Schwetzingen. Wer gehört hätte, wie die Fünftklässler des Hebel-Gymnasiums nach Lichteffekten fragten und wissen wollten, welche Stadt im Hintergrund zu sehen war, ob die gefilmte Szene mit dem Bären, der die Krähe vor dem Ertrinken im Teich rettet, sich in Wirklichkeit so zugetragen hat, ob der Kuss echt war, was passiert, wenn man seinen Text vergisst, wie lange die Schauspieler für das Stück geprobt haben und wie die passenden Filmaufnahmen entstanden sind, der wäre über die intellektuelle Neugier entzückt gewesen.
Joerg Steve Mohr, der Intendant des Theaters am Puls, sowie die Schauspieler Christoph Kaiser, Max Rohland und Daniele Veterale gaben bereitwillig über alles Auskunft. Manchmal knapp, manchmal ausführlicher, nachdenklich oder die Handlung erklärend – und ab und zu aus dem Nähkästchen plaudernd.
Zwar hatten die Schülerinnen und Schüler vorher bereits mehr als 60 Minuten lang das Stück „Krähe und Bär oder die Sonne scheint für uns alle“, das auf dem gleichnamigen Buch von Martin Baltscheit basiert, gesehen, doch ihre Wissbegier hörte da nicht auf. Es war ja auch kein leichtes Stück, das Mohr ausgewählt hatte. Doch die zupackend flotte Inszenierung, das fantasievolle Bühnenbild, das auch der medialen Hochgeschwindigkeit, an die junge Leute heute gewohnt sind, entsprach, schlug sie unweigerlich in den Bann. Die noch kurz davor lärmende Rasselbande saß mucksmäuschenstill da und verfolgte konzentriert das Geschehen auf der Bühne, wo echte Menschen agierten.
Ein Bär – herrlich mürrisch und tapsig von Max Rohland gespielt – ist mit seinem Dasein im Zoo unzufrieden. Er bekommt zwar genug zu essen, doch die lauten Besucher nerven ihn wie auch die Enge seines Käfigs. Eines Tages flattert die von ihm gerettete Krähe herein – mit jeder Muskelfaser von Daniele Veterale authentisch nachgeahmt. Weil sie hungrig ist, versucht sie, frech und listig etwas vom Teller des Bären abzuluchsen. Das gefällt Meister Petz gar nicht und er verjagt sie zunächst. Allmählich aber findet er ihre Gesellschaft wohltuend. Und weil er sich nach Freiheit sehnt und die Krähe nach einem gesicherten Leben, tauschen die beiden glatt per magischem Schlangentrank und einem Kuss die Körper. Der Tausch macht sie nicht glücklicher: Die Krähe frisst, bis sie sich nicht mehr bewegen kann – und der Bär fällt auf den lebensgefährlichen Trick einer Ratte (Christoph Kaiser in einer gefilmten Szene) herein.
Da muss man gut kombinieren
Da hilft nur noch der Rücktausch. Christoph Kaiser ist aber auch live, am Rande der Bühne, präsent. Er mimt den Zoowärter, der dem Bären das Essen auf einem Teller serviert und den Käfig sauber macht. Gleichzeitig ist er auch der Autor, der seine Beobachtungen aufschreibt, die dann die Schauspieler umsetzen – ein wirkungsvoller Verfremdungseffekt, der von jungen Menschen Konzentration und Kombinationsfähigkeit verlangt. Ganz auf der Höhe der Zeit bietet die Inszenierung Denkstoff und Spaß im Wechsel.
Mit den Schulaufführungen, die das Theater am Puls regelmäßig anbietet, beabsichtigt Intendant Mohr, die junge Generation fürs Theater zu begeistern und es für sie zu einem magischen Ort werden zu lassen, das sie in Erinnerung behalten. Sein persönliches Engagement ist beispielhaft. Das war bei der Nachbesprechung deutlich geworden. Er forderte die anwesenden Lehrerinnen auf, im Unterricht tiefer auf das Stück und seine Themenschwerpunkte einzugehen.
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