Programmänderung

Bahnstreik trifft auch das Theater am Puls in Schwetzingen

Der Bahnstreik wirkt sich auch auf das Kulturangebot in Schwetzingen aus. Die Premiere der Talkshow "Schwetzchen" wurde abgesagt. Warum Intendant Joerg Steve Mohr diese Entscheidung getroffen hat, erklären wir hier.

Von 
Noah Eschwey
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Alexander Lehnert schlüpft in die Rolle der Dragqueen Audrey Naline. © TaP

Schwetzingen. „Die Lage ist einfach zu unsicher. Daher haben wir uns schweren Herzens entschieden, diesen Schritt zu gehen“, gibt Joerg Steve Mohr, der Intendant des Theaters am Puls in Schwetzingen, am Mittwoch gegenüber dieser Zeitung bekannt. Gemeint ist damit die Talkshow „Schwetzchen“ mit der Dragqueen Audrey Naline, die für Samstag im Programm stand. Und das ändert sich jetzt - wegen des Bahnstreiks. Dragqueen-Darsteller Alexander Lehnert hätte nämlich mit der Deutschen Bahn aus Berlin anreisen sollen - ein kompliziertes Unterfangen vor dem Hintergrund des Streiks.

Lokführergewerkschaft GDL legt den Personenverkehr auch rund um Schwetzingen lahm

Die Deutsche Bahn steht still - nicht immer noch, sondern schon wieder. Seit den frühen Morgenstunden des Mittwochs ist der meiste Personenverkehr eingestellt. Es soll sich um den längsten Streik der Geschichte der Deutschen Bahn handeln, so die Lokführergewerkschaft GDL. Die Begründung des Streiks, der den Personenverkehr in weiten Teilen Deutschlands erneut lahmlegt? Die bisherigen Vorschläge des Konzerns seien „Scheinangebote“, mit denen die Deutsche Bahn versuche, die Gewerkschaft „hinzuhalten und in der Öffentlichkeit zu diskreditieren“, wie die Gewerkschaftler bekannt geben. So müsse der Bahnkunde bis Montag, 29. Januar, mit massiven Einschränkungen rechnen.

Zu ihnen gehört auch Alexander Lehnert, der eigentlich am Samstag im Theater am Puls in seiner Dragqueen-Rolle ein „Schwetzchen“ hätte halten sollen. „Wir haben lange hin und her überlegt, wie wir die Veranstaltung trotzdem stattfinden lassen können“, erklärt Mohr. Allerdings sei auch der Schienenersatzverkehr zu anfällig. „Die Möglichkeit, dass entweder kein Ersatzverkehr stattfindet oder irgendwas schiefläuft, ist einfach zu groß.“

Joerg Steve Mohr sagt wegen des Bahnstreiks eine Vorstellung ab. © tap

Auch Alexander Lehnert äußert in seiner Rolle als Audrey Naline Zweifel an der Zuverlässigkeit des Ersatzverkehrs: „Die Rente mag sicher sein, aber ob wir es wirklich mit allen geplanten Künstlern zum richtigen Zeitpunkt und an einem Stück geschafft hätten, in Schwetzingen zu sein, das wird Ihnen selbst der Herr Weselsky von der Bahngewerkschaft nicht beantworten können.“ Er persönlich stehe zwar vollumfänglich hinter den Streikenden, allerdings falle ihm die Zustimmung leichter, wenn es ihn nicht selbst betreffe.

Wegen Bahn-Streik: Es fahren fast keine Züge von Berlin nach Mannheim

Ein Blick auf den Fahrplan reicht: Ein Großteil der Züge vom Berliner Hauptbahnhof nach Mannheim fallen aus. Statt des gewohnten Direktzugs bietet die Bahn eine Ersatzlinie an, die den Kunden bis nach Mannheim in drei verschiedene Züge setzt. Eine Verspätungsquote von mehr als 30 Prozent im Jahr 2023 lässt wenig Hoffnung, dass alle drei Verbindungen störungsfrei fahren. Hinzu kommt eine verlängerte Fahrzeit von ungefähr 30 Minuten.

„Am Ende sind dann die Zuschauer da, aber der Künstler sitzt irgendwo in Mitteldeutschland fest“, befürchtet Mohr. Es sei selbstverständlich, dass die Besucher, die schon ein Ticket haben, dieses gegen ein anderes oder einen Gutschein umtauschen könnten. Die Eintrittskarten würden aber auch ihre Gültigkeit für die in den Oktober geschobene Veranstaltung behalten.

Neben den Zuschauern und den Verantwortlichen gibt es besonders einen Leidtragenden der ausfallenden Show: Künstler Alexander Lehnert hätte eigentlich die Besucher begeistern sollen. Er selbst sei zwar wenig begeistert von dem Ausfall, erklärt aber: „Ende des Jahres komme ich wieder - und wenn ich mit dem Kanu den Rhein hochpaddeln muss! Das kostet wahrscheinlich auch weniger als ein Bahnticket und ist noch besser für die Umwelt. “

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In seiner Rolle als Dragqueen Audrey Naline beschäftigt er sich mit den Themen, die Deutschland bewegen - Gesellschaft, Politik und die unsichere Zukunft. Auf seine interaktive Show können sich Fans und Interessierte nun knapp neun Monate länger freuen.

Und die Dragqueen gibt sich große Mühe, der Situation etwas Positives abzuverlangen: „Vielleicht ist der Umstand sogar ein Glück: Das Thema wird ja ,Sterne‘ sein. Und wer weiß, wenn wir über den Sommer den 13. Planeten unseres Sonnensystems entdecken, der dann auch noch nach mir benannt wird, wird’s eine Riesenshow!“ Er freue sich auf den Auftritt im Herbst, auch wenn er zu bedenken gibt: „Ich hoffe nur, dass die Inflation sich bis Herbst noch etwas zurückhält, aber ich spiele auch für zwei Schinken und eine Flasche Selbstgebrannten.“

Volontariat Noah Eschwey ist Volontär in der Lokalredaktion der Schwetzinger Zeitung/Hockenheimer Tageszeitung.

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