Tierschutz

Drohnengruppe der Feuerwehr Altlußheim: Rettung für Mensch und Tier kommt aus der Luft

Landwirt Michael Hoffmann und die Freiwillige Feuerwehr Altlußheim setzen Drohnen mit Wärmebildkameras ein, um Rehkitze vor der Mahd zu retten und auch bei anderen Rettungseinsätzen zu helfen. Die Drohnen ermöglichen es, die Tiere zu orten und aus gefährdeten Gebieten zu entfernen, was sowohl den Tieren als auch den Rettern zugutekommt.

Von 
Andreas Wühler
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Die Drohne der Freiwilligen Feuerwehr Altlußheim ist ein Hightech-Produkt und kann mit Lautsprechern und Scheinwerfern ausgestattet werden. © Dietrich

Altlußheim. Eigentlich bestehe jetzt für die Kitze keine Gefahr mehr, das junge Rehwild sei mittlerweile entsprechend entwickelt und fliehe bei Gefahr, stellt Landwirt Michael Hoffmann vom Wersauer Hof auf einer Wiese fest, die westlich des Blausees liegt und an den dortigen Parkplatz angrenzt.

Im Mai, so Hoffmann, wenn die Mahd einsetzt, sieht dies noch ganz anders aus, dann ducken sich die Tiere bei Gefahr ins Gras und geben keinen Mucks mehr von sich. Was sie vor einem Angreifer wohl retten kann, bei einem Mähdrescher jedoch schnell zur tödlichen Gefahr wird. Doch mittlerweile eilt der technische Fortschritt den Tieren zur Hilfe – mit Wärmekameras ausgestattete Drohnen spüren die Tiere zuverlässig auf und erlauben es Rettern, sie aus den betroffenen Gebieten zu entfernen.

Drohnengruppe bei der Feuerwehr Altlußheim gegründet

Über ein solches Gerät verfügt die Freiwillige Feuerwehr Altlußheim – der rege Förderverein der Wehr hat die Anschaffung ermöglicht – die vor zwei Jahren eine eigene Drohnengruppe gegründet hat. Das Hightech-Gerät wird gerne zur Kitzrettung eingesetzt, aber nicht nur. In erster Linie dient es natürlich der Rettung von Menschenleben. Doch der Umgang mit der Drohne erfordert viel Fingerspitzengefühl und wie es so schön heißt – Übung macht den Meister.

Ein Bild aus der Drohne auf ein Waldstück. Im Abbild der Wärmekamera zeichnet sich der Körper eines Rehs deutlich ab: Wo sich das Tier befindet, ist auf dem Bild ein roter Fleck zu sehen – die Wärme seines Körpers. © ffw

Was sich weniger auf das Fliegen bezieht – Sensoren an Bord überwachen die Flugbewegungen, sodass sich das Gerät recht einfach steuern lässt. Die Schwierigkeit besteht eher darin, die Wärmebilder zu deuten. Denn nicht alles, was auf den Schwarz-Weiß-Darstellungen rot illuminiert wird, Wärme ausstrahlt, ist ein Rehkörper.

Herausforderungen bei der Interpretation von Wärmebildern

Wie Noah Lehrenkrauß und Holger Pflüger, die an diesem Morgen auf die Wiese am Blausee gekommen sind, erläutern kann die Drohne auch kleinere Wärmeobjekte aufspüren. Kleine weiße Punkte seien Mäuse, aber auch Ameisenhaufen, Maulwurfhügel oder faulendes Holz würden Wärme absondern und abgebildet. Hier die richtigen Entscheidungen zu treffen, bedarf es eines geschulten Auges.

Das gleiche Bild mit dem gleichen Blickwinkel, nur ohne Wärmebild: Auch wenn man weiß, wo das Reh liegt, ist es kaum auszumachen. © ffw

Doch wenn alles stimmt, dann sei die Drohne ein unverzichtbares Hilfsmittel, sind sich die beiden Feuerwehrleute einig. Lehrenkrauß nennt als Beispiel den Rhein und potenzielle Unfälle auf ihm. Bei einer Übung in Rheinhausen sei die Rettung eines Menschen, dessen Boot gesunken war, simuliert worden. Ohne dessen rote Kopfbedeckung wäre er im Wasser kaum auszumachen gewesen. Erschwerend käme in Wassernähe die Lichtbrechung samt der Wellenbewegung hinzu – ein Mensch im Fluss ist nur schwer zu finden.

Drohnen erleichtern die Suche nach Menschen im Wasser

Mit der Drohne hingegen lasse sich der Fluss quasi abscannen. Mittig über dem Strom geschwommen – die Drohne kann sich weit über zwei Kilometer von ihrem Piloten entfernen – ist ein Schwimmer dank der Wärmebildkamera schnell aufgespürt. Was obendrein schneller geht, als wenn vom Boot aus gesucht werden muss.

