Porträt

Wie Christian Haas aus Reilingen sein „Haasbräu“ verwirklicht

Seit Ende 2021 sammelt der 36-Jährige Erfahrungen an der Sudpfanne. Bislang begeistert er damit Familie und Freunde, doch auch eine Vermarktung kann er sich vorstellen.

Von 
Rebecca Jankowski
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Christian Haas beim Einschenken des selbstgebrauten Bieres © Nadja Haas

Reilingen. Die Idee, selbst Bier zu brauen, hat Christian Haas nicht mehr losgelassen. Schon Jahre bevor er den ersten Sud ansetzte, beschäftigte sich der heute 36-Jährige intensiv mit dem Thema. Abende und Wochenenden verbrachte er damit, Youtube -Videos zu schauen, Blogs zu lesen und im Internet zum Thema zu recherchieren. Im Dezember 2021 war es dann so weit: Das erste Hefeweizen war gebraut. Seitdem ist das Bierbrauen sein größtes Hobby. Wir waren in Reilingen vor Ort und haben mit ihm und seiner Frau Nadja gesprochen.

Hobbybrauen in Deutschland boomt – trotz sinkender Zahl an Großbrauereien

Nach Angaben des Deutschen Brauer-Bundes gibt es in Deutschland inzwischen über 10.000 Hobbybrauer – Tendenz steigend. Vor wenigen Jahren war die Zahl noch deutlich geringer. Der Trend hat viele Gründe: Craftbiere sind beliebt, immer mehr Menschen suchen ein handwerkliches Gegengewicht zum Alltag und Brausets sowie Online-Communities erleichtern den Einstieg. Die Anzahl an großen Brauereien geht hingegen seit mehreren Jahren zurück. Laut dem Deutschen Brauer-Bund gab es 2024 bundesweit noch 1.459 Brauereien - ein Rückgang um 93 Betriebe seit 2020.’

Die Maische im Edelstahltop beim Kochen © Nadja Haas

Für Hobbybrauer wie Christian Haas bedeutet das: Sie bewegen sich in einer Nische, die zwar wächst, aber auch klar geregelt ist. Bis zu 500 Liter dürfen steuerfrei gebraut werden und es genügt eine Meldung beim Hauptzollamt. Erst darüber hinaus wird die sogenannte Biersteuer fällig, selbst wenn das Bier nur hobbymäßig gebraut und nicht verkauft wird. „Darum bleiben die meisten bewusst unter dieser Grenze“, sagt Haas. Auch für ihn zählt nicht die Menge, sondern die Freude am Brauen.

Auf der Hochzeit eines Freundes fing alles an

Zum ersten Mal selbst gebrautes Bier probiert haben er und seine Frau Nadja auf der Hochzeit eines Freundes. Sie war zunächst misstrauisch, ob das wohl schmecken würde, doch nach dem ersten Schluck war sie überzeugt. Und Ihr Mann sowieso. Danach stand für Christian Haas fest: „Ich starte jetzt selbst damit und schaue, was passiert.“ Seine eigene Geschmacksvorliebe zeigte ihm, wohin die Reise geht: Besonders gern trinkt er das Bier der Mainzer Brauerei „Schwarze Rose“. Nach Schätzungen des Deutschen Brauer-Bunds ist das eine von rund 7.500 Sorten in Deutschland.

Begonnen hat Haas mit einem soliden Equipment, dazu zählten beispielsweise ein großer Edelstahltopf, eine Sudpfanne, ein halb automatisiertes Rührwerk, Manometer und Refraktometer, Gärröhrchen und Gärfass. „Theoretisch kannst du Bier brauen mit einem Topf und einem Plastikeimer“, scherzt er. Er investierte aber von Anfang an: „So mit 600 bis 800 Euro kann man so ungefähr rechnen. Für einen Anfänger ist das eigentlich schon recht hoch.“

Das selbstgebraute helle Weizen stilecht im Weizenglas © Nadja Haas

Nachdem das erste Bier gebraut war, ein helles Weizen, hatte er Blut geleckt, „oder Bier vielmehr“, berichtet Haas. Das Rezept dafür hatte er aus dem Internet. Zum Verkosten bekamen das die Familien an Heiligabend 2021. Nadja erinnert sich: „Und es hat wirklich allen richtig gut geschmeckt“ - Motivation genug, das Hobby weiter auszubauen.

