Reilingen/Jargeau. 887 141 – so viele Schritte müsste ein durchschnittlich großer Mensch für die Strecke von Reilingen nach Jargeau gehen. Umso besser, dass es Fahrräder gibt. Das dachten sich auch Peter Hancke, Rudi Christ und Ralph Pfahler, die sich per Vélo auf eine mehrtägige Radtour in Richtung der französischen Partnergemeinde von Reilingen begaben. Drei Männer, 621 Kilometer, sechs Etappen – alles im Sinne der deutsch-französischen Freundschaft.
Als Peter Hancke im Jahr 1990 erstmals – gemeinsam mit Reinhard Bullawa, Reinhold Schröter und Otto Reeb – auf eine Radtour von Reilingen nach Jargeau aufbrach, hätte er wohl nicht gedacht, dass er 33 Jahre später und im Alter von 70 Jahren nochmals die 621 Kilometer hinter sich bringen wird – und das sogar schneller als prognostiziert. Denn die Tour war von Mitfahrer Rudi Christ ursprünglich auf sieben Etappen ausgelegt, spätestens eine Woche nach der Abfahrt in Reilingen wollte man am Zielort Jargeau ankommen.
Doch das Wetter und vor allem der Wind meinten es gut mit dem „Tour de France“-Trio, nachdem es vom Reilinger Rathaus – natürlich gebührend von Bürgermeister Stefan Weisbrod verabschiedet – in Richtung französische Grenze aufbrach. Während Hancke mit seinem E-Bike startete, verließen sich seine beiden Begleiter Christ und Pfahler bei der doch anspruchsvollen Tour mit 3530 Höhenmetern auf ihre Muskelkraft. Organisatorisch sollten in den kommenden Tagen immer zwei auf dem Rad unterwegs sein, während einer parallel den Bus mit Gepäck und Verpflegung steuern sollte.
Reilinger radeln nach Jargeau: Sitzfleisch intakt
Die erste Tagesetappe verlief dann auch sofort wider Erwarten gut: Mit einer Fahrzeit von zirka sechs Stunden schafften die Radler eine Distanz von 135 Kilometern und überquerten sogar schon die französische Grenze bis zum Zielort Saverne im Unterelsass. „Das Sitzfleisch ist etwas angegriffen aber intakt. Unterwegs war sehr große Hitze, aber es war relativ einfach, den Weg zu finden“, berichtet das Trio nach dem ersten Tourtag.
Dieser führte das Trio vorbei an der deutschen Stadt Wörth, über die französische Grenze und dann von Walthenheim sur Zorn entlang an einem schmalen Radweg direkt am Rhein-Marne-Kanal. Angekommen in Saverne begaben sich die Reilinger an die Aufgabe der Hotelsuche, die jedoch von Rudi Christ mit Bravur bewältigt wurde. Die nächsten Tage sollten geprägt sein von hohen Temperaturen, willkommenen Rückenwind, traumhaften Ausblicken sowie anspruchsvollen Anstiegen.
So ging es am zweiten Tag weiter am Rhein-Marne-Kanal entlang, wo das Trio mit teilweise schlechten und unebenen Wegen sowie einem ständigen Auf und Ab zu kämpfen hatte. Doch Richtung des Tagesziels Nancy, der Hauptstadt des Herzogtums Lothringen, wurde die Fahrt ruhiger. Ohne Komplikationen beendeten die Reilinger ihre zweite Etappe nach 98 Tageskilometern.
Reilinger radeln nach Jargeau und erreichen höchsten Punkt der Tour am dritten Tag
Bereits am dritten Tag wurde mit 440 Metern bei Faviéres der höchste Punkt der Tour erreicht. „Dabei gab es einen reizvollen Ausblick auf das wellige Lothringen, der von vielen kleinen und verschlafenen Ortschaften geprägt war“, berichten die Radler. Nach einem mörderischen Anstieg von elf Prozent bei einer Temperatur von 33 Grad Celsius beendete das Trio die Etappe nach schleppenden 111 Kilometern in einer eher spartanischen Unterkunft bei Chaumant.
