Landgericht Mannheim fortgesetzt. Dann wird auch die Gerichtsmedizin gehört.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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