Rathaus

Fußgänger sollen mehr im Fokus stehen

Beim Auftaktworkshop des baden-württembergischen Fußverkehrs-Checks werden erste Schritte für eine Priorisierung des Fußverkehrs im Gemeindegebiet gemacht

Von 
Volker Widdrat
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An Stellwänden sind die Begehungsrouten im Osten und Westen von Plankstadt eingezeichnet, wo es nach dem Auftaktworkshop weitergehen wird. © Widdrat

Plankstadt. Fast jeder Erwachsene in Plankstadt hat rechnerisch ein Auto. Über 7000 Fahrzeuge sind in der Gemeinde zugelassen, mehr als 1200 Autos werden tagsüber im Straßenraum geparkt. Der Trend geht zum Drittwagen. Welche Probleme gibt es da für den Fußverkehr? Wo kann man gut und sicher zu Fuß gehen? Wo fehlt Platz? Diese und andere Fragen soll der Fußverkehrs-Check des Landes Baden-Württemberg beantworten. Dieses Jahr hatten sich über 50 Kommunen beworben. Neben Plankstadt erhielten elf weitere Gemeinden den Zuschlag (wir berichteten).

Plankstadt Bürgermeister Nils Drescher begrüßt knapp 50 Bürger zum Auftakt

Bürgermeister Nils Drescher begrüßte zum Auftaktworkshop im Trausaal des Rathauses knapp 50 Bürgerinnen und Bürger, unter ihnen Gemeinderäte sowie Vertreter der Verwaltung und der Lokalen Agenda. Der diesjährige Fußverkehrs-Check unter dem Motto „Ideen für attraktive Orts- und Stadtzentren“ wird unterstützt vom Fachbüro „Planersocietät“ aus Karlsruhe.

Die Verdopplung des ÖPNV, jedes zweite Auto klimaneutral, ein Fünftel weniger Kfz-Verkehr, jeder zweite Weg selbstaktiv zu Fuß oder mit dem Rad – das seien die Ziele der Verkehrspolitik des Landes, erläuterte Drescher und ging auf den ÖPNV-Ausbau in Plankstadt ein: Die Buslinie 713 nach Heidelberg-Neuenheim, die neue Linie 730 mit der Anbindung des Gewerbegebiets und Plankstadt-Nord an den Bahnhof Schwetzingen, die Feinerschließung durch den Bürgerbus und der barrierefreie Ausbau sowie der neue S-Bahn-Haltepunkt in der Schwetzinger Nordstadt.

Der Fußverkehrs-Check passe thematisch sehr gut, da er die Aufenthaltsqualität von Zentren im Fokus habe, plädierte Drescher für einen partizipativen, also teilhabenden Ansatz, um gemeinsam Lösungen zu entwickeln.

Weitere Workshop Termine

Am Montag, 13. November, und Mittwoch, 22. November, jeweils um 16 Uhr, finden zwei Begehungen zu Fuß durch Plankstadt statt, wobei vor Ort Schwachstellen ermittelt und mögliche Lösungen diskutiert werden.

Die Vorschläge zur Fußverkehrsförderung werden bei einem Abschlussworkshop am Donnerstag, 7. Dezember, um 18 Uhr im Trausaal des Rathauses vorgestellt.

Jan Hauenstein und Raphael Domin vom integrierten Stadt- und Verkehrsplanungsbüro „Planersocietät“ aus Karlsruhe vermittelten Einblicke in das Thema Fußverkehr. Verkehrspolitisches Ziel des Landes sei, den Fußverkehrsanteil von aktuell rund 22 Prozent bis 2030 auf 30 Prozent der Wege zu erhöhen und „deutlich mehr lebendige und verkehrsberuhigte Ortsmitten“ zu schaffen. Seit 2015 werden Kommunen bei der Durchführung von Fußverkehrs-Checks unterstützt, seit 2021 gibt es Fußverkehrsbeauftragte in den Regierungspräsidien. Kleinere Maßnahmen wie Heckenschnitte hätten oft kurzfristig umgesetzt werden können, aber auch größere Veränderungen wie zum Beispiel Querungsanlagen, schilderte Hauenstein.

