Gemeinderat

Reilingen: „Ruhender Verkehr ist eine Katastrophe“

Verstärkte Kontrollen und weitere Maßnahmen sollen die Schulwege in der Gemeinde sicherer machen

Von 
Andreas Wühler
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Die Wilhelmstraße ist rechts und links zugeparkt, die Fahrzeuge stehen verbotenerweise auf dem Gehweg – bei Gegenverkehr geht in dem Straßenabschnitt nichts mehr. Ganz zu schweigen von der Frage, wo die Fußgänger laufen sollen. © Lenhardt

Reilingen. Keine Frage, die Gemeinde hat ein Verkehrsproblem. Weniger hinsichtlich des fließenden als vielmehr im Bereich des ruhenden Verkehrs. Parken im Kreuzungsbereich, in Kurven und – was nun der Tropfen war, der das Fass wohl zum Überlaufen bringt – vor der Schule wird zunehmend zum Gefährdungspotenzial. Weshalb sich der Rat ausführlich mit dem Thema Schulwege- und Verkehrssituation befasste.

Angesichts des weitreichenden und kontroversen Themas war klar, dass es bei der Ratssitzung keine schnelle Lösung geben wird, doch wurden von den Gemeinderäten die Weichen für eine umfassende Diskussion gestellt: Es soll eine an den Technischen Ausschuss angeknüpfte Arbeitsgruppe gegründet werden, in der Rat, Fachleute und Bürger Lösungen eruieren können.

Und die wohl effektivste Möglichkeit, Defizite beim ruhenden Verkehr in den Griff zu bekommen: Die Präsenz des Ordnungsamtes in der Überwachung des ruhenden Verkehrs soll verstärkt werden – mit anderen Worten, die Zahl der „Knöllchen“ wird in absehbarer Zeit wohl deutlich zunehmen.

Vor „Knöllchen“ aufklären

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Angesichts der zu erwartenden Reaktionen der betroffenen Falschparker mahnte Peter Kneis (CDU) eine „Aufklärungskampagne“ an, um die Bevölkerung von der neuen Vorgehensweise des Ordnungsamts zu informieren. Denn die bisher praktizierte „liberal-flexible“ Vorgehensweise der Ordnungshüter, wie es Bürgermeister Stefan Weisbrod umschrieb, könne durch eine „moderat-nachdrückliche“ ersetzt werden, formulierte Simon Schell (Grüne).

„Wir müssen besser werden“, eröffnete Bürgermeister Stefan Weisbrod die Aussprache über den Tagesordnungspunkt und teilte damit die Sorgen der Eltern, die seit dem Schulanfang deutlich zugenommen haben. Der Gemeindechef berichtete von Schreiben, in denen insbesondere der Schulweg von der Hockenheimer Straße durch die Wilhelmstraße hin zur Schillerschule für Ärger sorgt. In der zugeparkten Wilhelmstraße hätten die Kinder nicht genügend Platz auf dem Gehweg. Hinzu komme die wohl dadurch verschärfte Situation bezüglich der Elterntaxis, die vor der Schule nach Gutsherrenart halten würden, um die Kinder abzusetzen. Ein- und ausparkende Elternfahrzeuge würden die Gemengelage weiter verschärfen, Abhilfe sei dringend vonnöten.

Allerdings, warnte der Bürgermeister, eine restriktivere Vorgehensweise werde in der Bevölkerung nicht nur auf Wohlwollen stoßen. Vielen Menschen sei nicht bewusst, dass Parken auf Gehwegen grundsätzlich verboten ist, egal, wie breit dieser ist. Ein Vergehen, das mit 55 Euro geahndet werde.

Kommt es dabei noch zu Behinderungen oder Gefährdungen, steigt der Betrag leicht in Richtung 80 Euro und erster Punkte in Flensburg. „Das gibt unschöne Dialoge“, schwant Weisbrod angesichts der zu erwartenden Reaktionen der Falschparker, die schmerzlich zur Kasse gebeten würden.

Gleichzeitig führte er aus, dass ein Bündel von Maßnahmen auf dem Tisch sei, mit dem sich die Situation verbessern ließe, vom absoluten Halteverbot in einem Teilbereich der Wilhelmstraße, vorm Einmündungsbereich zum Kleintierzuchtverein, ein weiterer Fußgängerüberweg vor dem E-Gebäude der Schillerschule, weitere Fahrbahnmarkierungen oder Poller vorm Zebrastreifen an der Ecke Hockenheimer-/Wilhelmstraße.

