Plankstadt. In früherer Zeit war die Hasenzucht in der Bevölkerung weit verbreitet und der Stallhase war ein wertvoller Fleischlieferant für den häuslichen Festtagstisch. Auch in Plankstadt.
Davon zeugen auch Ausdrücke wie „Isch hoag’ da oani ins G’nick wie’eme Schdallhoas!“, was auf Hochdeutsch „Ich hau’ Dir eine ins Genick wie einem Stallhasen“ heißt. Dieser Ausspruch wies auf die Art der Tötung hin und wurde natürlich auch im Gegensatz zu heute von jedem verstanden.
Historische Anekdoten aus Plankstadt: "Hoasebelz" sammelt Hasenfelle
So gab es einen Mann - ich glaube, er hieß Wirsibitzki und kam aus Oftersheim - der regelmäßig mit seinem Fahrrad durch die Ortsstraßen fuhr und mit lauter und heiserer Stimme rief „Hoasebelz“, was sagen wollte, dass er die abgezogenen Felle der geschlachteten Stallhasen sammelte. Kein Wunder, dass er bei Jung und Alt nur „der Hoasebelz“ genannt wurde.
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Die Felle hatte der Mann dann gebündelt auf den Gepäckträger des Fahrrads geschnallt; manche waren schon getrocknet, andere hingegen, die aus gerade erfolgter Schlachtung stammten, noch blutig.
Lokale Traditionen und Geschichten aus Plankstadt
Natürlich waren Fest- und Feiertage für den „Hoasebelz“ damals besonders „umsatzstarke“ Tage und Werner Ruppert berichtet von einem Besuch Wirsibitzkis am Mittag des Heiligen Abends bei seinem Großvater, der in der Plankstadter Luisenstraße einen kleinen Flaschenbierhandel betrieb. Dabei erzählte der „Hoasebelz“, dass er als Geschenk ein Parfüm für seine Frau gekauft hatte. Vermutlich beim Ludwig Ahlheim oder einer der anderen kleinen Drogerien im Ort - ein sehr passendes Geschenk für einen, der mit stinkenden Fellen handelte!
Zum Abschluss seiner Tour durch Plankstadt machte er immer Station im Gasthaus „Zum Löwen“ in der Luisenstraße 2 bei Josef Kolb, also „beim Seppl“, wie es im Volksmund damals hieß. Das Rad des fahrenden Geschäftsmannes lehnte dann außen am Gasthaus mitsamt den „Hasenbelzen“, die teilweise blutig vor sich hin tröpfelten. In damaligen Zeiten war das keinerlei Erwähnung wert, man stelle sich aber den Aufschrei der Entrüstung nicht nur von Eltern jüngerer Kinder in heutigen Zeiten vor!
Unartige Kinder wurden früher mit pädagogisch äußerst fragwürdigen Drohungen zur Raison gebracht, indem ihnen gesagt wurde „Wann ned broav bisch, nimmd disch da ,Hoasebelz‘ mit!“, also „Wenn du nicht brav bist, nimmt dich der ,Hoasebelz‘ mit!“ Wirsibitzkis „Erholungsaufenthalte“ im „Löwen“ waren jedenfalls von unterschiedlicher Dauer und mehr oder weniger intensiv, bevor sich der „Hoasebelz“ wieder mit seiner manchmal noch bluttropfenden Fracht auf den Heimweg machte.
Alte Berufe und Handel in der Nachkriegszeit
Besonders in der „schlechten Zeit“ nach dem Zweiten Weltkrieg gab es viele Menschen, die sich einfallsreich ein Zubrot zu ihrer oft kargen Existenz verdienten. Aus dem Odenwald kamen die „Handkäs-Vettere“, die Handkäse aus ihren Körben an den Haustüren anboten; auch die „Meerrettich-Männer“, die Meerrettichstangen aus dem Koffer verkauften, sowie die „Silbersand-Verkäufer“, die feinen Silbersand anboten, waren oft gesehen. Feiner Silbersand wurde früher zum Schrubben und Reinigen der Bodendielen benötigt.
Bekannt im Ort war auch „der Selb“. Die Namensherkunft ist heute unbekannt, ein Mann, der auf dem Gepäckträger seines Fahrrades eine Holzkiste hatte, aus der er Knöpfe, Nähgarn, Schuhfett und Schuhcreme oder Schnürsenkel anbot und die Leute mit dem Satz „Schuhbändl odda Wix - ehr Leit’ brauchd’a nix?“ zum Kauf zu animieren suchte. Bekannt war auch ein Viehhändler, der Ferkel verkaufen wollte und seine Tiere - wie Hans-Peter Helmling erzählt - mit dem Werbespruch anpries: „Ehr Leit, koaft Säu, am beschde koafd’a drei; wann oani varreckt, hedd’a noch zwei!“
Kuriose Handelsrouten: Lumpensammler und Gemüsehändler in Plankstadt
Fast jede Woche kam ein Lumpen- und Alteisenhändler mit seinem Tempo-Dreirad, ein Kleinlaster, und sammelte Lumpen oder Eisen ein. Dafür gab es dann als Belohnung ein irdenes Töpfchen oder Schüsselchen - nur zweite Wahl natürlich! - zum Dank. Der Lumpensammler trug tatsächlich alte Lumpen zusammen, die kein Mensch mehr gebrauchen konnte, denn an eine Altkleidersammlung wie wir sie heute kennen, war in schlechten Zeiten nicht zu denken. Alles, was damals noch in irgendeiner Form verwertbar bar, behielten die Leute, denn Neuanschaffungen waren meist zu kostspielig.
Aus der Pfalz kam auch wöchentlich viele Jahre lang ein Gemüsehändler nach Plankstadt und verkaufte in den Ortsstraßen frisches Gemüse, denn Supermärkte gab es noch nicht und die Kolonialwarengeschäfte wurden damals nicht täglich mit frischer Ware beliefert. Mit seinem Lieferwagen hielt er an diversen Punkten in der Gemeinde und pries lautstark seine Ware an. Dies brachte ihm den Namen „Pälzer Krischer“ ein.
All das ist Vergangenheit und leider wurden damals nicht so häufig Fotos gemacht wie heute, sonst hätte man solche Zeugnisse der Vergangenheit für die Erinnerung auch im Bild festhalten können.
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