Reilingen. Am Ende seiner mit viel Beifall bedachten Rede gab CDU-Bundesvorsitzender Friedrich Merz den zahlreichen Gästen in der Fertigungshalle der Firma Schaumaplast – nicht nur CDU-Mitglieder wollten den Bundespolitiker live erleben – die Zielrichtung für die nächsten Monate vor: Wahlen gewinnen. Vornehmlich Anfang Juni die Europawahl, perspektivisch im kommenden Jahr die Bundestagswahl. Und dann wird der neue Bundeskanzler Friedrich Merz heißen, daran haben weder der Vorsitzender der CDU-Bundestagsfraktion noch die Zuhörer einen Zweifel.
Bürgermeister Stefan Weisbrod brachte diese Aufbruchstimmung, die Merz mit nach Reilingen brachte, in seiner Begrüßung der Gäste auf den Punkt: „Wir heißen den künftigen Bundeskanzler willkommen.“ Der Landtagsabgeordnete Andreas Sturm, auf dessen Einladung hin Merz nach Reilingen gekommen war, hieß die zahlreiche CDU-Prominenz auf dem gesamten Rhein-Neckar-Kreis willkommen, und bezeichnete den Veranstaltungsort als Zeichen des Respekts vor dem Mittelstand – „der Herzkammer der deutschen Wirtschaft“.
Die CDU hat sich drei Ziele gesetzt, sagt Friedrich Merz in Reilingen
Schaumaplast-Geschäftsführer Bernhard Hauk bezeichnete sein Haus als typischen deutschen Mittelständer mit rund 250 Mitarbeitern. Er lobte die Innovationskraft und das Engagement der Schaumaplast-Beschäftigten und wünschte sich von der Politik eine Rückkehr zur faktenbasierten Diskussionskultur. Schaumaplast verarbeite Kunststoff, setze ihn dort ein, wo notwendig, habe sich auf technische Produkte spezialisiert, für die Kunststoff unerlässlich sei, beispielsweise Organspenderboxen. Diese differenzierte Sichtweise auf den Umgang mit sensiblen Stoffen müsse ihre Rückkehr in den öffentlichen Diskurs finden, forderte der Geschäftsführer.
Ein Punkt, den Merz nur zu gerne aufgriff. Am Ende seiner Rede ging er auf sein mittlerweile über zwei Jahre währende Amtszeit als Bundesvorsitzender der CDU ein. Drei Ziele habe er sich, der auch Vorsitzender der Bundestagsfraktion ist, dabei gesetzt: Die Oppositionsfähigkeit der Union zu schaffen, die CDU neu aufzustellen, ihre DNA freizulegen, und nun, als letzte Etappe, das Gewinnen von Wahlen.
Letzt sei ihm von einem Mitglied versichert worden, nun seine CDU wieder zu erkennen. „Das war das Ziel“, so Merz, der eine neue Diskussion über Werte führen will, für den es darum geht, Frieden, Freiheit und Wohlstand zu sichern. Und dies nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Für Merz ohnehin eine Einheit – „alle schauen auf uns“, ist er sich der Bedeutung von Deutschland für Europa bewusst. Aber auch, wie der hinzufügt, der Verantwortung.
Wie Friedrich Merz Deutschland in der EU positionieren will
Und derzeit, daran hat der Christdemokrat keinen Zweifel, sei Deutschland nicht gut aufgestellt. Im Verhältnis zum großen Nachbarn Frankreich herrsche Sprachlosigkeit, derweil die Welt auf den Fugen gerate. Die Errungenschaften, die in dieser Woche mit 75 Jahren Grundgesetz gefeiert würden, seien in jeder Hinsicht gefährdet, nicht sei mehr selbstverständlich. Die Frage sei, wie Europa den Wandel gestalte, ob als Spielball oder handelnder Akteur. Es gelte Entscheidungen zu treffen, mehr zu tun.
Merz erinnerte an das Wort von Scholz, der von einer Zeitenwende sprach, ohne Taten folgen zu lassen, der alles beim Alten belassen wolle. Dies könne nicht gehen, es müssen sich einiges ändern forderte Merz von der Union mehr Führung in Deutschland und in Europa.
Friedrich Merz in Reilingen über den Ukraine-Krieg
Ganz wichtig für den Bundespolitiker ist dabei die Solidarität mit der Ukraine, wenn diese falle, würden weitere Länder folgen, forderte er ein Handeln aus einer Position der Stärke heraus. Eine Chance hierfür bietet auf europäischer Ebene für Merz die neue Regierung in Polen. Mit dieser und Frankreich an der Seite könne es gelingen, Europa zum Bessern hin zu entwickeln, forderte er zugleich eine neue Verteidigungspolitik. Die Prioritäten müssten neu gesetzt werden. Europa müsse im Kleinen weniger, im Großen mehr leisten, fordert Merz mehr Investitionen in die Verteidigung, weniger ins Kleinklein.
Doch Sicherheit ist für ihn auch eine gesellschaftliche Frage. Zuwanderung müsse auf ein verträgliches Maß reduziert werden, die Klimapolitik sich darauf beschränken, Vorgaben zu machen ohne Überregulierung. Deutschland müsse mit Ideen und Innovationen vorangehen, die Klimaneutralität den Ingenieuren überlassen. Gleiches gelte für die EU, die lernen müsse, weltpolitikfähig zu werden.
Friedrich Merz in Reilingen: "Wir werden das Bürgergeld abschaffen"
Merz bekannte sich zu einer offenen, toleranten Gesellschaft mit klaren Regeln, wer ein Kalifat wolle, der müssen dorthin wo es ein solches gebe. Ferner dürfe im Inneren der Sozialstaat nicht überfordert werden, „wir werden das Bürgergeld wieder abschaffen“, und müsse wieder ein Klima geschaffen werden, in der Arbeit als Teil des Lebens empfunden werde, die Unternehmen wieder die Freiräume erhalten, die sie brauchen.
Die anstehenden Wahlen hatte auch Hockenheims Oberbürgermeister Marcus Zeitler in seinem Redebeitrag zu seinem Thema gemacht, der insbesondere dazu aufforderte, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen. In anderen Ländern würde für ein solches gekämpft, hier werde es nicht richtig wertgeschätzt.
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