Wie aus Malz das beliebte helle Weizen wird

Wer Bier selbst herstellt, braucht Geduld, Genauigkeit und etwas technisches Verständnis. Haas erklärt es so: Zuerst wird Malz in Wasser aufgelöst – dieser Schritt heißt Maischen. Dabei lösen sich Zucker und Stärke aus dem Korn. Anschließend wird die Flüssigkeit, die sogenannte Würze, in eine Sudpfanne umgefüllt und mit Hopfen gekocht. Nach rund anderthalb Stunden ist der Sud fertig und muss rasch heruntergekühlt werden, meist mit einer Kühlspirale, bis er etwa 20 bis 21 Grad erreicht hat.

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Dann kommt die Hefe ins Spiel: Sie wird in das Gärfass gegeben und verwandelt den in der Würze enthaltenen Zucker innerhalb von etwa einer Woche in Alkohol und Kohlensäure. Währenddessen misst Haas regelmäßig die Dichte des Gemischs, um den Gärverlauf im Blick zu behalten. Sobald die Werte stabil sind, wird das junge Bier in Flaschen abgefüllt. Dort kommt ein wenig Zucker hinzu, um die Nachgärung zu starten. Nach weiteren zwei Wochen Reifung im Kühlschrank ist das Bier schließlich fertig zum Trinken.

Bei „Haasbräufest“ wird das Hobby mit Freunden geteilt

Nadja Haas ist gelernte Mediengestalterin. Sie hat daher anfangs die Etiketten für die Flaschen selbst entworfen, „mittlerweile ist auch Christian recht fit darin“, sagte sie. Hauptberuflich leitet der 38-Jährige den familiengeführten Haas Baumarkt in Neulußheim.

Im Juni haben die beiden ihr erstes „Haasbräufest“ in ihrem Hof und Garten für Freunde veranstaltet. „Das hat echt viel Spaß gemacht, wir haben zusammen Bier gebraut, zwischendurch was gegessen, die Kinder konnten springen und wir haben bis nachts gefeiert“, erinnerte sich das Paar. Das Paar hat einen kleinen Sohn und manch einer möchte behaupten, dazu noch eine kleine Farm. Neben den zwei Border Collies wohnen fast 20 Hühner, 16 japanische Legewachteln und seit neustem 18 Zebrafinken bei der Familie im weitläufigen Garten. Bevor ihr Sohn zur Welt kam, hatten sie sogar noch einige Schafe in Hockenheim auf der Weide stehen. „Aber das wurde uns dann doch zu viel“, meint Nadja.

Die bisherigen Sorten von Christian Haas und seinem Haasbräu © Jens Jankowski

Christian Haas hat eine klare Vision: Er möchte mit einer sogenannten Gypsy-Brauerei zusammenarbeiten, denn nur so kann er sein Bier offiziell verkaufen. Gypsy-Brauereien besitzen keine eigene Anlage, sondern verwirklichen in bestehenden Brauhäusern ihre Rezepte. Oft fehlt das Kapital für eine eigene Braustätte, manchmal wäre die produzierte Menge zu gering, um eine Anlage auszulasten – oder der Brauer steht einfach noch am Anfang seiner Laufbahn. Der Traum vom eigenen Bier lässt sich so trotzdem verwirklichen.

Vision mit Zukunft: Vom heimischen Sud zur Gypsy-Brauerei

Für beide Seiten ist das Modell attraktiv: Der Gypsy-Brauer kann mit überschaubarem finanziellen Risiko sein Bier herstellen, die Gastbrauerei wiederum profitiert von zusätzlichen Einnahmen und einer besseren Auslastung der Brauanlagen. Für Haas klingt genau das reizvoll. „Ich will jetzt nicht im großen Stil produzieren, sondern würde einfach gern mein Bier hier regional verkaufen können“, sagte er abschließend. Seinem „Haasbräu“ möchte er dabei stets treu bleiben: „Was habe ich denn davon, wenn mein Rezept und mein Bier unter einer anderen Marke verkauft werden? Nein, das möchte ich auf keinen Fall!“

Das Design des selbstentworfenen Shirts auf dem Rücken von Christian Haas © Nadja Haas

Außerdem haben er und seine Frau begonnen, Shirts und Pullover mit dem Haasbräu-Logo zu entwerfen – kleine „Merchandise-Ideen“, die zeigen, dass aus dem Hobby vielleicht noch mehr werden kann. Ob es am Ende beim Hausgebrautem bleibt oder das Ganze künftig Fahrt aufnimmt, wird die Zukunft zeigen. An Leidenschaft, Kreativität und Motivation mangelt es Familie Haas jedenfalls nicht. Und wer ihren Weg verfolgen möchte, kann das auf ihrem Instagram-Kanal hier tun.

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