Schwetzingen. Die 17. ASC-Classic-Gala wurde das ganze Wochenende von der Sonne verwöhnt. Der Andrang auf die Klassiker war groß: Über 15 000 Gäste ließen sich bei der zweitägigen Schau im Schlossgarten von den automobilen Raritäten in den Bann ziehen. Der Zutritt war nur mit gebuchten Zeitfenster und Einhaltung der 3G-Regel möglich – alles lief ziemlich reibungslos. Maske tragen, Abstand halten, rechts gehen – das war das Gebot der Stunde. Nur an den Getränkeständen gab es Warteschlangen.
Der Barockgarten bot wieder eine elegante Bühne für Sonderschauen wie „100 Jahre Ghia-Karosserien“ oder die Weltpremiere der „BMW-Wundercar-Collection“. Die gute alte Polizei war auch vertreten. Das grüne Auto mit Blaulicht auf dem Dach, ein Streifenwagen des Typs Mercedes-Benz 190c, Baujahr 1963, steht sonst im Polizeioldtimer-Museum in Marburg. Die Mercedes-Baureihe W 110, von 1961 bis 1968 in Sindelfingen produziert, wurde durch die charakteristische Heckflosse bekannt. Neben der Sonderausstattung mit Martinshorn und Funkanlage gab es sogar schon Sicherheitsgurte, eine verstärkte Kupplung sowie einen abschließbaren Tankdeckel.
Der Allgemeine Schnauferl-Club (ASC) hatte in der Mittelachse seine ganz alten Schmuckstücke aufgereiht. Brautpaare flanierten umher, um sich mit den Oldtimern ablichten zu lassen. Am Samstag lockte eine Europapremiere. Zur Sonderschau „110 Jahre Chevrolet“ konnten die Besucher die neue Corvette C8 bestaunen. Das legendäre Modell ist jetzt mit einem Mittelmotor ausgestattet, erläuterte Testfahrer Patrick Herrmann: „Alles, was Sie im Auto erleben, passiert dort, wo Sie sitzen.“ Als Coupé und Cabriolet zog der exklusive Sportwagen mit über 480 PS viele Blicke auf sich. Das Coupé ist für 99 500 Euro zu haben, das Cabrio kostet 106 000 Euro.
Mercedes aus dem Schlamm
Ein trauriges Bild gab der Mercedes 220 am Stand des Ahr-Automobil-Clubs ab. Der Oldtimer wurde nach der Flutkatastrophe Mitte Juli aus dem Schlamm geborgen. Der Club hat seine Mitglieder und alle anderen Oldtimerfans zu Spenden aufgerufen. Das Geld geht komplett an die Opfer und die Menschen, die alles verloren haben und über Nacht obdachlos wurden.
Der Oldtimer-Stammtisch Brühl glänzte wieder an seinem Stammplatz: Leuchtend rot stach der offene Feuerwehr-Mannschaftswagen von 1957 hervor. Heidelbergs Oberbürgermeister Eckart Würzner hatte den alten Hanomag an Professor Frank Brecht verschenkt. Der Gründer der psychiatrischen Nachsorgeeinrichtung St. Thomas ließ den Feuerwehr-Oldtimer dann reparieren, erzählte Stammtisch-Vorsitzender Karlheinz Eisner unserer Zeitung.
Brigitte Bacher gehört ebenfalls zu den Brühler Oldtimer-Enthusiasten. Sie zeigte beim Concours d’Elegance ihren Mercedes-Benz „Stuttgart“, Baujahr 1929. Mit dem Auto hatte die Oftersheimerin schon zweimal Weitsprung-Weltmeisterin und Olympiasiegerin Malaika Mihambo zu Ehrungen kutschiert. „Für eine Frau ist das Fahren Schwerstarbeit“, meinte Bacher, die jedes Jahr mit dem „Stuttgart“-Oldtimer an der Bertha-Benz-Gedächtnisfahrt nach Pforzheim teilnimmt: „Aber ich liebe dieses Auto, vor allem, wenn es nach dem Winter gleich anspringt.“
In der Henry-Ford-Allee standen die Kombiwagen im Mittelpunkt. Die Alt-Ford-Freunde zeigten die Turnier-Lastautos der Kölner Marke. Ein Manderbach, Baujahr 1950, fiel auf. Von dem legendären Fahrzeug aus dem Lahn-Dill-Kreis sind nur noch zwei Exemplare übrig. Die Firma produzierte von 1949 bis 1956 leichte Lieferwagen, so wie das braune Kastenauto mit der Aufschrift „Bäckerei Westerhorstmann Düsseldorf“.
Besonderer Scheunenfund
Am Sonntagmorgen strömten die Oldtimer-Fans schon früh in den Park. Die Fiat 600-Freunde stellten den Gästen ihre kleinen Autos als große Liebe vor. Kurator Johannes Hübner hatte die Ehre, einen besonderen Scheunenfund präsentieren zu dürfen. Der außergewöhnlich gut erhaltene Mercedes-Benz 12/55 PS Typ 300 „Mannheim“ von 1927 ist gerade in einer Benefizauktion.
„Der womöglich weltweit letzte seiner Art“ wird bis zum 19. September versteigert. 85 Prozent des Verkaufserlöses werden für die Krebsbehandlung einer Angehörigen des Verkäufers eingesetzt, die weiteren 15 Prozent werden an den gemeinnützigen Verein Brustkrebs Deutschland für ein Soforthilfeprojekt gespendet, erläuterte Jannick Tapken vom Auktionshaus „MyCarmunity“ aus Mannheim. Das aktuelle Gebot liege bei 16 000 Euro. Der nicht restaurierte Mercedes 300, ein 3,0-Liter-Typ mit 55 PS, ist eine klassische Chauffeur-Limousine mit sogenannten Artillerierädern. Bis hin zur Lampe im Motorraum für den Mechaniker, dem Ölkännchen in der originalen Verankerung und dem Ersatzrad außerhalb des Gepäckraums sei einfach alles bestens erhalten, schwärmte Hübner: „Ein perfektes Auto, mit allem, was man damals hatte. Das Armaturenbrett ist noch ein richtiges Brett. Selbst die Scheinwerferreflektoren sind noch nicht verrostet.“ Man werde noch weiter nach dem Erstbesitzer recherchieren, erklärte Tapken. Der Oldtimer stammt wahrscheinlich aus dem Oldenburger Land und könnte während des Krieges eingemauert gewesen sein.
Die Juroren waren ständig unterwegs, um die Klassiker zu bewerten. Am Sonntagnachmittag wurde am Apollobrunnen die Prämierung der Fahrzeuge zelebriert. Autoexperte Johannes Hübner hatte viel Interessantes zu berichten. Ralf Wehrhahn aus Eberstadt hat sogar im Schlossgarten in seinem Dethleffs-Wohnwagen von 1959 übernachtet. „Darin schläft es sich gut“, meinte der 58-Jährige, der den Camper mit einem VW-Bus, Baujahr 1966, nach Schwetzingen gezogen hatte. Die Sonderedition mit der Westfalia-Campingeinrichtung und der geteilten Fahrerraum-Rückwand war für den US-Markt gebaut worden und kam vor einigen Jahren zurück nach Deutschland. Wehrhahn, der beim Concours d’Elegance schon einen BMW 600 mit Campingwagen präsentiert hat, fährt mit dem Bus auch größere Strecken. Vor kurzem gewann er mit dem Campingmobil in Baden-Baden den Publikumspreis.
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