Heraldik (Teil 2)

Das Wappen der Gemeinde Reilingen wirft viele Fragen auf

Das älteste bekannte Siegel von Reilingen stammt aus dem Jahr 1719. Heute zieren ein Hase und drei Sterne das Hoheitszeichen. Das lässt Raum für Interpretationen.

Von 
Loreen Apel
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Die Außenansicht des Rathauses mit dem Gemeindewappen über der Tür. © Dorothea Lenhardt

Reilingen. Jedes Gemeindewappen hat seine eigene Geschichte. Diese Reihe zeigt, welche Theorien die Symbole mitbringen und gibt Einblicke in die Wappenkunde, auch Heraldik genannt. Die Gemeinde Reilingen hat eine lange Geschichte. Es gibt viele Informationen und Hinweise auf die Vergangenheit, viele sind aber auch mit der Zerstörung der Burg Wersau verloren gegangen. Obwohl das Wappen simpel erscheint, sind die Theorien vielfältig.

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In der Heraldik wird die detaillierte Beschreibung eines Wappens „Blasonierung“ genannt. Die von Reilingen lautet: „In Blau ein silberner (weißer) Hasenkopf, oben rechts drei achtstrahlige silberne (weiße) Sterne. Richtungsbeschreibungen erfolgen immer von der Seite des Trägers, wodurch der Hase nach rechts blickt und die Sterne oben rechts sind.“ Der Hase und die Sterne gehören zusammen mit allen Lebewesen und Gegenständen zu den „gemeinen Figuren“. Geometrische Figuren, die bis an die Ränder reichen, heißen „Heroldsbilder“.

Das älteste Siegel der Stadt Reilingen zierte neben dem Hasen und den Sternen auch ein Löwe

Marcel Dörfer und Walter Dorn vom Heimatverein halfen, den momentanen Stand der Forschung zu diesem Wappen darzulegen. Das älteste bekannte Siegel ist auf das Jahr 1719 datiert und diente als Gerichtssiegel. Dieses liegt überraschenderweise in Heidelberg und nicht wie zu erwarten im Generallandesarchiv Karlsruhe. Die Fächerstadt ist das Bezirksamt und bewahrt normalerweise die meisten Siegel der Region auf.

Die Gründe sind momentan unbekannt. Vom 15. Jahrhundert bis 1802 gehörte Reilingen zur Kurpfalz. Das wurde ursprünglich im Wappen festgehalten. Ein liegender Löwe, das Symbol der pfälzischen Hoheit, war auf dem Wappen selbst zu finden. Geziert wurde das Wappen von drei Sternen und Lorbeer- oder vielleicht Palmkränzen. Mit dem Übergang an das badische Großherzogtum wurden der Löwe und der Kranz im 19. Jahrhundert entfernt.

Im Jahr 1958 wollte der Gemeinderat Reilingen eine eigene Flagge besitzen. Dafür war eine Genehmigung des Bezirksamts Karlsruhe nötig. Somit wurden verschiedene Vorschläge seitens des Gemeinderats entworfen. In den meisten Entwürfen wurden der Löwe und die Umkränzung wieder verwendet. Offiziell wurde dieser Einfall anonym eingereicht. Dörfer und Dorn vermuten jedoch, dass die Idee vom Gemeinderat selbst kam. Karlsruhe lehnte die Vorschläge ab.

Die Begründung: Diese entsprachen nicht den geltenden Vorschriften. Es sei nichts außerhalb des Wappens zulässig. Somit wurden die Verzierungen weggelassen und es verblieb der Hase mit den Sternen. Die Farben Blau und Silber (Weiß) erinnern dabei an die bayerisch-wittelsbachischen Grundfarben der Pfälzer Kurfürsten anstelle des Löwen. Über die restlichen Symbole existieren lediglich nicht belegbare Theorien.

Das Siegel der Stadt Reilingen lässt Interpretationsspielraum

Besonders der Hase wirft teilweise lebhafte Vermutungen auf. Vielleicht lebten viele Hasen in der Umgebung oder es war einfach ein schönes Motiv. Eine andere Idee war, dass der Hase in Wirklichkeit ein schlecht gezeichneter Esel sei. Die älteren Siegel und Grenzsteine lassen mehr Spielraum zur Spekulation offen.

Der Esel könnte eine Anspielung auf die Ortsherrschaft durch das Kloster Maulbronn sein. Eine andere Idee nimmt christliche Bezüge auf. Die drei Sterne könnten die drei heiligen Könige symbolisieren, während der Esel und die Palmenblätter auf die Geschichte Jesu hinweisen.

Der nächste Ansatz reicht noch früher in die Geschichte. Reilingen wurde erstmals 1268 in einer Urkunde erwähnt. Damals hatte die Gemeinde noch ein Schloss, das während des Dreißigjährigen Krieges (1618 bis 1648) zerstört wurde. Es bestehe die Hoffnung, dass noch mal etwas gefunden wird, das mehr Informationen geben kann.

Zum Beispiel wurden Teile von Ackereisen, römische Münzen und ein Merkurkopf gefunden, was auf ein Bestehen schon im Frühmittelalter hindeutet. Früher hieß die Gemeinde „Villa Reitling“. Mit der römischen Geschichte spricht es eher für Lorbeerkränze im früheren Wappen und Siegel. Vielleicht wurde mit dem Gerichtssiegel versucht, alle Ursprünge der Gemeinde festzuhalten - vielleicht aber auch nicht.

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