Nach drei Tagen hatten die Reilinger schon mehr als die Hälfte der anberaumten Strecke geschafft – 270 Kilometer waren es noch bis nach Jargeau. Doch die nächsten Tage durch Burgund bis hin zum Loire-Tal sollten weiterhin wellig und heiß bleiben. Im Resümee zur Tourhälfte zeigten sich die Radler optimistisch und begeistert: „Wir sind gespannt auf den restlichen Weg und die Harmonie zwischen uns ist weiterhin einfach super.“
Mit einer „schönen Weiterfahrt“durch die fabelhafte Altstadt von Auxerre wurde die Loire auf schmalen Sträßchen durch schöne Gegenden überquert. Hier nutzten die Radler den Pont Canal, eine aus dem 19. Jahrhundert stammende Kanalbrücke, die zwei Fahrradwege führt. Die Reilinger Partnergemeinde war nun nur noch einen Katzensprung entfernt.
Und so brachte Peter Hancke am folgenden Tag den Bus nach Jargeau, stieg auf sein E-Bike und fuhr seinen beiden Mitradlern bis nach Sully-sur-Loire entgegen. 25 Kilometer von Jargeau entfernt traf sich das Trio am Château Sully und verweilt noch etwas in einer Bar. Angekommen in Reilingens Partnergemeinde begab sich das Trio zunächst erfolglos auf Hotelsuche – die ausgewählten Alternativen waren entweder ausgebucht oder geschlossen.
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„Dann ging es zunächst zurück ans Rathaus“, so die Tourfahrer. Dort wartete eine Begrüßungsdelegation bestehend aus Isabelle Prud’homme, Denis und Nathalie Rouet, Michel und Monique Alleaume sowie Jean-Marc Gibey. Sinnbildlich für die langjährige Freundschaft zwischen Reilingen und Jargeau mussten die deutschen Gäste auch nicht länger auf die Suche nach einer Unterkunft gehen. Denn Valerie Villeret aus Jargeau bot direkt und ohne zu zögern an, bei ihr zu übernachten.
Dusche und Bierchen zur Rückkehr von Jargeau nach Reilingen
Doch zunächst galt es, Zeit zu überbrücken, bis die französische Gastgeberin nach Hause kommen sollte. Denis Rouet lud das Trio ein, bei ihm eine Dusche zu nehmen und ein Bier zu trinken. Nachdem die Radler im Anschluss ihre Sachen bei Valerie Villeret untergebracht haben, ging es direkt weiter auf einen Aperitif zu Michel Burgé, bevor bei den Rouets ein gutes Abendessen in gemütlicher Atmosphäre gab. „Danach gingen wir schwerfällig und müde ins Bett“, so Rudi Christ.
Der zweite Tag in Jargeau führte das „Tour de France“-Team auf diplomatische Mission mit zahlreichen Gastbesuchen. So gab es einen Kaffee bei Jargeaus Altbürgermeister Jean-Marc Gibey und ein Mittagessen mit seiner Nachfolgerin Sophie Héron sowie dem Vorsitzenden der Association Jargeau-Reilingen Volker Billen. Dabei trafen die Radler erst mal in der Woche auf schlechtes Wetter – nahmen sie ihr Essen zunächst unter freiem Himmel zu sich, wurden sie schnell durch einen regnerisches Sturm vertrieben.
Nach einem kurzen Bummel durch die Innenstadt Jargeaus, bei dem die Gäste den Charme der Gemeinde aufsaugen konnten, ging es noch zu einem Besuch zu den beiden ehemaligen Vorsitzenden des Freundeskreises Serge Tronchet und François Obersson. Ein Tag voller interessanter Menschen und etlichen freundschaftlichen Gesprächen endete dann mit einem Abendessen bei Gastgeberin Valerie Villeret.
Die Zeit im Zentrum Frankreichs verging wie im Fluge und am folgenden Tag stand schon die Rückreise nach Deutschland an. Nach einem Frühstück mit ihren exzellenten Gastgebern packten die Reilinger ihren Bus und fuhren motorisiert zurück in die Kurpfalz.
Eine Tour, die so schnell nicht in Vergessenheit geraten wird, endete somit und ruft schon jetzt nach einer Wiederholung. Gleichzeitig stellt sie einen weiteren Meilenstein in der unvergleichlichen Freundschaft zwischen Reilingen und Jargeau dar, bei dem die französischen Partner ihre Qualitäten als Gastgeber beeindruckend unter Beweis gestellt haben, wie Peter Hancke, Rudi Christ und Ralph Pfahler betonen.
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