Allerdings, merkte Weisbrod an, die Gemeinde könne nicht selbst entscheiden. Bei den meisten Maßnahmen müsste sich die Gemeinde mit den Behörden, von der Polizei über die Straßenverkehrsbehörde bis hin zum Landratsamt, die Einwilligung abholen – selbst entscheiden könne sie in Verkehrsfragen kaum etwas.

Verzicht auf Elterntaxi

Weshalb Weisbrod an die Eltern appellierte, das Elterntaxi stehen zu lassen, das Fahrrad zu nutzen oder die Kinder zu Fuß in die Schule zu schicken. Vorgeschlagen worden sei von Elternseite auch, den Schulweg in den Weg zwischen Jargeauring und Nachtwaidgraben zu verlegen.

Dr. Stefan Reschke (FDP), der das Thema mit einem Antrag teilweise angestoßen, die Sorgen der Eltern aufgegriffen hatte, freute sich über die Worte von Weisbrod – „so konkret wurde die Verkehrsproblematik noch nicht zu Gehör gebracht“. Fest steht für ihn, die Geduld der Eltern ist zu Ende. Er selbst hätte derzeit Angst, seine Kinder zu Fuß zur Schule zu schicken, zum Glück seien sie noch nicht schulreif.

Wie Reschke ausführte, betrifft das Problem des ruhenden Verkehrs nicht nur den Schulweg und den Bereich vor der Schule, sondern den gesamten Ort. Ob vor Kindergarten St. Anna, in der Hauptstraße vor Bäcker oder Dönerladen, nirgends seien Maßnahmen ergriffen worden, das Verkehrs- und Parkproblem in den Griff zu bekommen.

Reschke erinnerte daran, dass in Deutschland die Kommunen die Pflicht hätten, Gesetze durchzusetzen. Weshalb er zwei Anträge gestellt habe, zum einen den kommunalen Ordnungsdienst verstärkt auf Patrouille zu schicken, zum anderen eine Arbeitsgruppe zu installieren, die sich intensiv mit den Verkehrsproblemen befasst und Lösungen erarbeitet.

Ganz so wollte Weisbrod die Worte die Liberalen nicht stehen lassen, er erinnerte daran, dass der Gemeinderat „schon immer mit Sorgfalt und Verantwortungsgefühl das Thema Verkehr beackert hat“. Beispielsweise mit der Einführung von Tempo 30 oder der Schaffung neuen Parkraums. Ein wichtiger Schritt, so der Bürgermeister, immerhin sei die Zahl der Pkw in der Gemeinde mittlerweile auf über 5300 gestiegen und benötige ein moderner SUV den Platzbedarf von zwei alten Golf I. Und letztlich: „Wir sind auf die Polizei und die Genehmigungsinstanzen angewiesen.“

Nicht nur die Zahl und Größe der Fahrzeuge habe zugenommen, stellte Patricia Faber (FW) fest, „sondern auch die Unvernunft“. Auf jeden Fall, betonte sie, der jetzige Zustand dürfe nicht mehr länger hingenommen werden, Lösungen müssten angedacht werden. Wobei es keine Denkverbote geben dürfe, neue Ideen gefunden werden müssten.

Peter Kneis (CDU) erinnerte daran, dass die Gemeinde nur Anregungen an die Behörden geben könne und machte dem Rat klar, dass bei verstärkter Präsenz des Vollzugsdienstes Gegenwind auf den Rat zukomme. Dennoch: „Kinder brauchen einen sicheren Schulweg“. Auch Simon Schell sah die Situation „ungemütlich werden“, doch sah er keine Alternative als rigoroser bei Falschparkern vorzugehen. Charly Weibel (SPD) sah nur einen gangbaren Weg, Wunsch und Wirklichkeit in Einklang zu bringen – über Sanktionen, sprich den Geldbeutel.

Konkret und zeitnah

„Der ruhende Verkehr in Reilingen ist eine Katastrophe“, stellte Sabine Petzold (FW) fest, die hofft, dass in Sachen sicherer Schulweg nun Dynamik in die Diskussion kommt: „Konkret und zeitnah“. Und von Schmerzen im Zusammenhang von Knöllchen wollte sie nicht sprechen, es werde nur die Dummheit der Falschparker bestraft. Dieter Rösch (SPD) sah auch die Schule in der Pflicht, erinnerte an die Praxis der Schülerlotsen, die mit für Sicherheit vor den Schulen sorgen könnten.

Letztlich einigte sich der Rat einstimmig auf vertiefende zielführende Diskussionen im Technischen Ausschuss, einschließlich Arbeitsgruppe, und auf eine stärkere Überwachung des ruhenden Verkehrs. Kurz- und mittelfristig müssten Lösungen gefunden werden, das Problem in den Griff zu bekommen, für sichere Schulwege in der Gemeinde zu sorgen.

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