Bücherei

Plankstadter Experten geben spannende Literaturtipps

Die Literaturexperten Barbara Hennl-Goll, Dagmar Krebaum und Jürgen Haber sprechen in der Gemeindebücherei über Neuerscheinungen beim „Plänkschder Bücherherbst“.

Von 
Maria Herlo
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Beim Plänkschder Bücherherbst stellen Dagmar Krebaum (v.l.), Barbara Hennl-Goll und Jürgen Haber in der Bücherei Plankstadt Neuheiten vor. © Lenhardt

Plankstadt. Mit einem originellen Einfall stimmte Claudia Verclas, Leiterin der Gemeindebücherei, auf den „Bücherherbst“ vom vergangenen Mittwochabend ein, sie las den Dialog zwischen Esel und Affen aus „Das ist ein Buch“ von Lane Smith vor, wo der Esel nur noch die Welt der Computer kennt und nicht glauben kann, dass es ein Ding gibt wie das Buch, das man nicht bloggen, nicht scrollen und nicht hören kann.

Dieses Kinderbuch ab vier Jahren ist eine moderne Parabel auf die digitale Welt, ein Plädoyer fürs analoge Lesen und das gedruckte Buch. Und das passte zu diesem Buchvorstellungsabend, an dem die passionierten Leser und Literaturkenner Barbara Hennl-Goll, Dagmar Krebaum und Jürgen Haber mit ihrer Präsentation von aktuellen Neuerscheinungen ebenfalls eine Lanze brachen fürs Buch und fürs Lesen.

Literatur aus Slowenien, Deutschland und den USA ist ebenfalls bei den Tipps dabei

Kenntnisreich haben sie den literarischen Bogen weit gespannt, beginnend mit Kinder- und Jugendbüchern, über Literatur aus Slowenien, Deutschland und den USA bis hin zu Krimis, die aus ihrer Sicht lesenswert sind. Und auch diesmal machten sie eindrücklich deutlich, was Literatur alles kann und warum das Lesen unser Leben bereichert. Der Genuss der Veranstaltung bestand auch im Zuhören bei einem Glas Rotwein, das die Mitarbeiterinnen der Bücherei zu Knabbereien anboten. 

„Mit welchem Genre können wir einen solchen Abend besser eröffnen als mit Kinderliteratur“, begann Barbara Hennl-Goll, die in Anlehnung an das Gastland der diesjährigen Frankfurter Buchmesse Slowenien dem literarisch interessiertem Publikum das Bilderbuch „Wer umarmt den kleinen Igel?“ von Jana Bauer (illustriert von Peter Skerl) ans Herz legte. Die slowenische Autorin erhielt dafür den Kristina Brenkova Award 2022. „Es ist eine fantasievolle, wunderbare Geschichte über Freundschaft“, sagte Hennl-Goll, „mit dem Grundtenor, dass jeder, wenn er noch so stachelig ist, Zuwendung braucht.“ Hennl-Goll empfahl zudem das von Ula Prap geschriebene und illustrierte Kinderbuch „Warum?“, ein Klassiker der slowenischen Kinderliteratur und erfolgreichstes Bilderbuch aller Zeiten, das schon die Kleinsten für Bücher begeistern kann, wie sie sagte.

Ein weiterer Tipp Hennl-Golls war das außergewöhnliche Buch „Die Träumenden von Madras“ des indischen Bestsellerautors Abraham Verghese, der auf fast 900 Seiten die Geschichte einer Familie aus Kerala aufrollt, sowie der Roman „Die karierten Mädchen“ von Alexa Hennig von Lange, der erste Teil der Trilogie „Heimkehr“, ein „wichtiges Zeitdokument, hervorragend recherchiert und lebendig erzählt“. Großartig findet Hennl-Goll den Thriller „Ingenium“ von Danielle Trussoni, auf den sie zehn Jahre warten musste, eine spannende Lektüre, „ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen“. 

Einen Einblick in die reiche Kultur Sloweniens

Zu Slowenien empfahl Literaturkennerin Dagmar Krebaum zunächst das im Wagenbach-Verlag erschienene Büchlein „Ljubljana und Slowenien – Eine literarische Einladung“, das einen guten Einblick in die reiche Kultur des kleinen Landes zwischen der Adria und den Alpen mit nur zwei Millionen Einwohnern gibt, Land, dessen Literatur, mit großer Vorliebe für die Lyrik, von der wechsel- und leidvollen Geschichte geprägt ist.

Eine wahre literarische Entdeckung war für Krebaum der Roman „Nachtfrauen“ von Maja Haderlap, eine Autorin, die in Deutschland bekannt sein dürfte, da sie 2011 für Auszüge aus dem Roman „Engel des Vergessens“ den renommierten Bachmann-Preis gewonnen hat. Der Handlung liegt die Geschichte dreier Generationen von Frauen zu Grunde in ihrem Ringen um Selbstbestimmung. Besonders gefiel Krebaum, dass dieses Thema ein zeitlos aktuelles ist, mit dem sich Frauen über die Grenzen Sloweniens hinaus auseinandersetzten.

Von Roman Rozina, dem meistgelesenen und bedeutendsten Autor Sloweniens, stellte Dagmar Krebaum das monumentale Werk „Hundert Jahre Blindheit“ vor. Lohnenswert ist die Lektüre schon deswegen, weil der Autor den Leser auf einen Ritt durch die Geschichte der letzten hundert Jahre mitnimmt und eine ganze Menge über das Leben in einer Bergbauregion vermittelt, wobei auch „viele Parallelen zu unserer eigenen Geschichte zu erkennen sind“. Im Verlauf des Abends gelang Dagmar Krebaum weitere reflektierte Zugänge zu packend erzählten Büchern über starke Frauen wie „Ein Mädchen mit Prokura“ von Christa Anita Brück und „Marschlande“ von Jarka Kubsova.

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Auf den Krimi „Die Einladung“ von Sofia Slater ist Jürgen Haber durch das Cover aufmerksam geworden, wie  er gestand, aber auch inhaltlich hat es viel Spannendes zu bieten. Habers zweiter Tipp war „Der letzte Zug nach Schottland“ von Josephine Tey, die nach Habers Einschätzung eine „begnadete Erzählerin“ sei. Dieser informative, unterhaltsame Abend, der nur begeisterte Zuhörer zurückließ, endete mit aussagefähigen Zitaten, die Dagmar Krebaum aus der Friedenspreisrede Salman Rushdies auswählte, darunter: „Wir leben in einer Zeit, von der ich nicht geglaubt habe, sie erleben zu müssen, eine Zeit, in der die Freiheit – insbesondere die Meinungsfreiheit, ohne die es die Welt der Bücher nicht gäbe – von reaktionären Seiten (…) angegriffen wird. Und ich weiß, Kunst ist die Antwort auf (…) die Barbarei …“

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