Plankstadt. Es ist beinahe symbolisch, dass am vergangenen Freitagmorgen ein Regenbogen über dem Rathaus in Plankstadt zu sehen ist. Denn ein langes Kapitel geht zu Ende: Bernhard Müller wurde im Trausaal des Rathauses aus seinem Amt verabschiedet. 33 Jahre stand er als Umweltbeauftragter im Dienst der Gemeinde. Durch sein unermüdliches Engagement für den Natur- und Artenschutz habe er maßgeblich zum ökologischen Fortschritt in Plankstadt beigetragen, sagt Bürgermeister Nils Drescher in seiner Rede. Und das nicht nur im Büro, sondern draußen, an Ort und Stelle. „Die Schwetzinger Tageszeitung hatte ihn bei seinem ersten Dienstjubiläum 2013 als ,Hüter der Umwelt‘ bezeichnet. Ein Umwelthüter, das war er – und ständig unterwegs auf unseren Feldwegen. Quasi der moderne Vorläufer eines Naturpark-Rangers“, sagte Bürgermeister Nils Drescher.
Direkt nach seinem Studium trat Bernhard Müller als Diplom-Geograf sein Amt in der Gemeinde an. „Oft hat er betont, der einzige Vollakademiker im Rathaus zu sein“, schmunzelte Nils Drescher. Schon immer sei Müller ein origineller Charakter gewesen: scherzhaft, voll dunklem Sarkasmus und manchmal beinahe nihilistisch.
Statt Vorstellung beim Plankstadter Gemeinderat: Müller in Spanien
Und das zeigte sich schon vor seiner Amtszeit, wie der Rathauschef berichtete: „Als Bewerber sollte er sich 1990 vor dem Gemeinderat vorstellen. Doch dann bei allen die große Verwunderung: Bernhard Müller ist nicht da. Einen Hinweis hatte er hinterlassen, man solle sich doch an seine Mutter wenden.“ Müller selbst war zu diesem Zeitpunkt wohl auf Reisen in Spanien. Trotzdem entschied sich der Gemeinderat unter 38 Bewerbern für ihn – ein früher Beleg für seine Fachkenntnis, die er in etlichen Sitzungen einbringen konnte. Der langfristige Schutz des Ökosystems ist für Müller kein Job, sondern eine Lebensaufgabe. Früh begann er in der Gemeinde ein umfassendes Bewusstsein für Umweltthemen zu verankern – damals wie heute ein steiniger Weg.
Zum Glück ist der „Plankstadt-Ranger“ die Ruhe in Person: „Wer leicht frustrierbar ist, macht keine gute Arbeit und hört auf, sich einzusetzen“, erklärte er. Während seiner Amtszeit koordinierte er viele Projekte, die Plankstadt nachhaltiger gemacht haben. Schon 1994 setzte er sich für die Auslassung von Plastikgeschirr ein. „Das war ein brennendes Thema in den Neunzigerjahren. Steigende Müllzahlen haben damals viele zum Nachdenken gebracht“, sagte Bernhard Müller. „Wir haben damals empfohlen, Plastikgeschirr wegzulassen. Damit das auch klappen konnte, brachten wir ein Geschirrmobil zum Reinigen“, fügte er hinzu. Als der Umweltbeauftragte erfuhr, dass einige Kommunen genau diese Maschinen von Sponsoren bekommen haben, machte er auch in Plankstadt Druck. „Tatsächlich hat uns dann die Sparkasse einen Spülwagwagen gestiftet.“
Im Zuge der Klimakonferenz „Earth Summit“ in Rio de Janiero stieg in den Neunzigern das Bewusstsein für Umweltthemen erheblich. In ganz Deutschland gründeten sich Agendagruppen, so auch in Plankstadt. 1999 bildeten sich hier verschiedene Arbeitsgruppen zu Themen wie Umwelt oder sozialer Gerechtigkeit. Er könne sich noch an die Eröffnungsveranstaltung erinnern: „Im Juli kamen wir für Vorträge zusammen. Die Veranstaltung war auch gleich gut besucht: 150 Menschen tummelten sich im Gemeindezentrum.“
Plankstadter unterstützen in Projekten für Biotope oder Nisthilfen
Bald übernahmen die frisch gegründeten Arbeitsgruppen eigene Aufgaben: Sie pflegten Biotope, erarbeiteten Umweltkonzepte, bauten Nisthilfen und setzten sich für eine bessere Infrastruktur für Fahrräder ein. Nie arbeitete Bernhard Müller allein – er stand im ständigen Austausch mit anderen Umweltbeauftragten in der Region. Er war und ist ein Teamplayer – auch wenn es einmal brenzlig wird. „Um den Jahreswechsel 2016/2017 lernte ich Bernhard Müller persönlich zu schätzen“, berichtet Nils Drescher. „Die Trinkwasserverunreinigung sorgte für schlaflose Nächte und mit Bernhards Hilfe haben wir diese Krise überstanden“, führt er weiter aus.
Trotz zunehmenden Alters hörte Müller nie auf, mit der Zeit zu gehen. Laut seinen Kollegen mal mehr, mal weniger mürrisch. Doch seine Arbeit spricht für sich: In den vergangenen Jahren wurde der Fuhrpark der Gemeinde komplett elektrisiert und Lastenräder eingeführt. „Unvergessen bleiben seine Fahrten mit ,Twizzy’, dem ersten E-Auto der Stadt“, schmunzelte Drescher. Plankstadt wurde jedoch nicht nur mobiler, sondern auch grüner. Allein im Jahr 2016 pflanzte die Stadt 800 neue Bäume.
Von Plankstadt geht es nun mit dem Wohnmobil rund um die iberische Halbinsel
Während seiner letzten Rede im Rathaus hat er eine rote Jacke an – dieselbe, die er an seinem ersten Arbeitstag getragen hat, am 15. Oktober 1990. Nun bricht er in einen neuen Lebensabschnitt auf und das ganz gemütlich. Denn er liebt das Reisen: Mit seiner Frau wird er im Wohnmobil um die iberische Halbinsel fahren. Reich beschenkt wurde er von der Gemeinde mit Süßigkeiten und einem selbst gebastelten Memoryspiel.
Zu sehen sind seine Kollegen und einige seiner denkwürdigen Zitate, wie „Wo ist mein Kaffee“. Gerührt zeigt sich Müller nur selten. Trotzdem lag Wehmut in seiner Stimme, als ihm Nils Drescher dann die Bürgermeistermedaille überreichte. Ein Abschied ist es jedoch nicht auf ganzer Linie: Auch in Zukunft wird Müller für den Umweltschutz in Plankstadt eintreten und bei Fragen zu Verfügung stehen. Doch eins ist gewiss: Bernhard Müllers Engagement wird noch lange zu spüren sein.
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