Was für Lehrenkrauß ein weiterer Vorteil der Drohne ist – sich schnell eine Übersicht zu verschaffen, die Lage zu erkunden und die Helfer zielsicher zu dirigieren. Oder wie beim „Delvanis-Brand“ – dort war die Drohne gleichfalls im Einsatz – wenn es gelte, Glutnester zu entdecken. Noch dampfende, drei bis fünf Meter hohe Müllberg zu durchsuchen, sei keine leichte Aufgabe, die Drohne hier gleichfalls unschlagbar.

Drohnen mit Lautsprechern und Scheinwerfern für vielseitige Einsätze

Obendrein kann das Fluggerät mit Lautsprechern und Scheinwerfern ausgestattet werden. Was zur Suche von Nutzen ist und auch wenn geretteten Personen mitgeteilt werden soll, dass die Hilfe unterwegs ist. Kurzum, bei der Altlußheimer Wehr will wohl niemand mehr die Drohnengruppe missen. Und es wird schon fleißig an einer neuen Drohne gearbeitet. Mit seinem Stand beim Straßenfest oder beim Weihnachtsmarkt sowie den Mitgliedsbeiträgen ist der Förderverein dabei, das nötige Geld einzusammeln, wie er überhaupt vieles finanziert, was über die Kräfte der Gemeinde hinaus erforderlich ist, lobt Lehrenkrauß.

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Zurück zur Wiese am Blausee, wo sich die zwei Wehrmänner, Matthias Hoffmann vom Wersauer Hof und Tobias Senger, es ist von Rauenberg und dort gleichzeitig Naturschutzwart, anschicken, die Wiese vor der Mahd zu erkunden.

Pflüger schickt die Drohne in die Luft und steuert sie manuell über die Fläche. Schnell ist sie dem Blick entschwunden. Wie Lehrenkrauß erläutert, lässt sich das Gelände per App erfassen, wird ein Raster erstellt. Kommt die Drohne über dem Gelände erneut zum Einsatz, so kann sie selbsttätig das gescannt Raster abfliegen.

Drei Rehe mit Hilfe von Drohnen aufgespürt

Im vergangenen Jahr, erinnert sich das Quartett, wurden vor der Mahd drei Rehe entdeckt, heuer hält dies Hoffmann für eher unwahrscheinlich – die Kitze seien schon auf den Beinen und würden von sich aus Reißaus nehmen, nähert sich der Mäher. Ohnehin sei die Wiese nach den Regenfällen der vergangenen Tage für den Geschmack der Rehe wohl zu nass. Dem stimmt Senger zu, der von trockenen Wiesen in Rauenberg berichtet, wo es vor Rehen nur so wimmle.

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Auf jeden Fall sind Senger und Hoffmann vom Sinne des Drohneneinsatzes überzeugt. Besonders bei der Frühmahd im Mai sei er unverzichtbar. Wo es keine Helfer gebe wie in Altlußheim, wo die Feuerwehr immer parat sei, so Hoffmann, könne man auf die Drohne des Jagdverbandes zurückgreifen. Sollte dies alles nicht klappen, erklärt der Landwirt, so habe er immer seine Jagdhunde dabei. Diese seien entsprechend geschult, würden das Wild anzeigen und die Helfer könnten es aus der Fläche heraustragen.

Doch dies ist am Blausee alles keine Frage, die Drohne ist im Einsatz und fliegt das Gebiet ab. Normalerweise, merken Lehrenkrauß und Hoffmann an, würde man schon vor sechs Uhr starten – je früher, desto größer die Temperaturunterschiede. Gerade jetzt im Sommer, wenn die Hitze schnell um sich greift, macht es später kaum noch Sinn, die Flächen abzufliegen. Weshalb Hoffmann den Wehrleuten nicht genug danken kann – „die Altlußheimer Feuerwehr ist stets zur Stelle, auch wenn es morgens um 5 Uhr ist“.

Landwirt Michael Hoffmann (v.l.) vom Wersauer Hof im Gespräch mit Holger Pfüger und Noah Lehrenkrauß von der Altlußheimer Feuerwehr. © Wühler

Pflüger meldet derweil zwei Rehe, die die Wiese im westlichen Bereich durchqueren, für sie stellt das Mähen kein Problem dar. Überhaupt, betont Senger, mit dem Mäher fährt der Traktor allenfalls Schrittgeschwindigkeit, da ist das Niederwild schnell geflüchtet. Das große Problem ist die erste Mahd im Frühjahr, wenn die Kitze noch nicht laufen können.

Doch bis dorthin ist noch etwas Zeit und die Wiese auf jeden Fall schon einmal im Raster hinterlegt. Und das geschulte Auge der Wehrleute ist dann noch einen Tick besser, mutmaßt Hoffmann, den Satz von der Übung, die den Meister macht, zitierend, weshalb die Kitzrettung das Paradebeispiel einer Win-win-Situation sei: Die Wehr bekommt Übungszeiten, der Bauer ein gutes Gewissen und die Rehe bekommen eine Zukunft.

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