Reilingen. Mit den Praxen von Dr. Eckstein, Dr. Ladke und Dr. Deubel ist die Gemeinde Reilingen aktuell hausärztlich bestens versorgt. Die drei Mediziner konnten die Auswirkungen der Schließung der Praxis Halter im Februar 2015 gemeinsam auffangen. Doch die Hausarztsituation in Baden-Württemberg wird immer prekärer und die Gemeinde muss sich frühzeitig mit der Sicherstellung der zukünftigen ärztlichen Versorgung auseinandersetzen. Dies war der Tenor von Dr. Michael Eckstein, der dem Gemeinderat die aktuelle Hausarztsituation in Reilingen und dem ganzen Bundesland erläuterte.
Eckstein, der sich selbst seit 25 Jahren mit seiner Praxis in der Kirchenstraße um die Reilinger Patienten kümmert, kommt mit 66 Jahren dem Rentenalter immer näher und verdeutlichte, dass eine weitere Praxisschließung nicht nochmals so aufgefangen werden kann wie vor acht Jahren. Denn die Ärzteschaft stehe vor einem großen Problem: Immer mehr Hausärzte setzen sich altersbedingt zur Ruhe und junge Mediziner, die die Praxis übernehmen, sind Mangelware.
„Gut jeder dritte Hausarzt in Baden-Württemberg ist über 60. In nicht allzu ferner Zukunft wird sehr viel Arbeitszeit wegfallen“, betonte der Mediziner. Die Gefahr einer Versorgungslücke sei akut und die Gemeinde müsse sich mit dem Thema auseinandersetzen. Allein im Bereich Schwetzingen seien aktuell schon acht Praxisstandorte vakant.
Gute Hausarztversorgung bringt in Reilingen einen Standortvorteil
„Eine gute Hausarztversorgung ist auch ein Standortvorteil. Denn damit gehen auch andere medizinische Dienstleistungen wie Apotheken oder Physiotherapie einher“, untermauerte Eckstein die Bedeutung einer gesicherten Versorgung. Er selbst kümmere sich bereits um einen passenden Nachfolger, doch auch die Gemeinde könne die hausärztliche Niederlassung im Ort für junge Mediziner attraktiver machen.
Dafür gebe es zwar kein Patentrezept, doch mit Kreativität und Engagement könne man dem drohenden Hausarztmangel entgegenwirken. Dabei nannte der 66-jährige einige Beispiele aus anderen Gemeinden in ganz Deutschland. Ob das Angebot eines Stipendiums mit der Bedingung einer anschließenden, verpflichtenden Niederlassung im Ort oder eine infrastrukturelle Unterstützung durch das Bereitstellen von Räumlichkeiten oder eines Bauplatzes sowie verminderte Mieten.
Ecksteins Absicht, das Gremium mit dem Vortrag zu sensibilisieren, ging auf: Nach der Präsentation war den Gemeinderatsmitgliedern klar, was in Zukunft auf sie zukommen könnte – und so ging das Plenum direkt in einen Diskurs über.
Ein Ärztezentrum in Reilingen wird als Lösung für die Zukunft vorgeschlagen
Agnès Thuault-Pfahler von der CDU schlug vor, die Hausarztversorgung in der Gemeinde zu bündeln, etwa mit einem Ärztehaus. „Die Bündelung von Praxen ist sicherlich ein Konzept der Zukunft. Über ein Ärztezentrum wurde schon vor Jahren gesprochen, doch dazu müssen auch alle Beteiligten bereit sein“, so Eckstein.
„Es geht darum, Heimat zu vermitteln. Eventuell auch junge Reilinger, die die Ambition auf ein Medizinstudium haben, abzuholen“, antwortete Eckstein auf die Frage von Sabine Petzold (Fraktionsvorsitzende Freie Wähler) wie man sich im Vergleich zu anderen Gemeinden in der Metropolregion attraktiver machen könne.
Für Petzolds Fraktionskollegin Patricia Faber liegt das Nachwuchsproblem auch an den Bedingungen zur Zulassung eines Medizinstudiums. Doch hier könne die Gemeinde nichts ausrichten, so Eckstein. Für SPD-Fraktionsvorsitzenden DieterRösch ist es wichtig, nicht mit anderen Gemeinden in Konkurrenz zu treten, sondern eine ganzheitliche Lösung zu finden, bei der niemand auf der Strecke bleibt.
Mit Wohlwollen nahm Eckstein die Partizipation der Ratsmitglieder auf, sollte der Vortrag doch ein Denkanstoß sein. Grünen-Fraktionsmitglied Carolin Hoffmann schlug eine Zusammenarbeit der Horan-Gemeinden mit medizinischen Vorträgen in Schulen vor. Zwar wirkt sich die Versorgungsnot der Hausärzte noch nicht direkt auf Reilingen aus, doch der Gemeinderat ist nun gewarnt und wird das Thema im Blick behalten.
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