Zufußgehen sei die einfachste und elementarste Fortbewegungsart, so der Experte: „Geringer Platzanspruch, kein Kurvenradius und kein Bremsweg, niedrige Geschwindigkeiten.“ Fußverkehr sei umwelt- und sozialverträglich, flexibel und spontan, dazu gesundheitsfördernd und ohne technischen Aufwand machbar. Alle Verkehrsteilnehmer seien auch immer Fußgänger, trotzdem sei der Fußverkehr verkehrspolitisch lange Zeit kaum beachtet worden.

Planer Jan Hauenstein markiert mit Punkten, wie die Besucher zum Rathaus kommen. © Volker Widdrat

Besonders im Grundschul- und Rentenalter werden viele Wege zu Fuß zurückgelegt. Und Frauen sind häufiger als Männer zu Fuß unterwegs. Wesentlicher Faktor ist auch der „ruhende Fußverkehr“ beim Stehen und Sitzen.

Rund 35 Prozent der Wege über alle Verkehrsmittel sind kürzer als zwei Kilometer. Eine Fußverkehrsförderung trägt zur Belebung des öffentlichen Raumes bei, denn attraktiv gestaltete Straßenzüge erhöhen das subjektive Sicherheitsgefühl und schaffen Urbanität, führte Domin aus. Gute Bedingungen für Fußgänger führen zu einer häufigeren Nutzung des ÖPNV.

Ein langweiliger Stadtraum, schmale Gehwege, Hindernisse, fehlende Querungen, Angsträume wie Unterführungen und mangelnde Barrierefreiheit halten uns vom Gehen ab, erklärte Hauenstein typische Handlungsfelder des Checks.

Attraktive Schulwege sollen in Plankstadt das Elterntaxi vermeiden

„Attraktive Gehwege“ sind mindestens zweieinhalb Meter breit, durchgängig barrierefrei, frei von parkenden Fahrzeugen und Hindernissen sowie ohne Konflikte zum Beispiel mit dem Radverkehr. Beim Schulverkehr geht es darum, ein sicheres Schulumfeld und attraktive Schulwege zu schaffen und den Hol- und Bringverkehr durch das Elterntaxi zu vermeiden. Sichere Schulwegpläne der Gemeinden gehören ebenso dazu.

In zwei Gruppen gingen die Workshop-Teilnehmer in die Arbeitsphase. Aufgeteilt an zwei Stellwänden mit den auf Plänen eingezeichneten Begehungsrouten im Osten und Westen von Plankstadt wurden verschiedene Stationen thematisiert. Ideen gab es genügend.

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Wenn die Wilhelmstraße und der Waldpfad zu Einbahnstraßen würden, könne man einen Radweg einrichten. In alten engen Straßen müsse es nicht zwei Gehwege geben. Fahrräder sollten nicht auf Gehwegen abgestellt werden. An der Friedrichschule müsste ein verkehrsberuhigter Bereich her. Sperrmüll sollte nicht auf dem Gehweg gelagert werden.

Beim Thema Barrierefreiheit gebe es Stellen, an denen nicht jeder durchkommt. Bei Gebäuden mit Ärzten gebe es keine Möglichkeit, jemanden schnell aussteigen zu lassen. Mal seien Ampelphasen zu lang, mal zu kurz. Ausfahrten aus Tiefgaragen seien besonders an Gehwegen gefährlich. „Wir werden genau schauen, wie weit wir gemeinsam gehen können“, resümierte Hauenstein. Bei zwei Begehungen mit den Bürgern soll nun untersucht werden, wo Verbesserungsbedarf besteht, an welcher Stelle es bereits gut gelöst ist und warum welches Problem besonders genau betrachtet werden muss.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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