Reilingen. Anfang Mai hat der Gemeinderat einstimmig beschlossen, für das Geviert zwischen Alter Friedhof-, Ziegel-, Wilhelm- und Kirchenstraße einen Bebauungsplan der Innenentwicklung im beschleunigten Verfahren aufzustellen. Zugleich wurde eine Veränderungssperre erlassen, um damit die Planungsziele zu sichern und Fehlentwicklungen zu vermeiden. Das großflächige Areal ist bisher noch nicht überplant und somit sind bauliche Veränderungen ohne bindende Rahmenvorgaben zulässig, allein orientiert am Umfeld, dem berühmte „Einfügen“.
Mit einem ersten Bürgerdialog hat der Planungsprozess jetzt Fahrt aufgenommen. Bürgermeister Stefan Weisbrod begrüßte etwa 40 Anwohner in der Fritz-Mannherz-Mehrzweckhalle. Knapp zwei Stunden lang kam es zu einem ersten Austausch der Interessenslagen, der noch über eine Fragebogenaktion konkretisiert werden soll.
„Mit dem Bebauungsplan wollen wir vordringlich die Straßenrandbebauung einer neuen Ordnung zuführen“, versicherte der Bürgermeister einleitend. Wie sich gezeigt habe, drohe im Zuge eines Generationenwechsels zunehmend eine ausufernde bauliche Entwicklung, und damit einhergehend ein wachsender Parkierungsdruck.
Änderungen nur einvernehmlich
Für denkbar hielt er ebenso eine behutsame, sensible Nachverdichtung des von Hausgärten geprägten Kernbereichs, wie das bereits in einem 20 Jahre alten Strukturkonzept angedacht sei. „Keinesfalls geht es uns aber in erster Linie darum, Ihren schönen Garten wegzunehmen“, beruhigte Weisbrod die Anwohner. Veränderungen ließen sich nur im Einvernehmen bewerkstelligen. Allen Beteiligten versicherte er ein nachvollziehbares, transparentes Planfeststellungsverfahren.
Neuen Wohnraum schaffen
Noch ganz am Anfang des Planungsprozesses stehend sah sich Dr. Frank Gericke von der Karlsruher Firma Modus Consult, der den Bebauungsplan mit seinen zeichnerischen und textlichen Festsetzungen entwickeln soll. Ihm komme es in diesem frühen Stadium vor allem darauf an, mögliche Planungsinhalte zu erklären und gemeinsam mit den Anwohnern die individuellen Interessen auszuloten. Ein erstes Stimmungsbild konnten die Besucher am Hallenzugang abgeben, als sie mit einer Punkteaktion nach den Kriterien befragt wurden, die ihre Wohnqualität beeinflussen.
Anhand der rechtlichen Vorgaben des Baugesetzbuches erläuterte Gericke Erfordernis und Vorzüge eines Bauleitplanes, der eine Vielfalt von Instrumenten zur Steuerung beinhalte. Ebenso ging er auf die Verfahrensschritte ein, die einen Planfeststellungsbeschluss in sechs bis neun Monaten erwarten ließen.
Aus dem Ende der 1990er Jahre entwickelten Strukturkonzept seien bereits die Konflikte erkennbar, so der Planer. Es zeige aber auch die Potenziale des Quartiers und ein mögliches Szenario, das es weiterzuentwickeln gelte. Die dort angedeutete innere Erschließung über die Wilhelmstraße hielt Bürgermeister Stefan Weisbrod nur dann für umsetzbar, „wenn das die Eigentümer mittragen“.
In diesem Zusammenhang verwies er auf die hohe Nachfrage nach Wohnungen und bebaubaren Grundstücken, was der Bundesgesetzgeber noch mit Erwartungen befeuere, die Anzahl der neu zu bauenden Wohnungen zu verdoppeln. Für Reilingen bedeute das einen jährlichen Anstieg von seither 45 auf bis zu 100 Wohnungen. Es müssten deshalb dringend Wege gesucht werden, ressourcensparend neuen Wohnraum zu schaffen.
Das zu überplanende Areal sei gegenwärtig allenfalls zu einem Viertel (Grundflächenzahl 0,25) genutzt, während die geltende Baunutzungsordnung bei vergleichbaren Wohngebieten von einer Grundflächenzahl von 0,4 ausgehe. Zum Thema Klimaveränderung zeigte der Planer anhand von Beispielen anderer Gemeinden optionale und die gegenwärtige Situation verbessernde Veränderungsmöglichkeiten auf. „Ihre Ideen und Planungsabsichten sind uns wichtig“, betonte Gericke, womit er eine rege Teilnahme an der Fragebogenaktion nahelegte.
Ruhe und Sicherheit wichtig
Im Dialog mit den Anwohnern kamen Themen wie die Lärmentwicklung, der Artenschutz, die Begrenzung von Wohneinheiten oder das Sicherheitsbedürfnis sowie vor allem die katastrophale Parksituation zur Sprache. Wissen wollten die Anwohner, wie bei unterschiedlichen Interessenslagen vorgegangen werde, wobei der Gemeinderat wohl das letzte Wort mit einer zu treffenden Abwägung haben wird.
„Es wird auf jeden Fall einen Bebauungsplan geben“, war sich Dr. Gericke sicher. Wie viel er letztendlich regle, sei offen und von der Interessenslage der Eigentümer bestimmt. Denn „jeder Bebauungsplan ist besser als keiner“. Einen unmittelbaren Handlungszwang verneinte der Bürgermeister: „Das Planwerk ist eine Möglichkeit – kein Muss“, so Weisbrod. jd
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